Rösrather SchulenIch fahre mein Kind mit dem Auto – und bin keine Helikopter-Mutter!
In Rösrath kommt es vor der Schule zum Verkehrs-Chaos, weil zu viele Eltern ihre Kinder mit dem Auto zur Schule bringen und auch wieder abholen. Unsere Redakteurin kommt selbst aus dem Bergischen und schreibt, warum sie sich ärgert. Nicht über die vielen Autos. Sondern über die nicht endenden Vorwürfe an Eltern.
Wieder einmal werden wir als Helikopter-Eltern bezeichnet, die alles für ihre Kinder tun, die sie überbehüten und schlecht loslassen können. Ich scheue mich vor diesem Schubladen-Denken. Es nervt gehörig!
Es ist nämlich so: Auch ich fahre meine Grundschulkinder mit dem Auto zu Schule. Für eine Helikopter-Mom halte ich mich trotzdem nicht. Warum auch? Ich fahre sie ja mit dem Auto und fliege sie nicht mit dem Hubschrauber ein. Aber im Ernst.
Wenn der Weg zur Schule zu weit ist
Niemand sollte sich anmaßen, alle Eltern über einen Kamm zu scheren. Wir wohnen sehr ländlich im Bergischen, außerhalb der Ortschaft, die Grundschule ist relativ weit entfernt.
Wir wohnen auf einem Berg, die Strecke zwischen Haus und Tal ist 700 Meter lang. Auf diesem Weg gibt es keinen Bürgersteig, die Kinder müssten auf der Straße laufen und die Fahrer rasen, weil sie auf der Strecke nicht mit Personen rechnen. Im Tal müssten sie noch einmal einen guten Kilometer bis zur Schule gehen.
Ja, ich bin diese Strecke als Kind manchmal zu Fuß gegangen. Kleines blondes Mädchen mit grünem Ranzen. Aber ehrlich gesagt gab es damals noch nicht so viele Autos – und vor allem nicht so schnelle. Ganz zu schweigen von den Motorradfahrern, die sich im Bergischen gern mal in die Kurven legen.
Verschiedene Gründe für das Bringen mit dem Auto
Hinzu kommt: Ich fahre mit dem Auto zur Arbeit. Auf dem Weg nehme ich die Kinder mit. Heutzutage arbeiten eben auch die Mütter, bei vielen ist es also auch eine Sache der morgendlichen Organsisation, wenn die Kinder gebracht werden.
Eine Mutter, die arbeitet. Eine Helikopter-Mom, nur weil sie die Kinder fährt? Wohl kaum. Aber schimpfen können sie alle über uns. „Die fahren ihre Kinder bis in den Klassenraum!“ So heißt es dann.
Warum drei von vier Kindern heute mit dem Auto gebracht werden.
Mag sein, dass einige Eltern noch mit bis zur Tür kommen. Aber wer schaut hinter die Fassade? Vielleicht hat der Erstklässler einfach noch Eingewöhnungsschwierigkeiten? Oder wurde gestern auf dem Schulweg gemobbt? Wir wissen es nicht, also sollten wir und keine vorschnellen Urteile bilden.
Warum nicht alle Autofahrer Helikopter-Eltern sind
Drei von vier Schulen haben bundesweit ein Problem mit dem Bring-und Abholverkehr, sagt Jens Leven vom Wuppertaler Büro für Forschung, Entwicklung und Evaluation (Bueffee). Fast die Hälfte der Schüler würde bei schlechtem Wetter von den Eltern gebracht.
Ganz ehrlich: Auch das kann ich verstehen! Wenn gerade die letzte Erkältung wieder zwei Wochen auf unseren Nerven getanzt hat, dann möchte auch ich die Kinder schützen, indem ich sie nicht den ganzen Tag in nasser Kleidung im Unterricht sitzen lasse.
Ich bin trotzdem keine Helikopter-Mom. Ich kreise nicht wachend über den Kindern, sie dürfen auf Bäume klettern, allein in den Wald, sie werden nicht per Apps überwacht oder in Watte gepackt. Und in vielen anderen Familien wird das auch so sein, obwohl sie von ihren Eltern zur Schule gebracht werden.
Natürlich ist es toll für Kinder, ihren Schulweg allein zu meistern. Die Bewegung, die Selbständigkeit! Es gibt aber eben – besonders auf dem Land – verschiedene Gründe, die Kinder trotzdem mit dem Auto zu bringen. Von uns aus fährt zum Beispiel gar kein Bus zur Grundschule.
Aber ganz gleich, welcher Grund auch sonst zutrifft: Das ist keine Berechtigung, uns alle als Helikopter-Behüter zu bezeichnen. Vielmehr braucht es Ideen, wie das Problem zu den Bring- und Abholzeiten an den Schulen gelöst werden könnte, wie sie das Team von Bueffee nun eingebracht hat.
Es betrifft fast alle Schulen, also braucht es Lösungen
Ein Parkplatz in der Nähe, von dem aus die Kinder dann zu Fuß gehen können, damit sich der Verkehr nicht vor der Schule staut... das wäre eine tolle Lösung. Ich wäre sofort dabei, um die letzten zwei Grundschuljahre für unsere zwei Jüngsten noch ganz unhelikoptermäßig über die Bühne zu bringen. Und um sie dann wie unser ältestes Kind auf die weiterführende Schule zu entlassen.
Dort fährt das Kind mit dem Linienbus hin. Ganz allein mit seinen zehn Jahren. Ohne seine angeblichen Helikopter-Eltern übrigens, die es in Grundschulzeiten immer gefahren haben. (lha)
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