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Nach den Anschlägen in Paris und den USASalafisten-Prediger Pierre Vogel ruft zur Abkehr vom Terror auf

Lesezeit 2 Minuten

Der radikal-islamische Prediger Pierre Vogel aus Frechen, hier auf einer „Friedensdemonstration“ in Frankfurt am Main.

Köln – Er spricht von „irren Terror-Anschlägen“, die es „ohne Wenn und Aber“ zu verurteilen gelte. In einem Aufruf, der dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ vorliegt, distanziert sich der salafistische Prediger Pierre Vogel von den Attentaten in Paris und San Bernadino.

Mit der Tötung Unschuldiger und dem Zwang zum islamischen Glauben verstoße der sogenannte Islamische Staat (IS) „systematisch“ gegen „heilige Gebote“ des Koran. „Terrorismus ist unislamisch, Terrorismus ist Mord“, so Vogel.

Der 1978 in Frechen bei Köln geborene Rheinländer, der sich Abu Hamza nennt, hatte wenige Stunden nach den Anschlägen von Paris schon einmal eine Erklärung abgegeben.

Es werde niemand einen Nutzen von den Morden haben, sagte Vogel in einem Video – „außer diejenigen, die den Islam bekämpfen wollen. Deshalb bitte ich Euch, die Ihr mit solchen Anschlägen sympathisiert: Schließt Euch unserer Karawane an und lasst solche Anschläge sein.“

In seiner jüngsten Äußerung formuliert Vogel seine Verurteilung der Anschläge jedoch in bislang nicht gekannter Eindeutigkeit.

In Deutschland gibt es nach Schätzungen des Verfassungsschutzes derzeit 7900 Salafisten (Nordrhein-Westfalen: 2250), von denen zwei Drittel ihren Glauben zwar strikt auslegen, aber als nicht gefährlich gelten. Etwa 2600 dieser Leute werden als gewaltbereit eingestuft (NRW: 500).

Auch die Zahl jener Menschen, denen die Polizei zutraut, dass sie religiös motiviert schwere Straftaten begehen könnten, wächst seit Jahren stetig. Etwa 430 Islamisten werden bundesweit als „extrem risikobehaftet bewertet“ (NRW: 125), heißt es in Sicherheitskreisen.

Was die Lage aber etwas erträglich mache: Etwa zwei Drittel dieser als sogenannte „Gefährder“ geführten Islamisten seien im Gefängnis, im Ausland oder mutmaßlich tot.

Spaltung in der Szene?

Einschätzungen, wonach Vogels jüngstes Statement auf ein Umdenken sowie eine mögliche Spaltung in der radikalen Szene deuten, werden von Experten zurückhaltend aufgenommen. Die neuerliche und entschiedene Distanzierung Vogels sei zwar zu begrüßen, stelle „aber keinen Paradigmenwechsel dar“, betonte ein Sprecher des Internetblogs „Erasmus Monitor“, der die Salafisten- und Dschihadistenszene intensiv beobachtet.

„Vogel und viele andere Prediger des Missionierungsnetzwerks „Die Wahre Religion“ würden „schon seit Jahren als Türöffner zur dschihadistisch-salafistischen Szene gelten“. Die Prediger spielten „vor allem im Bezug auf den syrischen Bürgerkrieg mit Ressentiments und Vorurteilen“, wodurch „eine Atmosphäre des Hasses und der Militanz“ geschaffen werde.

Das habe sich bis zum heutigen Tag nicht wesentlich geändert. „Solange eine offene und substanzielle Auseinandersetzung Vogels mit seiner eigenen Rolle bei der Radikalisierung junger Menschen ausbleibt, fehlt es seinem Aufruf an Glaubwürdigkeit.“