„Ich schäme mich“Video eines russischen Kriegsgefangenen bewegt Millionen auf Twitter
Sie schauen demütig und mit ernstem Blick in die Kamera, die Kampfhandlungen der vergangenen Tage zeichnen ihre verletzten Gesichter. Vor ihnen stehen auf einem kleinen Tisch drei Mikrofone, dann beginnt einer der Männer zu reden. Das Video von einer Pressekonferenz dreier russischer Kriegsgefangener, das bereits am 2. März auf dem Youtube-Kanal des ukrainischen Senders Kanal24 hochgeladen wurde, geht nach einer erneuten Veröffentlichung mit englischen Untertiteln auf Twitter viral. Mittlerweile wurde der Ausschnitt von mehr als zehn Millionen Nutzern auf Youtube und Twitter gesehen. Ob der Auftritt freiwillig oder unter Zwang geschah, lässt sich nicht prüfen.
Des russische Soldat macht bereits nach wenigen Sätzen deutlich, worum es ihm geht. „Uns wurde durch die russischen Medien das Bild vermittelt, die Ukraine werde von einem faschistischen Regime geleitet und dass die Menschen unsere Hilfe bräuchten. Offensichtlich war diese Information zu 100 Prozent falsch“, beginnt der Mann sein Statement. Er schildert in der Folge, wie sich zu Beginn der von Russland als „Spezialoperation“ bezeichneten Invasion Zweifel an der russischen Propaganda eingestellt hätten.
Als er die Ansprachen seiner ukrainischen Boxidole Oleksandr Usyk und Vasyl Lomachenko gesehen habe, die dazu aufriefen zu den Waffen zu greifen, habe er sich geschämt. „Ich schäme mich, wir wussten nichts, wir haben uns keine Gedanken gemacht“, so der russische Kriegsgefangene, der in der Folge deutliche Selbstkritik äußert.
„Schande über dieses Land gebracht“
Er und die anderen russischen Truppen hätten „Schande über dieses Land gebracht“. Anschließend ergreift er Partei für das russische Volk. „Ich fühle mich den Menschen in Russland gegenüber schuldig. Denn sie sind unschuldig, sie wurden falsch informiert, manche von ihnen haben nicht mal Internet-Zugang und keine Möglichkeit, sich unabhängig zu informieren. Sie wurden einer Gehirnwäsche unterzogen.“
In ruhigem Ton wendet er sich direkt an die russischen Truppen und das russische Volk. „Ihr könnt über mich denken, was ihr wollt. Dass ich eingeschüchtert oder gar gezwungen wurde, diese Aussagen zu tätigen. So ist es nicht.“ Überprüfbar sind diese Aussagen nicht. „Ich sage das klar und deutlich“, fährt er fort: „Wenn jemand in meine Heimat kommen würde, so würde ich genau so handeln, wie es die Ukrainer gerade tun. Denn es ist richtig. Wenn ihr mich hören könnt, Kameraden, seid tapfer. Ich weiß, dass es alles andere als einfach ist, Befehle zu verweigern. Aber wir begehen Völkermord.“
Kriegsgefangener bittet um Nachsicht bei russischen Kriegsgefangenen
Für den Kriegsgefangenen, dessen Name nicht bekannt ist, stehe fest, dass die Russen in der Ukraine nicht gewinnen könnten. „Selbst wenn wir bis zum Ende kämpfen – was ich nicht hoffe – werden wir nicht die Herzen dieser Menschen erobern. Ich flehe euch an: Hört auf, bevor es endgültig zu spät ist.“
Dann entschuldigt er sich noch bei den ukrainischen Bürgerinnen und Bürgern. Viele der russischen Soldaten seien beschämt und hätten kein Interesse daran, Ukrainer zu töten. Er bittet darum, dass russischen Kriegsgefangenen Sicherheit versprochen werde, „damit sie eines Tages nach Russland zurückkehren und dort erzählen könnten, wie dieser Krieg abgelaufen sei.“
Über die Authentizität dieser Aussagen gibt es keinerlei Belege, auch über die Umstände der Entstehung des Videos ist nichts bekannt. In den sozialen Netzwerken allerdings glauben viele an dessen Echtheit.
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„Ein äußerst sehenswertes sehr mutiges Video von einem russischen Gefangenen. Er analysiert die Lage klar und ruft zum Rückzug auf“, kommentierte der deutsche Gesundheitsminister Karl Lauterbach das Video auf Twitter, inzwischen löschte er den Tweet wieder. Die Mehrheit der Nutzer lobt den Kriegsgefangenen für seine Ehrlichkeit und ist der Meinung, das Video leiste Aufklärungsarbeit. Andere sehen den Clip aber auch kritisch: „Man darf diese Videos nicht überbewerten. Dieser Mann wurde vermutlich schon vor Tagen gefangen genommen und ist durch Verhöre gegangen“, schreibt ein User auf Twitter.
Aufnahmen von Kriegsgefangenen sind grundsätzlich umstritten, da sie unter gewissen Umständen gegen die Genfer Konvention verstoßen können. Das Abkommen regelt unter anderem, wie mit Kriegsgefangenen umgegangen werden soll.
Hinweis der Redaktion: Unter Berücksichtigung des Anspruchs auf Achtung ihrer Ehre und ihrer Person, zeigen wir die Videoaufnahmen der Kriegsgefangenen an dieser Stelle bewusst nicht.