Rechtliche HürdenDer lange Weg zur Regenbogenfamilie
Das Lachen von Kindern erleben, gemeinsam wachsen, als Familie zusammen sein: Das sind ganz alte, gesellschaftlich anerkannte Ziele. Für gleichgeschlechtliche Paare war das allerdings lange Zeit keine echte Perspektive. Erst in den vergangenen Jahren hat sich ihre rechtliche Stellung verbessert, und es werden immer mehr Alltagsmodelle bekannt, in denen eigene Kinder eine große Rolle spielen. Den Kinderwunsch zu erfüllen, ist für homosexuelle Paare allerdings nicht leicht.
Anja war müde. Der kleine Jonas, acht Monate alt, hatte sie die vorangegangenen Nächte wach gehalten. Und dann fragte sie der Familienrichter, warum sie Jonas adoptieren wolle. „Obwohl ich vorbereitet war, hat mich diese Frage dann doch irritiert“, erinnert sie sich. „Schließlich war ich seit seiner Geburt für ihn da.“ Der erfolgreiche Termin beim Familiengericht war für Anja und ihre eingetragene Lebenspartnerin Kim der finale Schritt zur Bildung ihrer Regenbogenfamilie. Jonas ist nun ganz offiziell das Kind seiner leiblichen Mutter Kim und der Stiefmutter Anja.
Schwuler Freund spendete den Samen
Der Weg der beiden Berliner Mütter zum eigenen Kind war lang. Anfangs war klar: „Wir leben nicht so, dass ein Kind selbstverständlich ist“, erinnert sich Anja. Doch im Bekanntenkreis gab es nach und nach erste Regenbogenfamilien, das Thema Nachwuchs drängte sich in den Vordergrund. Und rein biologisch hatten die beiden Frauen ja die Möglichkeit, schwanger zu werden.
„Wenn jemand unsere Familienkonstellation neu kennenlernt, wird oft zuerst nach dem Zeugungsweg gefragt“, sagt Anja. Jonas hat natürlich einen biologischen Vater. Es ist ein schwuler Freund, der gemeinsam mit seinem Partner am Leben von Jonas teilhat. Vater wurde er per Insemination. Das ist der medizinische Fachbegriff für das Einbringen von Spendersamen in die Gebärmutterhöhle, praktiziert wird es als „Bechermethode“ oft in den eigenen vier Wänden. Dem Samenspender sichert es bei einer Frau ohne Ehemann alle Vaterrechte.
„In einer eingetragenen Lebenspartnerschaft hat die Partnerin nur das kleine Sorgerecht“, erklärt Manfred Bruns, ehemaliger Bundesanwalt und Vorstandsmitglied des Lesben- und Schwulenverbands (LSVD). Das bedeutet, sie darf in Alltagsfragen mitbestimmen. „Als Bezugsperson erwirbt man sich außerdem ein Umgangsrecht, und über ein Testament kann man für den Todesfall die Partnerin als Vormund angeben“, ergänzt der Jurist.
Erst über eine Stiefkindadoption wird der Nachwuchs rechtlich einwandfrei zum Kind beider Mütter. Allerdings geht das nur mit einer unwiderruflichen Zustimmung des Vaters. „Wir haben gemeinsam schon in der Schwangerschaft schriftlich festgehalten, dass er einer späteren Stiefkindadoption zustimmt“, sagt Kim. „Das hat mir viel Sicherheit gegeben.“
Bei einer Samenspende hat nur einer Vaterrechte
Schriftliche Vereinbarungen über die geplante Familienkonstellation hält auch Constanze Körner für ratsam. Sie leitet in Berlin-Schöneberg das Regenbogenfamilienzentrum, eine der ersten Anlaufstellen für gleichgeschlechtliche Paare mit Kindern beziehungsweise dem Wunsch, eigene zu bekommen. „Es muss aber ein Grundvertrauen da sein, das zu schaffen.“
Ein Pluspunkt von Kindern aus Regenbogenfamilien liegt aus Körners Sicht auf der Hand: „Das sind alles Wunschkinder! Und sie haben mehrere Eltern - das ist ein Chance.“
Das Gesetz kennt nur zwei Elternteile - welche rechtlichen Fragen gleichgeschlechtliche Paare bedenken sollten, lesen Sie auf der nächsten Seite.
Allerdings kennt das Gesetz nur zwei Elternteile, auch wenn in der Realität andere Modelle gut funktionieren. Schwierig ist diese gesetzliche Beschränkung vor allem für schwule Paare mit Kinderwunsch. Bei einer Samenspende hat nur einer Vaterrechte, sein Partner ist in Bezug auf das Kind weitgehend rechtlos. Bei einer Stiefkindadoption wie bei Anja und Kim sind die Männer rechtlich ganz außen vor - auch wenn sie im Alltag eine große Rolle spielen.
„Schwierig wird es immer dann, wenn es Uneinigkeit in Erziehungsfragen gibt oder ein Teil dieser Familie wegzieht“, sagt Manfred Bruns. Auch dafür sind schriftliche Vereinbarungen wichtig. Im schlimmsten Streitfall können sie bei einer gerichtlichen Klärung Hinweise geben.
Laut LSVD hat jedes zweite gleichgeschlechtliche Paar einen Kinderwunsch. Frauen wünschen meist einen sozialen Vater, der eine Beziehung zum Kind pflegt. „Das ist eine grundsätzliche Entscheidung. Die Alternative dazu ist der Besuch einer Samenbank“, sagt Constanze Körner. Auch hier gibt es rechtliche Fallstricke. Aber für gleichgeschlechtliche Paare gilt ohnehin: Ein Rechtsbeistand gehört zum Kinderwunsch dazu.
Eine weitere Möglichkeit ist es, ein Pflegekind anzunehmen oder zu adoptieren. Allerdings kann nach aktueller Gesetzeslage zunächst nur ein Partner einer eingetragenen Lebenspartnerschaft allein adoptieren, der zweite kann später erst über die sogenannte Sukzessivadoption dazu kommen. „Ein Adoptionsvermittlungsverfahren dauert an sich schon lange“, sagt Birgit Zeller, Vorsitzende der Bundesarbeitsgemeinschaft Landesjugendämter. „Die Voraussetzungen sind dabei für Einzelpersonen nicht anders als für Paare.“
Der Haken an der Sache: „Auf ein Kind kommen derzeit sieben Bewerber„, sagt Zeller. Mehr Chancen bietet eine Bewerbung als Pflegeeltern, die auch gleichgeschlechtlichen Paaren bundesweit möglich ist. Auch hier wird sehr umfangreich die Eignung geprüft. Da sie auf aber auf anderen rechtlichen Grundlagen beruht, sind gleichgeschlechtliche Paare als Pflegeeltern häufiger vertreten. (dpa)
Erwachsene können nur mit einem gewissen Altersabstand adoptiert werden. Es muss eine Eltern-Kind ähnliche Beziehung vorliegen. Dies ist in der Regel jedoch nicht der Fall, wenn der Altersunterschied lediglich zwölf Jahre beträgt. Das hat das Kammergericht Berlin entschieden (Az.: 17 UF 42/13), wie die Arbeitsgemeinschaft Familienrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) mitteilt.
In dem verhandelten Fall hatten sich der Mann und die Frau gut ein Jahr vor dem Adoptionsantrag kennengelernt. Sie war 74, er 62 Jahre alt. Nachdem das Amtsgericht den Antrag abgelehnt hatte, legten beide Beschwerde gegen diese Entscheidung ein. Sie hatten jedoch keinen Erfolg.
Ein Antrag auf eine Volljährigenadoption könne nur genehmigt werden, wenn die Beziehung einem Eltern-Kind-Verhältnis entspreche. In diesem Fall sei davon auch nicht in der Zukunft auszugehen. Der Altersunterschied zwischen den Personen sei zu gering, argumentierten die Richter.