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Kommentar

Verrat im Oval Office
Die Ukraine kann keine Unterstützung mehr von den USA erwarten

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Lesezeit 2 Minuten
US-Präsident Donald Trump und der ukrainische Präsident Volodymyr Zelensky treffen sich im Oval Office des Weißen Hauses in Washington.

US-Präsident Donald Trump und der ukrainische Präsident Volodymyr Zelensky treffen sich im Oval Office des Weißen Hauses in Washington.

Der amerikanische Präsident Donald Trump hat Wolodymyr Selenskyj bewusst desavouiert. Sein vor laufenden Kameras inszenierter Wutausbruch macht deutlich, dass die Ukraine von den USA keine Unterstützung mehr zu erwarten hat. Europa befindet sich nun mitten in einem Zweifrontenkrieg, kommentiert Karl Doemens.

Angeblich war es ein Versehen, dass zu Beginn der unfassbaren Begegnung im Oval Office das russische Staatsmedium TASS freien Zutritt erhielt, während die Nachrichtenagenturen AP und Reuters draußen bleiben mussten. Doch was sich am Freitagmittag in der einstigen Herzkammer des demokratischen Westens abspielte, hätte im Kreml nicht besser inszeniert werden können: Zehn Minuten lang kritisierten, beschimpften und bepöbelten Donald Trump und sein Stellvertreter J.D. Vance den Präsidenten eines Landes, das vor drei Jahren überfallen wurde und sich seither verzweifelt gegen den russischen Aggressor wehrt, der das Land mit Bomben zupflastert und Zehntausende Zivilisten getötet hat.

„Sie sind gerade in keiner guten Position“, beschied Trump seinem Gast Wolodymyr Selenskyj ohne jegliche Empathie. Es war ein Vorwurf, gepaart mit der impliziten Aufforderung: Der Verlierer Selenskyj solle gefälligst den Mund halten und einen Diktat-Frieden akzeptieren. „Sie spielen mit dem Dritten Weltkrieg“, warf der amerikanische Präsident dem völkerrechtswidrig Überfallenen vor, weil er sich dem Täter nicht widerstandslos ergeben will.

Selenskyj verlässt das Weiße Haus wie ein abgewiesener Bettler

Der Vorgang ist unerhört. Der Eklat war perfekt, als Selenskyj eine Stunde später das Weiße Haus wie ein abgewiesener Bettler verlassen musste: Sowohl die Unterzeichnung des Rohstoffdeals, wegen der er angereist war, wie die angekündigte Pressekonferenz wurden abgesagt.

Es ist absurd, wenn rechte Meinungsmacher nun fabulieren, Selenskyj habe den Skandal selbst zu verantworten, weil er Trump provoziert habe. Dessen Vorwurf, der Ukrainer sei „undankbar“, kann nur dem Hirn eines imperialen Herrschers entspringen. Tatsächlich hat sich Selenskyj bei jedem seiner USA-Besuche tausendmal für die Hilfen bedankt und Trump zuletzt bis an die Grenze der Selbstverleugnung gehuldigt. Sein „Vergehen“ war, Trump daran zu erinnern, dass man Russland nicht trauen kann und jeder ausgehandelte Frieden eine belastbare Absicherung braucht. Das verstand der größte „Deal-Maker“ unter der Sonne, der die Ukraine als reine Kapitalanlage betrachtet, als Majestätsbeleidigung und explodierte. Bewusst ließ Trump die Eskalation vor laufenden Kameras eine gefühlte Ewigkeit laufen - seine rechtsnationalistischen Wähler jubeln.

Ganz offensichtlich wollte Selenskyj wissen, auf welcher Seite die Trump-Regierung im Ukraine-Krieg steht. Die Antwort hat er in brutalstmöglicher Härte bekommen - auf der von Russland. Alle unterwürfigen Schmeicheleien der Europäer waren vergeblich. Der französische Präsident Emmanuel Macron und der britische Premierministers Keir Starmer sind gedemütigt. Selenskyj ist maximal desavouiert, vielleicht sogar erledigt. Schon fordern die ersten Republikaner seinen Rücktritt. Putin kann sein Glück kaum fassen. Europa aber befindet sich nun mitten in einem beispiellosen Zweifrontenkrieg.