Der eine schrieb Hymnen der Friedensbewegung, der andere mischte die Musikwelt auf. Beide Musikidole sind in Minnesota geboren, doch ihre Wege könnten kaum unterschiedlicher sein. Eine Spurensuche.
Sound of the USAMinnesota-Musiktour: Auf den Spuren von Bob Dylan und Prince
![Wandgemälde eines Musikrevolutionärs: Prince-Mural in Minneapolis.](https://static.ksta.de/__images/2025/02/17/0257de8a-ebb7-4c97-ada5-dc90bee2064c.jpeg?q=75&q=70&w=2000&h=1384&fm=jpeg&s=f573dc64f4d85257b3d68acd8fec29e7)
Wandgemälde eines Musikrevolutionärs: Prince-Mural in Minneapolis.
Copyright: Verena Wolff/dpa-tmn
Es muss eine etwas trostlose Kindheit gewesen sein, die Robert Allen Zimmerman in der Kleinstadt Hibbing in Minnesota verbrachte. Irgendwo im Nirgendwo, in jenem US-Bundesstaat im Mittleren Westen, in dem die Winter lang und windig sind und die Sommer kurz. Die Grenze nach Kanada ist nah, die nächste große Stadt, Chicago, dafür fast 1000 Kilometer entfernt.
Geboren wird Zimmerman, der später als Bob Dylan zu Weltruhm kommen sollte, 1941 in Duluth am Oberen See. Die Eltern sind Einwanderer aus Russland. „Der Vater erklomm die Karriereleiter bei Standard Oil“, sagt Ed Newman, Autor des Buches „Bob Dylan in Minnesota“.
1947 zieht die Familie weiter nach Nordwesten, nach Hibbing, wo der Vater in einem Geschäft für Elektrogeräte anheuert und der Sohn sich für die Musik von Buddy Holly, Bill Haley & His Comets, Chuck Berry, Little Richard und den anderen Rock 'n' Rollern der 1950er-Jahre begeistert.
Seine eigene Band, The Jokers, sei recht erfolgreich gewesen im ländlichen Minnesota, sagt Bill Pagel. Ihm gehört das Haus, in dem die Familie in Hibbing lebte – und er besitzt zahlreiche Erinnerungsstücke.
Aus der Provinz zum Nobelpreis
Bob ist seiner Zeit voraus. „Schon mit zwölf Jahren schreibt er Gedichte, teils eher absurd, textet auf jeder Unterlage, die er nur finden kann“, so Pagel. Erhalten sind einige an der Adresse 2425 7th Ave. E in Hibbing, dem Elternhaus. Der Mann mit den krausen Locken hat sie ein Leben lang gesammelt, auch die Häuser der Zimmermans in Hibbing und Duluth konnte er erwerben.
Zu jeder Devotionalie hat Pagel eine Geschichte parat: Da ist die Porzellanschüssel, deren Deckel Robert zerschmissen hat, dort ein paar Singles im alten Kinderzimmer, das er mit seinem Bruder teilte. Im Keller Bilder vom Schulabschluss, Liedtexte, Briefe – und die Urkunde, die aus Robert Zimmerman 1962 Bob Dylan machte.
![Sammler und Fan: Bill Pagel besitzt gleich zwei ehemalige Dylan-Immobilien.](https://static.ksta.de/__images/2025/02/17/00865647-baaa-4137-9b80-a55213f02e8b.jpeg?q=75&q=70&w=2000&h=1370&fm=jpeg&s=248e5efa8302972d3eff354f091811c8)
Sammler und Fan: Bill Pagel besitzt gleich zwei ehemalige Dylan-Immobilien.
Copyright: Verena Wolff/dpa-tmn
Die High School ist ein paar Blocks die Straße hinauf, ein Denkmal erinnert dort an den bekanntesten Schüler der „Class of 1959“, der 2016 für seine Texte mit dem Nobelpreis ausgezeichnet wurde.
Minnesota spielt immer mal wieder eine Rolle in seinen Texten. Das „Girl from the North Country“ ist wohl Echo Helstrom, seine erste Freundin. Der „Highway 61 ... begins about where I begun“, schreibt er in seinen Memoiren – in Duluth nämlich und windet sich dann am Nordufer des Oberen Sees entlang - bis nach Kanada.
Duluth ist aber nicht nur Dylans Geburtsstadt, sondern auch der Ort, an dem er als Jugendlicher Buddy Holly live auf der Bühne der Armory sah – „drei Tage, bevor dieser mit dem Flugzeug tödlich verunglückte“, sagt Biograph Newman beim Rundgang durch den heute ruinösen ehemaligen Waffenspeicher, der zwischenzeitlich als Eventlocation genutzt wurde.
Prince gilt als Revolutionär der Musik
Minneapolis, größte Stadt im US-Staat, spielt keine große Rolle im Leben von Bob Dylan. Zwar ist er dort ein Jahr an der Universität eingeschrieben. Doch die Zeit verbringt er laut Pagel damit, Konzerte zu spielen, ehe er weiterzieht nach New York.
Aber ein anderer Großer der Popgeschichte erblickt am 7. Juni 1958 in der Stadt am Mississippi das Licht der Welt, als Sohn einer Jazzsängerin und eines Pianisten: ein gewisser Prince Rogers Nelson.
Prince, so heißt es in seinem Anwesen „Paisley Park“ im Vorort Chanhassen, schreibt mit sieben Jahren seinen ersten Song „Funk Machine“ – und macht sich als 19-Jähriger auf an die Westküste, um einen Plattenvertrag zu bekommen.
![Typisch Prince: Kostüme wie solche trug er. Zu sehen auf einer Tour im Anwesen «Paisley Park».](https://static.ksta.de/__images/2025/02/17/551c82b8-d68c-4212-92ba-2eb3faacf92b.jpeg?q=75&q=70&w=2000&h=1380&fm=jpeg&s=5c731bab90a4eaa58ddf5c62ceebf212)
Typisch Prince: Kostüme wie solche trug er. Zu sehen auf einer Tour im Anwesen „Paisley Park“.
Copyright: Verena Wolff/dpa-tmn
Warner Bros. nimmt den jungen Mann, der zum Musikrevolutionär werden sollte, unter Vertrag. „Doch sie ließen ihn seine Songs neu aufschreiben, weil ihm niemand glaubte, dass er sämtliche Tracks selbst geschrieben hatte“, sagt Nnombie, ein junger Musiker, der durch das Anwesen führt. Prince lässt es 1986 bauen: als Wohnung, als Studio, als eigene kleine Welt. Ganz anders als Bob Dylan sucht Prince das Rampenlicht, sorgt mit seinen Outfits und seiner Musik für Aufsehen.
„Bis heute gilt er als eines der größten Genies der populären Musik“, so der Guide. Als Prince im „Paisley Park“ einzieht, ist alles technisch up to date, es gibt zahlreiche Instrumente, die er nach seinen Wünschen anfertigen lässt.
Ein lilafarbener Yamaha-Flügel zum Beispiel, der im größten Studio steht. In einem anderen Studio: eine Linn-Orgel, die er so manipuliert, dass er damit seinen typischen Prince-Sound kreieren kann.
Lila ist nicht die Lieblingsfarbe von Prince, obwohl vieles in „Paisley Park“ lila ist oder einer der bekanntesten Hits „Purple Rain“ heißt. Orange war die favorisierte Farbe des Künstlers, Snickers seine Lieblings-Süßigkeit und Pfannkuchen die Leibspeise, versichert Guide Nnombie.
Oscar und „Love Symbol“
„Paisly Park“ thematisiert auch die Zeit ein, in der Prince als „The Artist formerly known as Prince“ auftritt. Das Symbol, das er statt eines Namens verwendet, wird bekannt als „Love Symbol“ - in dessen Form er auch Gitarren anfertigen lässt. „Das war kein besonderer Exzess des Künstlers, sondern sein Protest gegen seine Plattenfirma im Streit um die Urheberrechte an seinen Songs“, sagt der Guide.
Viele Facetten des Musikers werden dokumentiert, Einblicke in das musikalische und das Privatleben des Künstlers gegeben – von seinem Tod durch eine Überdosis eines Schmerzmittels allerdings ist keine Rede. Dafür bekommt man auch Kostüme, Schuhe, Autos und andere Memorabilien präsentiert und den Oscar, den Prince für den Film „Purple Rain“ bekam.
Zurück in Minneapolis, lockt der „First Avenue Club“, in gleichnamiger Straße kaum zu übersehen mit seinen vielen Sternen auf der schwarz gestrichenen Mauer. Auf einem steht „Prince“. Aber auch die Namen von Bands wie Hüsker Dü, The Replacements, Semisonic, Hippo Campus, Soul Asylum oder Lizzo, die hier ihre ersten Auftritte hatten.
![Fassade am «First Avenue Club»: Sterne mit Namen von Künstlern, die hier auftraten.](https://static.ksta.de/__images/2025/02/17/d70e3c2d-7e0e-4948-9b8c-293b735707e1.jpeg?q=75&q=70&w=2000&h=1332&fm=jpeg&s=8a1a003b25b12acbfcbb3e82cc49d419)
Fassade am „First Avenue Club“: Sterne mit Namen von Künstlern, die hier auftraten.
Copyright: Craig Lassig/epa/dpa-tmn
Schräg gegenüber an einer belebten Kreuzung: ein riesiges Mural von Prince, nicht zu übersehen und überwiegend in Lila gehalten. Und ein paar Blocks entfernt ist Bob Dylan dann doch noch präsent in Minneapolis, ebenfalls als Wandgemälde, aufgesprüht von Straßenkünstler Eduardo Kobra hinter einem Parkplatz im Warehouse District.
Links, Tipps, Praktisches:
Reiseziel: Minnesota liegt im Mittleren Westen und grenzt an Wisconsin, Iowa sowie North und South Dakota.
Anreise: Nonstop-Flüge nach Minneapolis – Saint Paul (MSP) gibt es ab Frankfurt am Main. Alternative: Direktflug nach Chicago, von dort mit einem Anschlussflug oder dem Auto weiter nach Minnesota.
Einreise: Deutsche Urlauber benötigen in den USA kein Visum, müssen unter https://esta.cbp.dhs.gov aber eine elektronische Einreiseerlaubnis einholen (Esta-Verfahren). Sie kostet 21 US-Dollar (gut 20 Euro) und ist zwei Jahre lang gültig.
Klima: Die schönsten Reisezeiten sind Frühjahr und Herbst. Die Sommer sind im Süden des Staates warm und feucht, im Norden angenehm. Im Winter können die Temperaturen zeitweise tief ins Minus sinken.
Währung: 1 US-Dollar entspricht 0,96 Euro (Stand: 13.2.2025)
Auf Musiktour: Chanhassen ist eine knapp halbe Autostunde von Minneapolis entfernt. Nach Duluth sind es ab Minneapolis gut zwei Stunden, nach Hibbing zusätzlich eineinhalb. Spätestens dort ist man angekommen im North Country, dem Nordland, von dem Bob Dylan singt. Die Hibbing Public Library zeigt eine Bob-Dylan-Ausstellung. Das Bob-Dylan-Elternhaus in Duluth ist kein Museum. Der Eintritt zum «Paisly Park» in Chanhassen, kostet ab 75 US-Dollar, Mindestalter sieben Jahre. Im „First Avenue Club“ in Minneapolis finden regelmäßig Konzerte statt, Programm auf der Website.
Weitere Auskünfte: exploreminnesota.com (dpa)