Sibylle und Rosa haben in den 28 Jahren ihrer Freundschaft Krisen und Widerständen getrotzt. Wie haben sie das zusammen geschafft?
Freundinnen seit 28 JahrenWas macht eure Freundschaft aus? Zwei Frauen aus Köln erzählen
Sie wussten natürlich, wer die andere ist – schließlich waren Sibylle Kaminski und Rosa Henkel damals in den 90ern beide Teil der Kölner Frauenbewegung. Erst eine U-Bahn-Fahrt aber sollte der Beginn ihrer besonderen Freundschaft werden. „Wir kannten uns aus dem ‚Arbeitskreis Frauen‘ und waren an diesem Tag beruflich zusammen unterwegs“, erinnert sich Rosa, „da sagte mir Sibylle, dass sie schwanger ist.“ Diese Nachricht sei in der feministischen Blase ein echter Aufreger gewesen. „Mutter zu werden und zu heiraten, das war verpönt“, erzählt Rosa, „denn man koalierte sozusagen mit dem Feind.“
Gemeinsam durch Babyzeit und Familienkrisen
Was Sibylle zu der Zeit noch nicht wusste: Auch Rosa war schwanger und erleichtert, dass sie nun eine Verbündete hatte. „Das war für uns ein großer Glücksfall“, sagt Sibylle, „wir konnten zusammen den Gegenwind aushalten, unsere Sorgen teilen und uns gemeinsam auf die Babys freuen.“ Die Töchter Leona und Marla kamen im Abstand weniger Monate auf die Welt. Zusammen erlebten die Mütter Kleinkindzeit, Umzüge und Berufswechsel. Und standen sich in mancher Krise bei.
„Nach der Trennung von meinem Partner hatte ich ein kleines Kind, aber weder Job noch Wohnung, ich war total am Boden“, erinnert sich Sibylle. „Ich zog zurück in meinen Heimatort. Rosa war die einzige, die mich dort besucht hat!“ Aber auch ganz praktisch hätten sie einander viel geholfen. „Als meine Mutter dement wurde, war ich total überlastet und saß weinend auf dem Balkon“, erzählt Rosa. Daraufhin habe Sibylle ihr kurzerhand eine Altenbetreuerin für die Mutter organisiert. „Das passte perfekt.“
Eine Macke am Auto als Erinnerung an ihre Freundschaft
Wenn sie heute Zeit miteinander verbringen, gehen sie am liebsten spazieren, in die Sauna oder essen. „Wir genießen gerne zusammen“, sagt Sibylle. „Und wir lachen viel – über uns und die anderen“, ergänzt Rosa schmunzelnd. Vor allem redeten sie über alles, was sie beschäftige. „Neulich im Auto waren wir so ins Gespräch vertieft, dass wir beim Rückwärtsfahren das Piepen nicht hörten und mit dem Wagen gegen einen Pfeiler gekracht sind“, berichten sie. „Die Macke ist jetzt eine Erinnerung an unsere Freundschaft.“
Nicht, dass sie die bräuchten. Denn in der Bedeutung füreinander könnten sie kaum weiter oben rangieren. „Ein Leben ohne Sibylle ist für mich unvorstellbar“, sagt Rosa. „Ich möchte gar nicht sein ohne diese Freundschaft“, sagt auch Sibylle, „und will mir nicht ausmalen, welches Loch es reißen würde, wenn Rosa irgendwann nicht mehr da wäre.“
Viele Pläne: Sie wollen als Freunde zusammen alt werden
Und was ist nun das Geheimnis ihrer Freundschaft? „Wir können uns gut stehen lassen und die andere so nehmen wie sie ist“, sagen beide. Dabei seien sie in vielen Punkten definitiv unterschiedlich. „Zum Beispiel, was den Ordnungssinn betrifft“, lacht Rosa. Ein unerschütterliches Bollwerk sei dagegen ihre Weltsicht. „Die feministische Haltung, mit der wir unser Leben angegangen sind, ist über all die Jahre der Kern unserer Freundschaft geblieben.“
Jetzt freuen sie sich auf all die kommenden Lebensabschnitte. Sie könnten es kaum erwarten, einmal zusammen ihre Enkel durch Köln zu schieben. Und für nächstes Jahr planten sie den ersten gemeinsamen Kurzurlaub. „Ich habe immer gesagt, ich möchte mit Rosa alt werden“, sagt Sibylle, „dann sitzen wir gemeinsam in einem Café und essen Torte.“ Beide lachen bei dem Gedanken. „Ich würde sagen, wir sind auf dem besten Weg dorthin.“