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RundreiseHopfen und Malz gefunden: Auf Biertour in Tschechien

Lesezeit 6 Minuten
Anstoßen zum Abschluss: Nach einer Führung in der Brauerei Bernard im tschechischen Humpolec dürfen die Besucher selbst ein Bier genießen.

Anstoßen zum Abschluss: Nach einer Führung in der Brauerei Bernard im tschechischen Humpolec dürfen die Besucher selbst ein Bier genießen.

Mehr als Pilsner: Im Nachbarland gibt es mehr als 400 Brauereien. Die Vielfalt der Bierstile ist so groß wie die der Gelegenheiten, sie bei Tastings und Führungen kennenzulernen. Fünf Vorschläge.

Wer in einem deutschen Supermarkt tschechisches Bier kauft, muss sich meist auf bekannte Exportmarken beschränken. Dabei gibt es im Nachbarland mehr als 400 Brauereien - von ganz mini bis riesengroß.

Viele richten sich mit ungefilterten und naturtrüben Bieren an den anspruchsvollen Connaisseur. Die ganze Vielfalt an Getränken und lokalen Geschichten lässt sich wunderbar auf einer Reise durch das Land entdecken. 

Die meisten Brauereien haben sich längst auf Besucher als zusätzliche Einnahmequelle eingestellt. Führungen sind in der Regel das ganze Jahr über möglich, wenn man sich mit etwas Vorlauf anmeldet.

Wohin man auch kommt, wird man auf Einheimische treffen, die stolz sind auf ihre jeweiligen Regionen mit ihren unterschiedlichen Brautraditionen. 

Hier kommen fünf Betriebe, die eine Reise oder einen Abstecher wert sind:

Minibrauerei Hulvat: Anfänge in der eigenen Küche

Für die Gründer der Minibrauerei Hulvat hat alles in der heimischen Küche begonnen. Doch als die Nachfrage aus dem Freundeskreis nach dem selbstgebrauten Bier immer größer wurde, reichte der kleine Kessel nicht mehr aus.

Schnell war die Idee geboren, eine Minibrauerei zu gründen. „Es war nur ein Hobby - und jetzt ist es ein ziemlich großes Hobby geworden“, sagt Marek Bastl. Der Finanzberater tat sich mit den Brüdern Petr und Jan Zahorka zusammen, die Räumlichkeiten auf ihrem Bauernhof zur Verfügung stellten. Alle drei arbeiten weiter auch in ihrem ursprünglichen Beruf. Daneben gibt es zwei Angestellte.

Ein Schlückchen gehört dazu: Marek Bastl von der Minibrauerei Hulvat führt Besucher durch die vergleichsweise kleine Anlage.

Ein Schlückchen gehört dazu: Marek Bastl von der Minibrauerei Hulvat führt Besucher durch die vergleichsweise kleine Anlage.

Die Brauerei befindet sich in dem südböhmischen Dorf Truskovice, knapp 30 Kilometer nordwestlich von Budweis (České Budějovice). Architekturliebhaber dürfen sich an prunkvollen Häusern im sogenannten Bauernbarock erfreuen. Den Bierfreund erwarten naturbelassene, nicht pasteurisierte und ungefilterte Lagerbiere. Die Zutaten stammen aus Tschechien.

Der Name der Brauerei erinnert an die wilden Anfänge abseits kommerzieller Ambitionen: Ein „hulvat“ ist im Tschechischen ein Rüpel, der vielleicht zu viel getrunken hat. Man ist experimentierfreudig, was das mit einer Hochschule entwickelte „Hanfbier“ unterstreicht.

Informationen: pivovarhulvat.cz

Kloster Želiv: Bierbad und Bockbier

Die Minibrauerei Hulvat wurde 2018 gegründet, im Kloster Želiv blickt man dagegen auf eine jahrhundertelange Tradition des Bierbrauens zurück. „Es ist ein bis heute aktives Kloster, in dem derzeit sieben Mönche wohnen“, berichtet unser Reiseführer David.

Weitere 30 Mönche betreuen die umliegenden Pfarreien. Die Stille und Ruhe des Ortes ist für Gäste des Klosterhotels beeindruckend. Moderne Annehmlichkeiten wie ein Wellnessbereich mit Bierbaden im Gerstensaft fehlen gleichwohl nicht.

In die kleine, aber modern ausgestattete Brauerei kommt man über eine Treppe ins Kellergeschoss. Besonders stolz ist man hier auf ihre Spezialbiere. Saisonale Spezialitäten wie der bayerische Weizenbock oder der Weihnachtsbock mit 8,2 Prozent Alkohol bringen Abwechslung auf den Gaumen. Ständig im Angebot ist unter anderem ein traditionelles tschechisches Lagerbier.

Informationen: zeliv.eu

Brauerei Bernard: Schornstein als Aussichtsturm

Vom Kloster Želiv aus sind es nur rund zwölf Kilometer Fahrtstrecke bis zur Brauerei Bernard in Humpolec. Deren Schwarzbier wurde bei den World Beer Awards 2024 in London als bestes in seiner Kategorie ausgezeichnet.

Das Brauereigelände liegt mitten im Zentrum der Kleinstadt. Statt in die Fläche ist das Unternehmen daher in die Höhe gewachsen. „Wir nutzen jeden Platz, den wir haben“, heißt es bei der Führung über das Gelände. Statt eines klassischen Kellers gibt es eine Halle mit Kälteanlage.

Obwohl die Firma inzwischen 260 Mitarbeiter habe, kenne jeder jeden, berichtete die Führerin. Ganze Familien arbeiteten in der Brauerei. Vor zwei Jahren wurde ein neues Besucherzentrum eröffnet. Eine neue Treppe um den markanten Schornstein, der weiter in Betrieb ist, führt über 189 Stufen auf eine Aussichtsplattform.

Der Schornstein in der Brauerei Bernard im tschechischen Humpolec dient gleichzeitig als Aussichtsturm.

Der Schornstein in der Brauerei Bernard im tschechischen Humpolec dient gleichzeitig als Aussichtsturm.

Eine besondere Spezialität des Hauses sind die alkoholfreien Biere mit dem bezeichnenden Namen „Bernard mit einem klaren Kopf“ und Geschmacksrichtungen wie Pflaume und Kirsche.

Informationen: bernard.cz

Brauerei Kamenice nad Lipou: Ein Prost auf die Aussöhnung

Die erste Erwähnung einer Brauerei in Kamenice nad Lipou ist auf das Jahr 1462 datiert. Die heutige Form der Gebäude geht indes auf die schweizerisch-österreichische Familie Geymüller zurück. Nach der Vertreibung der Eigentümer nach dem Zweiten Weltkrieg verfiel das Gelände. Erst im Jahr 2017 gründete ein örtlicher Unternehmer die heutige Brauerei neu und renovierte dafür die historischen Räumlichkeiten.

Braumeister Premysl Chmelar trägt den Beruf schon im Namen, denn „chmelar“ ist im Tschechischen der Hopfenbauer. Er zeichnet sich durch Bescheidenheit aus: „Wir machen nichts Besonderes, wir achten nur auf Qualität.“ Das Bier bekomme so viel Zeit, wie es brauche, um seinen vollen Geschmack zu entfalten. Die Brauerei bietet nicht nur Führungen nach vorheriger Absprache an, sondern auch Workshops im Bierbrauen.

Im Verhältnis mit den ursprünglichen Besitzern stehen die Zeichen auf Aussöhnung: Im Restaurant der Brauerei wird Wein der Domäne Baron Geymüller aus Österreich ausgeschenkt. Und umgekehrt führt Philipp Geymüller in seiner Weinhandlung im niederösterreichischen Hollenburg tschechisches Bier aus Kamenice im Angebot.

Informationen: pivovar-kamenice.cz

Klassiker Budvar: Kooperation mit Minibrauereien

Neben den mittelständischen Betrieben wirkt die tschechische Staatsbrauerei Budějovický Budvar wie ein riesiges Raumschiff. Doch setzt man hier inzwischen auf die Zusammenarbeit mit einer Reihe von Minibrauereien. Herausgekommen sind dabei limitierte Auflagen wie „Trinken Sie Deutsch?“, wohinter sich ein „modernes Kölsch“ verbirgt. Bereits vergriffen sind „Summer Affair“, „Black Jack“ oder „Echt IPA“.

Noch ehe man in České Budějovice (Budweis) das Brauereigelände betritt, liegt der Geruch von Hopfen und Malz in der Luft. Eine kleine Ausstellung zeigt die lange Geschichte des Bierbrauens in der Stadt. Dann geht es weiter zum artesischen Brunnen, wo das besonders weiche Wasser aus einer Tiefe von 300 Meter emporsprudelt.

Im Kesselhaus ist es mollig warm, doch dann geht es in den frostigen Lagerkeller. Zum Abschluss der Führung winkt ein frisch aus dem Lagertank abgezapftes Bier, wie es sonst nur die Brauer genießen dürfen.

Kesselhaus der tschechischen Staatsbrauerei Budějovický Budvar in Budweis. Die Brauerei will das Gelände stärker für die Öffentlichkeit öffnen und plant den Bau eines neuen Besucherzentrums.

Kesselhaus der tschechischen Staatsbrauerei Budějovický Budvar in Budweis. Die Brauerei will das Gelände stärker für die Öffentlichkeit öffnen und plant den Bau eines neuen Besucherzentrums.

Weltweit bekannt wurde das Unternehmen durch seinen jahrzehntelangen Streit mit dem US-Konkurrenten Anheuser-Busch um die Namensrechte am Budweiser Bier. In den USA wird das hiesige „Budweiser Budvar“ daher als „Czechvar“ verkauft.

In den nächsten Jahren wollen die Tschechen viel Geld in ein neues Besucherzentrum mit Gastronomie, Parkhaus und Radweganbindung investieren. Die Zahl der Besucher soll von bisher rund 60.000 auf 200.000 jährlich gesteigert werden.

Informationen: budejovickybudvar.cz

Links, Tipps, Praktisches:

Anreise: Am flexibelsten mit dem Auto oder Mietwagen. Doch sollten Fahrer nüchtern bleiben, denn in Tschechien gilt im Straßenverkehr eine strenge Grenze von null Promille. Städte wie České Budějovice (Budweis) und Humpolec sind an das Bahnnetz angeschlossen. Kamenice nad Lipou ist von Prag aus in rund zwei Stunden mit einem Linienbus zu erreichen.

Brauereibesichtigungen: Eine vorherige Anmeldung ist in jedem Fall erforderlich. Teilweise gilt eine Mindestteilnehmerzahl. Mit Ausnahme der Minibrauerei Hulvat verfügen alle Brauereien über eine ganzjährig geöffnete eigene Gaststätte mit Bierausschank.

Geld: Rund 25 Tschechische Kronen entsprechen einem Euro (Stand: 30.01.2025) Die Bezahlung mit Karte ist vielerorts möglich, aber vor allem auf dem Land bisher nicht selbstverständlich. Fünf bis zehn Prozent Trinkgeld gilt als angemessen.

Weitere Auskünfte: visitczechia.com (dpa)