AboAbonnieren

Stau, Streik, SchneesturmPendeln Sie? Welche Regeln Sie dann kennen sollten

Lesezeit 4 Minuten
Egal, ob Stau oder widrige Wetterverhältnisse: Beschäftigte müssen dennoch dafür sorgen, pünktlich bei der Arbeit zu erscheinen.

Egal, ob Stau oder widrige Wetterverhältnisse: Beschäftigte müssen dennoch dafür sorgen, pünktlich bei der Arbeit zu erscheinen.

Wer pendelt, steht immer wieder vor der Herausforderung, pünktlich am Arbeitsplatz zu sein. Darf der Arbeitgeber bei der Wahl des Verkehrsmittels reinreden? Und was, wenn man doch zu spät ist?

Millionen Menschen in Deutschland pendeln täglich von ihrer Wohnung zur Arbeit und zurück. Ein Unfall auf der Autobahn, ein defekter Zug, ein Streik im ÖPNV: Den Arbeitsweg ohne Hindernisse zurückzulegen, ist für viele Pendlerinnen und Pendler eher die Ausnahme als die Regel. Welche Rechte und Pflichten haben sie ihrem Arbeitgeber gegenüber? Antworten auf wichtige Fragen. 

Darf mein Arbeitgeber vorschreiben, mit welchem Verkehrsmittel ich zur Arbeit kommen soll?

Kurz und knapp: Nein, das darf er nicht. „Der Arbeitsweg ist grundsätzlich Sache des Arbeitnehmers“, sagt Till Bender, Sprecher bei der Rechtsschutz-Abteilung des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB). Zwar ist pünktliches Erscheinen Pflicht, doch wie und wann oder womit jemand losfährt, bleibt jedem selbst überlassen.

Wer zahlt die Kosten für den Arbeitsweg?

Die Kosten trägt der Arbeitnehmer, kann sie aber steuerlich absetzen. Manche Arbeitgeber beteiligen sich anteilig, etwa mit Fahrtkostenzuschüssen oder einem Jobticket. „Das ist jedoch eine freiwillige Leistung und Verhandlungssache“, sagt Nathalie Oberthür, Fachanwältin für Arbeitsrecht. 

Zählt der Fahrtweg als Arbeitszeit?

Nein, denn „der Arbeitsweg ist im Grundsatz Privatsache“, sagt Till Bender. Zwar könnte man theoretisch etwas anderes vereinbaren, sagt Anwältin Oberthür, doch in der Praxis geschieht das selten. Immerhin: Der Weg zur Arbeit und zurück ist durch die gesetzliche Unfallversicherung abgedeckt.

Wann habe ich Anspruch auf Dienstwagen, Jobrad oder Jobticket?

„Das lässt sich alles verhandeln, aber verlangen kann man es nicht“, sagt Oberthür. Einen gesetzlichen Anspruch gibt es nicht. „Solche Zusatzleistungen können durch den Betriebsrat mitgestaltet werden, falls es einen gibt“, sagt Bender. Nur wenn Tarifverträge oder Betriebsvereinbarungen entsprechende Regelungen vorsehen, können Arbeitnehmer Ansprüche geltend machen.

Wann habe ich Anspruch auf Alternativen zum Pendeln?

Hier gibt es ebenfalls keinen gesetzlichen Anspruch. „Ganz hart gesagt hat man sich den Job selbst ausgesucht und muss mit den Konsequenzen leben“, sagt Till Bender. Beispielsweise kann aber eine Homeoffice-Regelung ausgehandelt werden. Einfach der Arbeit fernzubleiben, weil die Anfahrt zu lang, beschwerlich oder teuer ist, ist nicht erlaubt.

Eine Ausnahme gibt es: Der Arbeitgeber muss laut Nathalie Oberthür sicherstellen, dass die Arbeit möglich ist. Wer etwa als Fahrradkurier arbeitet, hat Anspruch auf ein vom Arbeitgeber gestelltes Fahrrad. Soll das eigene Fahrzeug genutzt werden, müssen die Kosten erstattet werden.

Muss mein Arbeitgeber einen Parkplatz stellen?

Der Arbeitgeber ist nicht verpflichtet, Parkplätze anzubieten – weder in der Stadt noch auf dem Land und unabhängig von der Größe des Betriebs. Oft gibt es aber Parkplätze, etwa bei Betrieben „auf der grünen Wiese“ ohne Anbindung an öffentliche Verkehrsmittel, so Bender. „Das bringt ja auch dem Arbeitgeber Vorteile, wenn die Mitarbeitenden komfortabel parken können und schnell am Platz sind.“

Mietet ein Arbeitgeber Parkplätze an, zum Beispiel in einem Parkhaus neben dem Betrieb, kann er die Kosten aber weitergeben. Analog gilt: Wer beispielsweise in der Stadt nur einen kostenpflichtigen Parkplatz findet, muss den selbst bezahlen.

Wetter, Streik, Stau: Was, wenn ich nur zu spät oder nicht zur Arbeit kommen kann?

In solchen Fällen gibt es für die verlorene Zeit keinen Lohn, erklärt Nathalie Oberthür. Auch höhere Anfahrtskosten trägt der Arbeitnehmer. Unpünktlichkeit gilt als Pflichtverletzung und kann Abmahnungen, Lohnkürzungen oder im Wiederholungsfall eine Kündigung nach sich ziehen. 

Entscheidend ist, ob die Verspätung vorhersehbar war: Wurde der Streik rechtzeitig angekündigt? Hat der Deutsche Wetterdienst (DWD) vor starkem Schneefall gewarnt? Oder war der Stau durch einen Unfall unvorhersehbar?

Bei einem Streik im Nahverkehr, der bereits angekündigt war, müssen Beschäftigte dann entsprechend reagieren und etwa das Auto nehmen und genügend Zeit einplanen - oder falls möglich von zu Hause aus arbeiten.

Ein unvorhersehbarer Stau entlastet den Arbeitnehmer. Wer jedoch täglich zur gleichen Zeit in die Stadt fährt, kennt die üblichen Stoßzeiten und sollte früher losfahren oder eine Ausweichroute wählen, um zähen Verkehr zu vermeiden. Und ist etwa Blitzeis angekündigt, müssen Sie ebenfalls Vorsorge treffen, um pünktlich zur Arbeit zu erscheinen.

Immer ratsam: Zeichnet sich ab, dass man sich verspäten wird, rechtzeitig den Arbeitgeber informieren.

Muss ich die verlorene Zeit nacharbeiten, wenn ich zu spät komme?

Egal, warum Sie zu spät kommen: Ihr Arbeitgeber darf nicht verlangen, dass Sie die verlorene Zeit nacharbeiten. „Auch wenn das in der Praxis oft vorkommt“, sagt Bender. Die Arbeitszeit ist in der Regel festgelegt und nicht beliebig verlängerbar – es sei denn, es gibt Gleitzeit oder Vertrauensarbeitszeit. (dpa)