Alkohol erst ab 18?„Es bringt nicht immer etwas, Dinge zu verbieten“
- Der Suchtbeauftragte der Bundesregierung stellt einen anderen Umgang mit Alkohol bei Jugendlichen zur Diskussion. Auch Bier und Wein sollten erst ab 18 Jahren verkauft werden, so seine Überlegung.
- Wie sinnvoll ist ein solches Alkoholverbot für Jugendliche? Darüber haben wir mit Markus Theis von der „Jugend Sucht Beratung“ des SKM in Köln gesprochen.
Köln – Herr Theis, der Beauftragte der Bundesregierung für Sucht- und Drogenfragen, Burkhard Blienert (SPD), überlegt, Bier, Wein und Schaumwein nicht mehr an Jugendliche zu verkaufen, sondern erst ab 18 Jahren abzugeben. Die Verfügbarkeit von Alkohol sei zu niedrigschwellig. Was halten Sie von dieser Idee?Markus Theis: Generell sind diese Äußerungen zu begrüßen. Eine Diskussion darüber anzustoßen ist eine gute Möglichkeit, Impulse zur Reflexion zu geben und somit Menschen für das Thema Alkoholmissbrauch zu sensibilisieren. Erst ab 18 Alkohol zu trinken, hat natürlich etwas für sich. Dennoch ist aus Sicht der Prävention die jetzige Aufteilung sinnvoll und passend: Bier, Wein und Schaumwein sind ab 16 erlaubt, Spirituosen erst ab 18. Aus Präventionssicht sollten Menschen einen sinnvollen, bewussten, genussvollen und sozial verträglichen Konsum lernen. Wein und Bier sind ein ganz gutes Übungsfeld, um mit der Wirkung von Alkohol umzugehen.
Eine weitere Idee von Blienert ist, die Werbung für Alkohol einzuschränken.
Ein Werbeverbot für Alkohol wird in Präventionskreisen schon länger thematisiert und wäre sinnvoll, weil es bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen Wirkung zeigte. Vor einigen Jahren wollte die damalige Drogenbeauftragte Sabine Bätzing-Lichtenthäler bereits ein Werbeverbot durchsetzen, ist aber an der erheblichen Alkohol-Lobby gescheitert.
Ist es nicht realitätsfern zu glauben, ein Verbot würde dazu führen, dass unter 18-Jährige keinen Alkohol mehr trinken?
Was strikte Verbote bringen, sehen wir ja am Beispiel Cannabis. Geraucht wird trotzdem. Ein Verbot wäre auch in der Umsetzung sehr schwierig und träfe auf keine hohe Akzeptanz in der Bevölkerung. Alkohol komplett zu verbieten entspricht auch nicht dem, was Jugendliche ab 16 leisten können und was man ihnen emotional und geistig zutrauen kann. Bei einer Familienfeier darf ein 16-Jähriger meiner Meinung nach auch einen Wein oder ein Bier trinken. Es bringt nicht immer etwas, Dinge zu verbieten.
Andererseits: Wenn Jugendliche im Supermarkt oder am Kiosk keinen Alkohol mehr bekämen, würden sie vielleicht auch weniger trinken….
Natürlich gibt es Jugendliche, die deutlich zu viel trinken. Sie lassen sich auch deutlich härtere Sachen als Wein und Bier von Über-18-Jährigen kaufen. Viele experimentieren herum und brauchen eine Weile, bis sie wissen, wie viel und wie schnell sie trinken können. Das sind Lernprozesse, die die meisten von uns irgendwann durchlaufen haben – und da kommt es natürlich auch zu Exzessen oder sogar Krankenhausaufenthalten. Das ist keine schöne Erfahrung für alle Beteiligten. Ich glaube aber nicht, dass sich das über Verbote lösen lässt. Wenn wir erwarten, dass Menschen verantwortungsvoll mit Alkohol umgehen, müssen wir ihnen auch die Möglichkeit geben, dies zu erlernen. Dazu gehört in der Phase des Kennenlernens und Experimentieren auch der Versuch und Irrtum.
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Was wäre ein guter Ansatz, um Jugendliche vor Alkoholmissbrauch zu bewahren?
Dazu bräuchten wir insgesamt in der Gesellschaft einen verantwortungsvollen Umgang mit Alkohol, keinen missbräuchlichen und keinen abhängigen Konsum. Es geht darum, dass Jugendliche gar nicht erst diesen Umgang erlernen. Das können sie nur, indem sie sich abschauen, wie zum Beispiel bei den Eltern und bei Familienfeiern Alkohol konsumiert wird. Eltern sollten ein gutes Vorbild sein und Alkohol nur in begrenztem und genussvollem Maße trinken. Wichtig ist außerdem, dass Jugendliche andere Möglichkeiten wie Sport und Hobbys haben, um ihre Emotionen und Befindlichkeiten anders zu regulieren als über Alkohol.
Beratungsstelle „Jugend Sucht Beratung“ in Köln
Die Beratungsstelle „Jugend Sucht Beratung“ des SKM in Köln bietet Prävention, Frühintervention und Beratung von Jugendlichen, jungen Erwachsenen und deren Eltern an. Alle Fragen zum Umgang mit Alkohol, Zigaretten, Cannabis, Essverhalten, Internet, Glücksspiel oder Handy werden beantwortet.
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Jetzt steht Karneval vor der Tür. Nicht gerade die Zeit, in der Erwachsene ein gutes Vorbild in Sachen Alkohol abgeben.
Die Prävention will da kein Moralapostel sein, es geht nicht darum, mit dem erhobenen Zeigefinger daher zu kommen und das Trinken zu verbieten. Wichtig ist nur, sein eigenes Konsumverhalten ab und an zu reflektieren. Und da werden viele zugeben müssen, dass sie an Karneval deutlich mehr trinken als es genussvoll wäre. Und dieses Recht haben Jugendliche genauso. Sie werden sicher auch mal über die Stränge schlagen. Es geht darum zu verhindern, dass sich das zu oft wiederholt. Sie dürfen ihre Erfahrungen machen, aber es darf keine Gewohnheit werden.