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Krankenhäuser im Kreis im PortraitHürther Klinik setzt auch auf „Leuchtturmmedizin“

Lesezeit 5 Minuten

Nach drei Jahren Bauzeit wurde 2021 der erweiterte und modernisierte OP-Trakt mit drei Sälen in Betrieb genommen.

  1. In einer Serie stellen wir die Krankenhäuser im Rhein-Erft-Kreis vor.
  2. Das Marien-Hospital in Erftstadt wird vorerst nicht berücksichtigt, weil es bei der Flutkatastrophe im Juli 2021 völlig zerstört wurde.

Hürth – „Bitte nicht ins Hürther Krankenhaus!“ So soll es laut einer launigen Anekdote, die der frühere Bürgermeister Walther Boecker vor vielen Jahren einmal bei einem Ortstermin zum Besten gab, früher auf Zetteln gestanden haben, die Einheimische für den medizinischen Notfall im Portemonnaie getragen hätten. Doch den zweifelhaften Ruf aus den 70er-Jahren, als sogar über eine Schließung diskutiert wurde, hat das ehemals kommunale Krankenhaus längst abgestreift. Mehr als 50 Millionen Euro hat die private Sana Kliniken AG seit der Übernahme vor vier Jahrzehnten investiert, die Patientinnen und Patienten kommen nicht nur aus der Region, sondern teils von weither.

Die Grund- und Regelversorgung ist immer noch der Schwerpunkt des Hürther Krankenhauses. Es gibt eine zentrale Notaufnahme für Hürth und die Region, auch den Notarzt für den Rettungsdienst stellt das Sana-Krankenhaus. Seit 2016 ist ein Notarztwagen der Hürther Feuerwehr direkt am Krankenhaus stationiert. „Die Zusammenarbeit mit der Stadt ist sehr gut“, sagt Geschäftsführer Sebastian Haeger.

OP-Säle im Hürther Krankenhaus sind für übergewichtige Patienten ausgerüstet

Gerade die Corona-Pandemie habe gezeigt, wie wichtig die kleineren Krankenhäuser vor Ort seien, sagt Haeger. Doch die Krankenhaus-Landschaft stehe gehörig unter Druck. „Überleben werden die Häuser, die ein schlagkräftiges Zukunftskonzept haben“, meint der Klinik-Chef. Um sich für die Zukunft zu rüsten, setzt das Hürther Sana-Krankenhaus neben einer gut aufgestellten Grund- und Regelversorgung mit Fachabteilungen für Innere Medizin, Chirurgie, Anästhesie und Notaufnahme auch auf „Leuchtturmmedizin“ mit überregionaler Ausstrahlung. „Wir müssen uns auf das besinnen, was wir gut können und auch in hoher Schlagzahl machen können“, sagt Haeger und führt als Beispiel die neu eingerichtete Klinik für Schilddrüsen- und Nebenschilddrüsenchirurgie an, angeschlossen ans renommierte Schilddrüsenzentrum Köln.

Derzeit befindet sich der Zugang zum Sana-Krankenhaus im Bereich der Notaufnahme. Im Herbst soll der frühere Haupteingang wieder geöffnet werden.

Seit April operieren Professor Dr. Hans Udo Zieren, Dr. Marc Göbel und ihr Team Schilddrüsenpatienten, die aus ganz Deutschland nach Hürth kommen. Auch die Adipositas-Chirurgie, die an das Adipositas-Zentrum NRW angeschlossen ist, sei ein solches Projekt. Die drei Operationssäle im zuletzt erweiterten und modernisierten neuen OP-Trakt sind zum Teil auch für übergewichtige Patienten ausgestattet.

„Wir werden uns auch in der Orthopädie noch stärker aufstellen“, kündigt Haeger an. Dafür soll die Kooperation mit dem Dreifaltigkeitskrankenhaus in Köln, das ebenfalls zur Sana-Gruppe gehört und von Sebastian Haeger geleitet wird, ausgebaut werden. Bei der Schulterchirurgie arbeiten beide Krankenhäuser bereits zusammen.

Die Einrichtung

Etwa 20 000 Patienten werden jährlich im Hürther Sana-Krankenhaus behandelt, rund 5000 davon ambulant. In dem Krankenhaus der Grund- und Regelversorgung mit 140 Betten sind rund 300 Menschen beschäftigt, davon etwa die Hälfte medizinisches Personal wie Ärzte, Pflegekräfte und Therapeuten. Das Krankenhaus verfügt über eine Intensivstation mit zwölf Betten, acht Beatmungsgeräten und zwölf Telemedizin-Modulen, drei moderne OP-Säle und ein Herzkatheter-Labor.

Medizinische Schwerpunkte sind die Innere Medizin mit Kardiologie, Gastroenterologie und Intensivmedizin sowie die Chirurgie mit Unfallchirurgie, Viszeralchirurgie, Endoprothetik (Knie- und Hüftgelenksersatz). Schulterchirurgie und -endoprothetik und Adipositas-Chirurgie. Seit April gibt es am Sana-Krankenhaus die Klinik für Schilddrüsenchirurgie. Das Krankenhaus verfügt über eine Notaufnahme und übernimmt die Notfallversorgung für Hürth und Teile der Region. (aen)

Im starken Verbund mit den anderen Sana-Einrichtungen sieht der Klinik-Manager einen großen Vorteil für das Hürther Krankenhaus. Das gelte besonders für ein anderes wichtiges Zukunftsthema: die Digitalisierung. Schon heute können die Ärzte auf der Intensivstation per Telemedizin Fachleute hinzuziehen, Sana kooperiert dabei mit der Uniklinik Aachen. Geplant sind darüber hinaus eine digitale Patientenakte, elektronische Terminvergabe und eine Smartphone-App für Sana-Patienten.

Sana-Krankenhaus in Hürth rüstet sich für mehr ambulante Behandlungen

Auch auf einen weiteren Trend bei der Reform des Gesundheitssystem will sich das Sana-Krankenhaus einstellen. Sebastian Haeger geht davon aus, dass der Weg mittelfristig hin zu verstärkter ambulanter Behandlung führt, auch bei Erkrankungen, deren Therapie bislang mit einem stationären Aufenthalt verbunden sind. „Es könnte beispielsweise notwendig sein, für ambulante Eingriffe zumindest einige Kurzliegerbetten für postoperative Betreuung bereitzuhalten“, sagt der Geschäftsführer, der auch über weitere Kooperationen mit niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten nachdenkt. Haeger: „Wir werden die gesundheitspolitischen Entwicklungen weiterhin aufmerksam verfolgen, und es ist gut, dass wir dafür die Strukturen einer der größten Klinikgruppen Deutschlands im Rücken haben.“

Verlassen könne er sich auch auf das Personal, hebt der Klinik-Chef hervor. „Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter machen einen grandiosen Job“, lobt Haeger. „Viele sind schon seit vielen Jahren bei uns und mit Herzblut dabei. Das ist nicht selbstverständlich.“

Im Herzkatheter-Labor werden jährlich 2000 Eingriffe vorgenommen. Im kommenden Jahr soll das Labor saniert werden.

Für dieses und die kommenden Jahre sind weitere Investitionen geplant. So soll im Herbst der alte Haupteingang wieder geöffnet werden, der Pächter der Cafeteria will am 15. August eröffnen. Für die Jahre 2023 und 2024 stehen Sanierung und Modernisierung der Endoskopie und des Herzkatheterlabors und für 2025 die Komplettsanierung der Wahlleistungsstation an.

Zur Geschichte des Krankenhauses:

Im Jahr 1984 machte das Hürther Krankenhaus bundesweit Schlagzeilen. Mit den Sana Kliniken übernahm erstmals in Deutschland ein privater Träger ein kommunales Krankenhaus.

Notwendige Investitionen in Höhe von mindestens fünf Millionen Mark und hohe Defizite durch den Betrieb konnte die Stadt Hürth seinerzeit nicht stemmen und ging auf das Angebot des Klinikunternehmens ein, das einem Zusammenschluss der privaten Krankenversicherungen gehört. Sana, heute nach eigenen Angaben bundesweit drittgrößter privater Klinikbetreiber mit 56 stationären Einrichtungen, sicherte Investitionen und den Weiterbetrieb für mindestens 20 Jahre zu.

Errichtet wurde das kommunale Krankenhaus zu Beginn des Ersten Weltkriegs in den Jahren 1914/15. Die damals veranschlagte Bausumme bezifferte Stadtarchivar Michael Cöln, der die Geschichte des Krankenhauses in einem Artikel anlässlich des 100-jährigen Bestehen für die „Hürther Beiträge“ (Band 95, 2016) des Heimat- und Kulturvereins aufgearbeitet hat, auf 60 000 Mark. Mehr als 50 Jahre lang übernahmen die Cellitinnen den pflegerischen Dienst. Bis in die späten 80er-Jahre war das Hospital auch eine Geburtsklinik.

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Im Zweiten Weltkrieg entwickelte sich das Krankenhaus unter Chefarzt Dr. Ernst Müller zum Unfallkrankenhaus und wurde mit Aufzug und Heizungsanlage ausgerüstet. Durch Bombentreffer wurde das Krankenhaus schwer beschädigt und musste nach dem Krieg wieder aufgebaut werden. Langfristige Ausbaupläne in den 1960er- und 70er-Jahre wurden wegen der übergeordneten Krankenhausplanung des Landes Nordrhein-Westfalen nicht umgesetzt.

Mehr als 50 Millionen Euro investierte die Sana Kliniken AG seit der Übernahme in das Gebäude und die medizinische Ausstattung des Hürther Krankenhauses.