Düsseldorf – Die Hochschulen in Nordrhein-Westfalen haben sich im Rahmen einer Selbstverpflichtung darauf geeinigt, im beginnenden Wintersemester 20 Prozent ihres Energieverbrauchs zu sparen. Das kündigte Wissenschaftsministerin Ina Brandes (CDU) gemeinsam mit Hochschulvertretern in Düsseldorf an. Die Einsparung soll vor allem durch eine Absenkung der Raumtemperatur auf 19 Grad erreicht werden, sagte Johannes Wessels, Vorsitzender der Landesrektorenkonferenz der Universitäten. Weitere Maßnahmen bestehen in der Abschaltung von nicht sicherheitsrelevanter Beleuchtung, dem Verzicht auf Warmwasser in Gebäuden und Laboren oder der Einschränkung von Öffnungs- und Betriebszeiten, zum Beispiel in Hochschulbibliotheken.
Auch bei Belüftungssystemen könne ein Effekt erzielt werden. Brandes betonte, man wolle die Auswirkungen der Energiesparmaßnahmen auf die Studierenden so gering wie möglich halten. Auch gehe es darum, sogenannte kritische Infrastruktur zu schützen – dazu zählen Labore, die eine bestimmte Raumtemperatur wahren müssen, wenn dort zum Beispiel Versuchstiere gehalten werden.
Das oberste Ziel von Politik und Hochschulleitung sei jedoch, nach zwei Jahren der Pandemie die Hochschulen im Wintersemester 2022/23 in Präsenz zu betreiben, darin sind sich Brandes und die Vertreter der Rektorenkonferenzen einig. Man habe in den vergangenen Semestern unter dem Eindruck von Corona und Distanzunterricht die Erfahrung gemacht, dass zahlreiche Studierende regelrecht verloren gingen, sagte Bernd Kriegesmann, der für die Hochschulen für Angewandte Wissenschaften sprach. Dies sei unter anderem an den Prüfungsanmeldungen abzulesen.Besonders auffällig sei der Rückgang bei den sogenannten Mintfächern, also den Ausbildungsgängen mit naturwissenschaftlicher, mathematischer und technischer Ausrichtung.
Diese Fächer werden nach den Worten Kriegesmanns besonders von den weiblichen Studierenden gemieden. Das Problem ließe sich aber nur lösen, wenn man die gesamte Bildungskette in den Blick nehme – bereits an den Schulen gibt es ein erhebliches Defizit, was Mathematik und Naturwissenschaften betrifft. Wenn hier reihenweise Unterrichtsstunden in Physik, Chemie oder Biologie ausfallen oder diese Fächer gar nicht mehr unterrichtet werden, sind sie im Bewusstsein der kompletten Schülerschaft nicht mehr präsent. Schon heute vermissen die Betriebe nach der Beobachtung Kriegesmanns Absolventen technischer Berufsausbildungen.
Im Hinblick auf die Energiekosten erklärte Brandes die Sanierung der Hochschulgebäude zu einem Hauptziel ihrer Politik in den kommenden fünf Jahren. Dazu gehöre auch die energetische Überholung. Insgesamt belaufe sich der Sanierungsstau in NRW auf fünf bis zehn Milliarden Euro. Diesen Stau zu beheben, sei nicht allein ein Gebot des Klimaschutzes, sagte Brandes. Energetisch sanierte Gebäude seien auch für den Forschungsstandort Nordrhein-Westfalen essenziell, da sich Forschende von internationalem Rang schwerlich von maroden Universitäten und Hochschulen ins Land locken ließen.
Bastian Hartmann, wissenschaftspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion im Landtag, kritisierte, dass sich Brandes mit der freiwilligen Verpflichtung der Hochschulen zum Energiesparen lediglich schmücke, aber keine eigenen Antworten finde. Zudem forderte er, die für soziale und kulturelle Belange zuständigen Studierendenwerke finanziell abzusichern. Dies werde durch die hohen Energiepreise gefährdet.
Julia Eisentraut, wissenschaftspolitische Sprecherin der Landtagsfraktion der Grünen in NRW, versicherte, dass die Regierungsparteien die Studierendenwerke finanziell stützen würden. „Sie versorgen die Studierenden unter anderem mit kostengünstigen Wohnungen und Verpflegung.“ Im Koalitionsvertrag hätten CDU und Grüne überdies vereinbart, eine Studienstarthilfe für Studierende aus prekären Verhältnissen aufzulegen.
Wintersemester 2022: Zahl der Studierenden in NRW liegt sehr hoch
Mit dem Wintersemester 2022/23 werden 745000 Studierenden die Hochschulen in Nordrhein-Westfalen besuchen. Diese Angabe beruht noch auf einer Prognose, sie zeigt aber, das die Zahl der Studierenden an Rhein und Ruhr im Bundesvergleich unverändert sehr hoch liegen dürfte. Leicht rückläufig ist die Zahl der Erstsemester, die bei 87.000 liegt. Darin sei allerdings noch kein Trend zu erkennen, sagte Johannes Wessels von der Landesrektorenkonferenz.