Wenn schon Glotze, dann was Gutes, denken Väter und Mütter. Welche Streaminganbieter und Mediatheken hochwertige Kinderprogramme bieten.
Tipps für ElternDiese Streaming-Dienste bieten ein gutes Programm für Kinder
Streaming gilt heute als größte Bedrohung des Kinos. Doch filmbegeisterte Eltern sehen das vermutlich anders. Spätestens während Corona waren die Accounts oft Rettungsanker im Betreuungswahnsinn: schnell verfügbare Unterhaltung, die Kinder glücklich macht und Eltern für 20 bis 90 Minuten ein wenig entlastet. Keine optimale Lösung, aber wer missmutig von Rabeneltern und „Parken vor dem Bildschirm“ grummelt, wird mit Doppelbelastung und Kita-Schließungen nicht unter sechs Wochen bestraft.
Doch das Motto „Wenn schon vor der Glotze, dann wenigstens was Vernünftiges“ ist leichter gesagt als umgesetzt. Das Angebot ist unüberschaubar, und der Gag, dass man für einen Netflix-Abend zwei Stunden mit der Auswahl eines Films verbringt, um dann eine halbe Stunde nach dessen Beginn auf dem Sofa einzuschlafen, ist sicher nicht allzu weit von der Realität entfernt.
Wie aber lässt sich das ändern? Ein Überblick über die Angebote beginnt naturgemäß bei den Platzhirschen: Netflix, Amazon Prime und Disney+. Sie haben sicher auch das größte Filmangebot für Kinder und Jugendliche.
Disney+
Disney+ hat mit 700 oder mehr Kinderfilmen den familienfreundlichsten Ruf. Und mit seinem großen Katalog an Zeichentrick- und Animationsfilmen – von Disney wie von Pixar – natürlich auch ein starkes Angebot. Dazu kommen zahlreiche kindertaugliche Klassiker (etwa „Falsches Spiel mit Roger Rabbit“, doch wer erinnert sich noch an „Ein toller Käfer“), von denen viele aber womöglich eher die nostalgischen Gefühle der Eltern ansprechen als das Interesse der Kinder.
Durch die Integration der Filme von 20th Century Fox finden sich im Angebot auch viele der neueren und älteren Produktionen dieses Studios, etwa „Rico, Oskar und die Tieferschatten“.
Amazon Prime und Netflix
Amazon Prime und Netflix bieten in ihren Abos jeweils etwa 500 Kinder- und Familienfilme an. Netflix hat in den letzten Jahren eine große Zahl an Eigenproduktionen auf den Weg gebracht, deren Qualität von US-amerikanischer Standardware bis zu kleinen Meisterwerken reicht – das gilt vor allem für Animationsfilme wie „Klaus“ oder „Die Mitchells gegen die Maschinen“.
Ein starkes Argument für Netflix ist der Umstand, dass der Anbieter hierzulande exklusiv die Filme des japanischen Studio Ghibli streamt - also insbesondere die großartigen Klassiker von Hayao Miyazaki wie „Mein Nachbar Totoro“ oder „Chihiros Reise ins Zauberland“.
Bei Amazon Prime findet man dafür einige der bekannteren und erfolgreicheren Filmreihen: sämtliche „Harry Potters“, fast alle Filme mit den Minions und vieles mehr. Bei diesem Anbieter gibt es auch zahlreiche deutsche Kinderfilme (aus den DEFA-Studios ebenso wie jüngere Produktionen).
Paramount+, Sky, AppleTV+
Wie sieht es bei den drei „Halbstarken“ aus, also bei Paramount+, Sky und AppleTV+ ? Der Pay-TV-Anbieter Sky leistet sich schon längere Zeit mit WOW auch einen Streaminganbieter. Hier ist das Angebot für Kinder stark vom konkreten Tarif abhängig; man tut dem Programm aber nicht unrecht, wenn man eher einen Fokus auf Mainstream-Unterhaltung diagnostiziert: viele recht aktuelle Filme, aber insgesamt ein kleineres Angebot.
Das sieht bei AppleTV+ ähnlich aus; der Dienst startete erst Ende 2019 und bietet ganz bewusst nur eine kleine Auswahl. Für Kinder findet sich dort eine sehr überschaubare Selektion: Einige Filme der „Peanuts“ lassen sich streamen, die Animations-Eigenproduktion „Luck“ und wenige mehr. Absolutes Highlight ist „Wolfwalkers“ von Tomm Moore, ein Animationsmeisterwerk, das es exklusiv nur bei AppleTV+ zu sehen gibt.
Noch sehr neu und zum Start offenbar auch von technischen Problemen geplagt ist Paramount+, der Streamingdienst des gleichnamigen Studios. Der Katalog ist hier insgesamt noch recht dürftig, bei den Kinderfilmen gibt es nur ein paar bemerkenswerte Angebote wie „Der Sternwanderer“ und „Mäusejagd“.
Öffentlich-rechtliche Mediatheken
Alle Streamingdienste mit Abo-Angeboten verändern immer wieder ihr Angebot – mal mit, mal ohne Vorwarnung. Aber am meisten im Fluss und dafür ohne zusätzliche Kosten – vom Rundfunkbeitrag abgesehen – sind die öffentlich-rechtlichen Mediatheken.
Das Erste, ZDF und KiKA bieten hier regelmäßig auch sehr anspruchsvolle Kinderfilme an – oft weniger internationale Großproduktionen als anspruchsvolle und interessante deutsche und europäische Kinderfilme. Aber auch erfolgreiche Evergreens tauchen immer wieder auf.
Der einzige Nachteil: Hier sind die Angebote, vor allem etwas anspruchsvollere Filme, oft nur eine Woche bis einen Monat verfügbar - man muss also eher ad hoc schauen, was in den Mediatheken zu finden ist; richtig planbar ist das nicht. Zum Ausgleich bieten die öffentlich-rechtlichen Sender auch viele Dokumentationen an, in kürzeren und mittleren Formaten. Insgesamt ist es hier leichter, für Kinder geeignete Sendungen zu finden.
Kleine Anbieter: Ein Blick kann sich lohnen
Neben diesen Angeboten gibt es zahlreiche interessante kleinere Anbieter. Manche bieten Abo-Modelle, die meisten außerdem auch Pay-per-View-Angebote (üblicherweise im Rahmen von zwei bis fünf Euro), einzelne haben auch kostenlose Filme dabei. Ein kurzer Überblick ohne Anspruch auf Vollständigkeit:
- alleskino.de: Der Dienst präsentiert die große Breite des deutschen Films, zum Beispiel auch alte Augsburger Puppenkiste-Produktionen – bei Kinderfilmen startet das Angebot aber erst so richtig in den 2000er-Jahren. Es fehlt die ganze DEFA.
- sooner.de: Die DEFA findet man hier dafür nahezu komplett. Für Kinder gibt es viele ungewöhnliche Filme, es lohnt der genaue Blick.
- cinemalovers: Zahlreiche kleinere Kinos in Deutschland haben während der Pandemie diese „solidarische VoD-Plattform“ gegründet, die regelmäßig auch anspruchsvolles Kinderkino bietet. Allerdings muss man sich etwas umständlich über die Websites der teilnehmenden Kinos durchklicken.
- MUBI.com: Wer anspruchsvolle Filme liebt, hat hier wahrscheinlich schon einen Account. Im Bereich „Family viewing“ gibt es auch ausgewählte Highlights für den Nachwuchs.
Das Angebot von Filmfriend ist vielfältig und anspruchsvoll
Das beste Angebot aber ist eindeutig Filmfriend. Während man sich bei anderen Plattformen schnell im Überangebot verliert und unter Umständen irritiert die Abo-Modelle studiert, macht Filmfriend das alles sehr einfach. Für den Zugriff genügt ein Bibliotheksausweis einer der 575 beteiligten öffentlichen Bibliotheken in Deutschland, Österreich oder der Schweiz – mit den dafür erhobenen Gebühren (falls welche anfallen) ist der Zugriff auf alle Filme kostenlos.
Das Kinderfilmangebot (kuratiert von Horst Peter Koll, dem ehemaligen Chefredakteur des „Filmdienst“ und Rezensent für Kinderfilme für den „Kölner Stadt-Anzeiger“) ist vielfältig und groß, zum Teil in thematisch sortierten „Kollektionen“ zusammengefasst, nach Altersempfehlungen sortierbar, international und anspruchsvoll. Die teuren Großproduktionen und Disney-Filme fehlen hier; dafür gibt es Kurz- und Langfilme, dokumentarische Formate und schräge Animationen.
Beileibe nicht alles ist dabei ein Meisterwerk, aber die Informationen zum Film – inklusive Auszügen aus Filmkritiken und konkreter Altersempfehlung – erlauben einen schnellen Blick darauf, was das junge Publikum erwartet. Ein besser strukturiertes und ausgewähltes Kinderfilmprogramm bietet hierzulande kein Streamingdienst.
Plattformen erleichtern Suche nach bestimmten Filmen
Wer auf der Suche nach einem ganz konkreten Film ist, möchte nicht unbedingt alle möglichen Streamingdienste durchklicken müssen. Glücklicherweise gibt es zwei Plattformen, die nahezu tagesaktuell und mit großer Zuverlässigkeit die gezielte Suche erleichtern: werstreamt.es und justwatch.com. Beide bieten auch die Möglichkeit, gezielt nach Kinder- beziehungsweise Familienfilmen zu suchen, auch wenn die Kategorisierung nicht immer ganz zuverlässig funktioniert.
Übrigens gibt es bei allen Abo-Anbietern Probe-Wochen oder -Monate, man kann sich auch nur monatsweise binden und muss dies nicht unbedingt für längere Zeit tun.
Für aktuelle Empfehlungen kann es außerdem sinnvoll sein, etwa die aktuellen Streaming-Hinweise auf filmdienst.de zu nutzen oder auf die Streaming-Empfehlungen von flimmo.de zurückzugreifen. (KNA)