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StädtereiseDie Chemie stimmt: Basel zwischen Kunst und Wolkenkratzern

Lesezeit 5 Minuten
Die Gebäude des Pharmariesen Roche zählen zu den höchsten und markantesten der Schweiz.

Die Gebäude des Pharmariesen Roche zählen zu den höchsten und markantesten der Schweiz.

Autobahnen, rauchende Schlote: Basel ist dieses Jahr zwar Gastgeber des ESC, wird von Reisenden aber meist links liegen gelassen. Dabei ist die Stadt nicht nur architektonisch ein Highlight.

Es fängt schon mit der Joggelihalle an. So nennen die Basler ihre St. Jakobshalle. Mit viel Sichtbeton, klaren Linien und einem überhängenden Dach mitten im Grün am südöstlichen Rand von Basel ist das Bauwerk ein bedeutendes Beispiel des Brutalismus der 1970er Jahre in der Schweiz.

Und nicht nur das: Vom 10. bis 17. Mai ist die Multifunktionshalle, in der schon Pop-Größen Konzerte gaben oder ATP-Tennisturniere ausgetragen wurden, Hauptveranstaltungsort des Eurovision Song Contest (ESC).

Wer aber mit der Architektenbrille auf der Nase nach Basel kommt, wird auf dem Stadtplan neben der Joggelihalle noch viele weitere Punkte markieren. Denn Basel gilt als die Architekturhauptstadt der Schweiz.

Mit dreizehn Trägern des Pritzker-Preises, einer renommierten Auszeichnung für Architekten, die in Basel oder der näheren Umgebung gebaut hätten, wirbt das Stadtmarketing. Interessierte an Kunst und Kultur finden zudem eine weite und vielseitige Museumslandschaft vor - zu der natürlich auch das Schweizerische Architekturmuseum zählt.

Höchstes Gebäude der Schweiz

So steht auch das höchste Gebäude der Schweiz nicht etwa in Zürich oder der „Bundesstadt“, also Hauptstadt Bern, sondern in der Stadt am Rhein. Der 2022 erbaute Roche-Turm 2, Doppelturm-Bürogebäude eines Pharmakonzerns, bringt es auf 205 Meter und löste vor drei Jahren den ersten Roche-Turm als Rekordhalter ab.

Entworfen wurde das Gebäude von den Architekten Herzog & de Meuron. Es steht nur wenige Meter von der Flaniermeile am Rheinufer entfernt in direkter Nachbarschaft der alten Arbeitersiedlungen.

Industrie, Kunst und Architektur sind in Basel, mit über 200.000 Einwohnern aus fast 170 verschiedenen Nationen nach Zürich und Genf die drittgrößte Stadt der Schweiz, untrennbar miteinander verbunden. Das Museum Tinguely, designt vom Schweizer Architekten Mario Botta, liegt nicht nur neben dem Hauptsitz „der Roche“, wie die Basler den Pharmagiganten Roche nennen, der Konzern betreibt das Museum auch.

Benannt ist das Haus nach Jean Tinguely, dem Basler Künstler, der aus Schrott riesige Maschinenskulpturen erschuf, deren Zweck allein darin besteht, keinen Zweck zu haben. Ein Blick ins Innere lohnt.

Noch immer ein Schmuddel-Image

Als ginge es nicht nur darum, in Pharmabelangen miteinander zu konkurrieren, liest sich das Betriebsgelände des ebenfalls in Basel ansässigen Roche-Wettbewerbers Novartis mit seinen Büro- und Laborgebäuden wie ein Who's who der internationalen Architektur. Neben Herzog & de Meuron sind dort vertreten: Frank Gehry, Richard Serra, Sanaa und als ein weiteres Basler Büro, Diener & Diener. 

Die Industrie hat aber auch gehörigen Anteil daran, dass Basels Image noch immer eher schmuddelig ist. Die Historie als Standort der Textil-, Farb- und Chemiebranche ist lang, die Wirtschaft nach wie vor präsent. Noch immer assoziiert man Basel mit grauen Autobahnwindungen und rauchenden Schloten - da fällt es vielen Urlaubern leicht, auf dem Weg nach Süden, einfach schnell weiter Richtung Italien zu düsen.

Doch mittlerweile ist der Rhein so sauber, dass man bedenkenlos darin baden kann. Regelmäßig in der Badesaison würde die Wasserqualität an drei verschiedenen Stellen überprüft, sagt Yves Parrat. „Die Messungen ergeben, dass man sich bei klarem Wasser bedenkenlos im Rhein erfrischen kann“, betont der Kantonschemiker des Gesundheitsdepartements von Basel-Stadt. 

 

Der Rhein fließt durch Basel: Bootstouren sind eine beliebte touristische Unternehmung.

Der Rhein fließt durch Basel: Bootstouren sind eine beliebte touristische Unternehmung.

Es gibt mehrere ausgewiesene Schwimmzonen, eine davon am Tinguely-Museum, und Rheinbäder. Kostenlos bei der Touristen-Info am Barfüsserplatz ausleihen kann man sich wasserdichte Beutel - Wickelfisch genannt -, falls man sich im Fluss treiben lassen möchte.

Wer erstmals die Innenstadt besucht, ist auch vom mittelalterlichen Flair um Markt- und Barfüsserplatz überrascht. Im roten Rathaus, das mit seiner Fassadenmalerei ein Blickfang ist, tagt die Basler Regierung samt Parlament; von der „Pfalz“, der Terrasse des nah gelegenen Münster ist der Blick auf Fluss und das rechtsrheinische Kleinbasel wunderbar. Hier macht der Strom seinen berühmten Knick nach Osten Richtung Bodensee. 

Sponsoring durch Pharmaindustrie und Banken

Ebenfalls auf dem Münsterhügel ist in der Barfüsserkirche das Historische Museen Basel untergebracht, das die Identität der Stadt kulturgeschichtlich beleuchtet. Sie liegt an der Schnittstelle der Schweiz, Deutschlands und Frankreichs.

Geradezu opulent und nur wenige Gehminuten entfernt ist das Kunstmuseum. Es besteht aus einem Altbau und einem mit diesem unterirdisch verbundenen Neubau, der 100 Millionen Schweizer Franken gekostet haben soll. Von den alten Meistern wie Holbein, Rembrandt und Rubens über die klassische Moderne mit Gauguin, van Gogh, Pablo Picasso bis zu Roy Lichtenstein und Andy Warhol hängen sie dort alle – auch das geht nur mit Sponsoring durch Pharmaindustrie und Banken.

Aber natürlich werden sie in Basel auch bedient, die Industrieromantiker. Dazu aufsuchen müssen sie etwa das etwas außerhalb gelegene Dreispitz-Areal. Dort befand sich einst das Zoll-Freilager für die Basler Industrie.

Heute hat sich zwischen in die Jahre gekommenen Fabrikgebäuden und stillgelegten Gleisen eine bunte Mischung aus Ateliers, Hochschulen, Architekturbüros und Museen angesiedelt - darunter das Haus der elektronischen Künste, das sich mit gesellschaftlichen Auswirkungen neuer Medien und digitaler Kunstformen beschäftigt, oder das 2024 eröffnete Kunsthaus Baselland für zeitgenössische Kunst. Wer an Basel auf der Autobahn nur vorbeirauscht, erahnt von all dem nichts.

Links, Tipps, Praktisches:

Reiszeil: Basel liegt im Dreiländereck von Deutschland, Frankreich und Schweiz.

Anreise und Nahverkehr: Basel ist per ICE erreichbar. Mit dem Auto nach Basel benötigt man etwa ab Berlin rund neun, ab Köln fünf und Stuttgart drei Stunden. Mit einer gebuchten Übernachtung erhält man die Baselcard, die zur kostenlosen Fahrt mit Bus und Tram berechtigt. Mit ihr kommt man auch zum halben Eintrittspreis in Museen.

Einreise: Für EU-Bürger genügt der Personalausweis. 

Unterkunft: Die Jugendherberge Basel liegt am Rand der Altstadt und bietet auch Doppel- und Familienzimmer. Mit dem deutschen Jugendherbergsausweis spart man ein paar Franken. Von den Architekten Herzog & de Meuron gestaltet wurde das Boutiquehotel «Volkshaus Basel»; nach dem Entwurf der Baseler Diener & Diener Architekten entstand das «Arthouse Basel». Preislich etwas günstiger ist das «Hotel D», das in Rheinnähe zudem günstig zwischen Kleinbasel und Großbasel liegt.

Touren/Aktivitäten: Roche bietet über Basel Tourismus kostenlose Turm-Besichtigungen. Eine Novartis-Campus-Führung kostet 28 Franken. Eine Übersicht über die Museen in Basel und Umgebung verschafft Basel Tourismus auf seiner Website. Spartipp: Viele Basler Museen verlangen am ersten Sonntag eines Monats keinen Eintritt (gilt nicht für Sonderausstellungen).

Geld: Währung ist der Schweizer Franken (CHF), der 1,08 Euro entspricht (Stand: 9.04.2025)

Weitere Auskünfte: basel.com; myswitzerland.com (dpa)