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Kostenfrei stornieren möglich?Istanbul-Beben: Für Urlauber reiserechtlich schwierig

Lesezeit 3 Minuten
Menschen versammeln sich im Freien nach einem Erdbeben der Stärke 6,2. Experten geben derzeit keine Entwarnung – ein schwereres Hauptbeben kann noch kommen.

Menschen versammeln sich im Freien nach einem Erdbeben der Stärke 6,2. Experten geben derzeit keine Entwarnung – ein schwereres Hauptbeben kann noch kommen.

Die Erde bebt mehrfach in der Millionenmetropole am Bosporus. Und die Lage bleibt angespannt. Was das für Reisende bedeutet.

Nach der Erdbebenserie in Istanbul mit Erschütterungen von einer Stärke von bis zu 6,2 ist die Lage für Urlauber kompliziert. Zunächst gab es keine Berichte über eingestürzte Gebäude oder Schäden am Flughafen oder an U-Bahn-Linien. Doch Experten gaben keine Entwarnung – ein schwereres Hauptbeben könne noch kommen. 

Wer in diesen Tagen nach Istanbul fliegen will, sei reiserechtlich nun in einer schwierigen Situation, sagt die Reiserechtsexpertin Karolina Wojtal vom Europäischen Verbraucherzentrum (EVZ). Denn solche Prognosen und die Bilder vor Ort können Angst machen. Aber Angst oder Unbehagen allein rechtfertigen keine kostenfreie Stornierung.

Entscheidend ist immer die konkrete Lage vor Ort

„Man braucht etwas, auf das man sich berufen kann – doch ob eine Expertenmeinung hier schon ausreicht, ist fraglich.“ Formelle Warnungen des Auswärtigen Amtes vor Reisen in die Region zum Beispiel seien ein wichtiges Indiz, aber auch keine alleinige Voraussetzung für das Rücktrittsrecht, so die Expertin. Entscheidend ist immer die konkrete Lage vor Ort, nicht die persönliche Einschätzung des Reisenden.

Dennoch: Im Zweifel sollte jeder bewusst für sich entscheiden, ob er sich in eine größere Gefahr bringen möchte.

Kontakt zu Veranstalter aufnehmen

Wojtal rät Pauschalreisenden, das Gespräch mit dem Reiseveranstalter zu suchen – etwa, ob eine Umbuchung möglich ist oder eine Reise zu einem späteren Zeitpunkt. In der Vergangenheit seien Veranstalter in solchen Situationen oft selbst schon davon abgerückt, Reisen durchzuführen. Dann gab es das Geld für Urlauber zurück.

Eindeutiger liegt der Fall, wenn Zerstörungen vor Ort eine Reise erheblich beeinträchtigen oder konkrete Gefahr für das Wohlergehen bestehen. Dann können Pauschalurlauber immer kostenfrei stornieren. Man spricht hier von außergewöhnlichen Umständen. Zusätzliche Schadenersatzansprüche aufgrund entgangener Urlaubsfreuden bestehen aber nicht.

Wie entwickelt sich die Situation?

Mit Blick auf die Lage in Istanbul schätzt Wojtal: „Sollten die ersten Verletzten und Schäden durch das Beben gemeldet werden und die Erde weiter nicht stillstehen, wird man unvermeidbare Umstände annehmen können.“ 

Angaben des Istanbuler Gouverneursamt zufolge haben sich Menschen bei den bisherigen Beben vor allem bei Rettungsversuchen verletzt - weil sie aus Panik aus Gebäuden gesprungen seien.

Individualreisende sind schlechter dran

Für Individualreisende ist die Situation noch schwieriger: „Wenn der Flieger geht, geht er“, sagt Wojtal. Wer dann ohne Umbuchungsoptionen gebucht hat, bleibt auf den Ticketkosten sitzen, falls er sich gegen den Flug entscheidet. Kleiner Trost: Steuern und Gebühren bekommt man immerhin zurück.

Beim Hotel gilt ebenfalls: Wenn es weiterhin geöffnet hat, muss man - falls sich der Hotelier nicht kulant zeigt - mit den fälligen Stornokosten leben.

Was ist mit Urlaubern vor Ort?

Wer eine Pauschalreise gebucht hat, wird in der Regel vom Veranstalter kontaktiert und zur aktuellen Lage informiert. Große Reiseanbieter haben dafür eigene Krisenmanagement-Teams. Die Reiseveranstalter haben ihre Zielgebiete in der Regel im Blick, um im Fall der Fälle schnell agieren zu können, teilte eine Sprecherin des Deutschen Reiseverbandes (DRV) mit.

Muss die Reise wegen der Umstände vor Ort vorzeitig beendet werden, kümmern sich die Anbieter beispielsweise um den Weg zum Airport und die Rückflüge. Ist das Hotel nicht mehr sicher bewohnbar, werden sie versuchen, eine sichere Unterkunft zu besorgen. Auch hier sind Individualreisende schlechter abgesichert und müssen sich selbst kümmern. (dpa)