Vergleich mit MosesBoris Johnson irritiert mit bizarrer Rede

Der britische Premierminister Boris Johnson sorgte mit einer kuriosen Rede für Aufsehen.
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South Shields – In einer Rede vor Wirtschaftslenkern hat sich der britische Premierminister Boris Johnson mit Moses verglichen, Lenin zitiert, Motorengeräusche imitiert und von einem Besuch in einem Themenpark geschwärmt. Zwischendurch verlor er auf der Jahrestagung des Industrieverbands CBI sekundenlang den Faden und blätterte durch seine Unterlagen, wie britische Medien berichteten. Zuhörer bezeichneten die Rede als „katastrophal“ oder „bizarr“.
Sein Zehn-Punkte-Plan für eine grüne industrielle Revolution ähnele den Zehn Geboten, die Moses vom Berg Sinai mitgebracht habe, sagte Johnson am Montag. „Lenin hat einmal gesagt, die kommunistische Revolution sei die Sowjetmacht plus die Elektrifizierung des ganzen Landes. Die kommende industrielle Revolution ist Ökostrom plus Elektrifizierung des ganzen Landes.“
Johnson imitiert Motorengeräusche und schwärmt minutenlang von „Peppa Pig World“
Johnson warb zudem für elektrische Antriebe. „Als ehemaliger Autokorrespondent kann ich Ihnen sagen, dass Elektroautos vielleicht nicht wie gurrende Tauben brummen und vielleicht nicht das Brrrumm Brrrumm raa raa haben, das Sie lieben, aber sie haben so viel Drehmoment, dass sie an der Ampel schneller starten als ein Ferrari.“
Minutenlang lobte Johnson sodann den Themenpark Peppa Pig World, den er am Vortag mit seiner Familie besucht hatte und der auf der Zeichentrickfigur Peppa Wutz basiert. Dort gebe es sichere Straßen, Disziplin in den Schulen und ein gutes Nahverkehrssystem, lobte er. Ein Schwein, das „wie ein Picasso-ähnlicher Haartrockner aussieht“ sei zu einem Exportschlager geworden. Das zeige für ihn die Kraft der britischen Kreativität, sagte Johnson und forderte die Zuhörer auf, den sechs Autostunden entfernten Park zu besuchen.
Es ist nicht das erste Mal, dass Johnson mit skurrilen Vergleichen auffällt. Auf der UN-Vollversammlung in New York bezog er sich zum Beispiel auf Kermit den Frosch. Solche Reden gehören zu Johnsons hemdsärmeligen Führungsstil, der bei vielen Briten gut ankommt.
Johnson gewinnt trotz scharfer Kritik Parlamentsabstimmung über Sozialreform
Trotz scharfer Kritik aus den eigenen Reihen hat Johnson dennoch eine Parlamentsabstimmung über eine umstrittene Sozialreform knapp gewonnen. Allerdings brachten die Tories das Gesetz am späten Montagabend nur mit 26 Stimmen Mehrheit durch das Unterhaus – dabei haben sie eigentlich ein Plus von 77 Sitzen.
Die Reform sieht eine Obergrenze von 86.000 Pfund (gut 102.000 Euro) vor, die Menschen für ihre Pflege selbst aufbringen müssen. Nach Ansicht der Opposition, aber auch vieler Tory-Abgeordneter, werden dadurch ärmere Menschen deutlich schlechter gestellt als wohlhabendere. Viele müssten vermutlich ihre Häuser verkaufen – genau das hatte Johnson stets ausgeschlossen.
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Die Zeitung „Daily Mirror“ berichtete, dass einige Abgeordnete von Johnsons konservativer Partei kurz vor der Abstimmung noch bei einem Dinner mit Tory-Spendern Champagner getrunken hätten. Um einen Tisch bei dem Event zu buchen, seien 15.000 Pfund aufgerufen worden. Der stets gut informierte „Sun“-Reporter Harry Cole twitterte, ein Abendessen mit Finanzminister Rishi Sunak sei für 35.000 Pfund versteigert worden, ein Karaokeabend mit Außenministerin Liz Truss für 22.000 Pfund.
Johnson steht ohnehin schwer unter Druck, seitdem er am Montag die auch für seine Verhältnisse äußerst bizarre Rede gehalten hatte. In einem TV-Interview wurde Johnson später gefragt, ob es ihm gut gehe. Tory-Abgeordnete verurteilten die Rede als „peinlich“ und „chaotisch“.