Generation Rücksichtlos?Neue Studie – Großstadtkinder sind nur wenig sozial
Berlin – Ein Fünftel der Kinder und ein Drittel der Jugendlichen in deutschen Großstädten ticken nach einer neuen Studie nur wenig sozial. Wissenschaftler der Universität Bielefeld haben dafür von Dezember 2018 bis Februar 2019 in Berlin, Köln und Leipzig rund 1000 Großstadtkids und ihre Eltern gefragt.
Jungen schnitten in der Studie zum Thema Gemeinschaftssinn schlechter ab als Mädchen
Aus Antworten der 6- bis 16-Jährigen für die Bereiche Empathie, Solidarität, Gleichgültigkeit und Ablehnung errechneten sie eine Quote für Gemeinschaftssinn.
Jungen schnitten dabei deutlich schlechter ab als Mädchen.
Für große Städte in Deutschland halten die Forscher ihre Ergebnisse für repräsentativ.
In den persönlichen Interviews sollten junge Leute in zwei Altersgruppen zum Beispiel Aussagen wie „Es macht mich traurig, wenn es anderen Kindern schlecht geht“ oder „Wir nehmen in unserer Gesellschaft zu viel Rücksicht auf Versager“ auf einer Skala zustimmen oder ablehnen. In der Untersuchung im Auftrag der Bepanthen-Kinderförderung waren jedem vierten Jungen zum Beispiel die Probleme anderer egal. Bei den Mädchen waren es 14 bis 16 Prozent.
Tendenzen, Schwächere abzuwerten auch verbreitet in der Mittelschicht
Studienautor Holger Ziegler sieht Gemeinschaftssinn als moralischen Kitt für eine Gesellschaft. Sorgen machen ihm vor allem Tendenzen, andere Gruppen und Schwächere abzuwerten. Das machen laut Studie 36 Prozent der Jungen und 22 Prozent der Mädchen.
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„Ob diese Abwertung zunimmt oder abnimmt können wir nicht sagen, weil es zu wenig Vergleichsdaten gibt“, sagt er. „Die Abwertung von Ausländern, Arbeitslosen, Schwulen, Behinderten oder Obdachlosen ist aber auch dort verbreitet, wo wir sie nicht unbedingt vermuten: bei einem guten Fünftel der liberal-urbanen Mittelschicht.“
Die Umfrage für die Sozialstudie wurde im Auftrag der Bepanthen-Kinderförderung, die zum Pharmakonzern Bayer Vital GmbH gehört, durchgeführt. Befragt wurden 971 Kinder in Deutschland. Davon 618 Kinder von 6 bis 11 Jahren und 353 Jugendliche von 12 bis 16 Jahren, dazu 713 ihrer Eltern. Auf dem Fragenkatalog konnten Kinder mit einer 3er-Skala „Stimme zu, Stimme nicht zu, Weiß nicht“ antworten. Die Jugendlichen hatten vier Antwortmöglichkeiten „Stimme zu, Stimme eher zu, Stimme eher nicht zu, Stimme nicht zu“. (dpa)