Interview mit Vierfach-Mama„Ich bekam in einem Jahr zweimal Zwillinge“
Surrey – Für viele ist die Vorstellung, Zwillinge zu bekommen, also statt nur einem Baby gleich zwei kleine Menschen auf einmal zu versorgen, bereits etwas, das Schweiß auf die Stirn treibt. Doch wie ist es, wenn kurze Zeit später noch zwei Babys dazu kommen?
Rebecca Bear hat das erlebt, sie bekam innerhalb nur eines Jahres zweimal Zwillinge.
Doch wie kann man das überhaupt leisten? Ein Gespräch.
Anfang 2016 sind Sie Mutter von eineiigen Zwillingsjungs worden. Die beiden waren gerade einmal zwei Monate alt, als Sie wieder schwanger geworden sind. War dieser kurze Abstand gewollt oder eher eine Überraschung?
Die Idee war „noch ein schnelles Mädchen hinterher”. Dass es beim ersten Mal gleich klappte und es auch wieder Zwillinge waren, war so natürlich nicht geplant - aber es war eine wundervolle und verrückte Überraschung.
Was haben Sie gedacht, als Sie erfuhren, dass das wieder Zwillinge waren?
Der erste Ultraschall bei der gleichen Ärztin war fast wie ein Déja-vu - bis auf die Tatsache, dass unsere Jungs auch mit im Raum waren. Wir mussten wieder alle laut loslachen - vor Erstaunen, Freude und aus Schock.
Zwei Zwillingsschwangerschaften in so kurzer Zeit stelle ich mir körperlich sehr anstrengend vor. Wie ging es Ihnen in der zweiten Schwangerschaft?
Ich hatte in der zweiten Schwangerschaft gar keine Wahl, als alle Wehwehchen einfach wegzustecken. Dadurch, dass ich nebenbei auf zwei Babys aufpassen musste, blieb auch gar keine Zeit für etwas anderes. Wir wissen unser Glück wirklich einfach wahnsinnig zu schätzen. Die Mädels kamen nach Einleitung in der 38. Schwangerschaftswoche zur Welt.
Wie haben Ärzte, aber auch Freunde und Familie auf die neue Schwangerschaft reagiert? Gab es auch mal blöde Sprüche?
Familie und Freunde konnten die Nachricht einer weiteren Zwillingsschwangerschaft erst nicht glauben. Einige haben sich gefreut, andere haben sich eher Sorgen gemacht, ob das denn zu schaffen sei. Selbst meine damals 10-jährige Nichte reagierte mit: „Oh Gott! Das wird ja total anstrengend!”
Im Krankenhaus, wo wir während der Schwangerschaft betreut wurden und auch später die Geburt stattfand, hatte sich unsere Geschichte bereits herumgesprochen und bei jedem Ultraschall kamen neue Krankenschwestern und Ärzte vorbei, um uns zu treffen. Selbst an der Rezeption hörten wir: „Ach, Ihr seid die Familie mit zweimal Zwillingen.”
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Als die Mädels dann da waren - kam Ihnen das alles bekannt vor oder war es doch alles neu? Und was waren die anstrengendsten Momente des Tages?
Mit den Jungs hatte ich mir teilweise in Bezug auf Routine, Schlaf und Füttern das Leben selber schwer gemacht und wusste bei den Mädels ganz genau, was ich besser machen wollte. Deshalb: Ja, klar kam mir vieles bekannt vor - neu war allerdings, sich neben zwei Säuglingen auch noch um zwei elf Monate alte Jungs zu kümmern.
Ich glaube, auf diese Situation hätte mich nichts vorbereiten können. Ab da ging das Non-Stop-Leben los. Ich wusste lange nicht mal, welcher Tag es war - ach, was erzähl ich da, ich wusste meistens gar nicht, in welchem Monat wir uns befanden. Das ganze erste Jahr war echt anstrengend, vor allem, wenn eins, zwei, drei oder auch mal alle vier Kinder krank waren. Das war dann natürlich heftig und mit sehr wenig oder auch mal gar keinem Schlaf verbunden.
Wie leben Sie und wo?
Wir leben derzeit in Surrey, England in einem kleinen eher ländlichen Ort etwa 1,5 Stunden Fahrt südlich von London. Wir hatten auch damit Glück. Wir haben ein ganz wundervolles Haus mit viel Platz zum Herumtoben.
Was ist das Schönste daran, Zwillinge zu haben? Und gibt es auch etwas, was Sie als sehr herausfordernd erleben?
Es ist wahnsinnig interessant, Zwillinge aufwachsen zu sehen. Ich bin selbst jeden Tag wieder fasziniert, wie unterschiedlich die Kinder doch sind - aber dass sie trotzdem so eine extreme Bindung haben. Ich glaube kaum, dass ich mit Worten beschreiben kann, welche Liebe sich zwischen den Kindern abspielt.
Man darf nicht vergessen, dass meine Situation auch gleichzeitig mein „Normal” ist, mein Alltag. Ich unternehme sehr viel mit den Kindern, wir sind eigentlich jeden Tag unterwegs und ein total harmonisches und eingespieltes Team. Klar haben wir auch mal so richtig ätzende Tage, an denen alle meckern und streiten, aber grundsätzlich sind wir alle gut drauf und haben Spaß zusammen.
Das Einzige, was mir manchmal wirklich sehr zu schaffen macht, ist die dauernde Lautstärke, die um mich herum herrscht. Ich bekomme jeden Tag etwa dreihundertfünfzigtausend Fragen von den Kindern gestellt. Jeder möchte mir ständig was erzählen und auch das Lachen, Rufen, Schreien, Singen von vier kleinen Kindern ist einfach total laut! Und das jeden Tag ab etwa 6.30 Uhr bis 19 Uhr.
Wenn die Leute Sie jetzt sehen, hagelt es bestimmt viele Kommentare. Welche?
Oh, die Liste ist sehr lang, wobei am häufigsten fragen Leute: Sind das alles eure Kinder? Wollt ihr noch mehr? Wurden die Kinder natürlich erzeugt? Hast du Hilfe? Wie schaffst du das bloß?
Wir kommen eigentlich nie sehr weit, ohne dass jemand nachfragt. Aber ich rede sehr gerne über die Kinder, also macht mir das gar nichts aus. Etwas nervig sind dann doch eher die Leute, die eindeutig über uns reden und dann ganz schnell weggucken, wenn wir in ihre Richtung sehen.
Wie haben Sie sich als Paar durch diese lange Babyzeit verändert?
Wir waren die ersten eineinhalb Jahre mit allen vier Kindern kein „Paar” in dem Sinne. Nicht nur, weil es dafür absolut keine Zeit gab, sondern auch weil der ganze Stress, der wenige Schlaf, die vielen Emotionen und der ständige Druck eher dazu geführt haben, dass wir mehr gestritten haben. Ich war 24 Stunden am Tag im Mama-Modus und mein Mann hatte einen ganz anderen Druck. Er musste plötzlich eine 6-köpfige Familie ernähren und sich nebenbei um jeglichen Papier- und Organisierkram kümmern.
Es hat eine Weile gedauert, bis wir wieder zueinander gefunden haben und mehr Verständnis für die jeweilige Situation des anderen aufgebracht haben. Mein Mann hat damals - als ich das zweite Mal schwanger war - schon immer wieder gesagt: „Wir müssen die ersten beiden Jahre abschreiben." Und er hatte so sehr Recht damit.
Ich sehe es immer wieder auch bei anderen Paaren. Das erste Jahr mit einem Baby ist für eine Ehe nicht immer leicht. Klar gibt es auch Paare, bei denen die Beziehung besser wird durch das Baby, aber ich persönlich kenne keinen, der nicht auch sagt, dass die Umstellung eine Herausforderung war.
Wir haben uns beide durchs Elternsein verändert, ich finde es da eigentlich nur selbstverständlich, dass man sich dann wiederfinden und fast ein bisschen neu kennen lernen muss. Das war und ist bei uns jedenfalls so.
Und wie hat es Sie selbst verändert?
Sehr! Ich musste mich definitiv auch selbst neu finden. In den letzten drei bis vier Jahren habe ich Seiten von mir kennengelernt, die ich vorher nicht kannte und es kommen immer noch neue dazu.
Was haben Sie durch die Kinder gelernt?
Vielleicht an erster Stelle, wie dankbar ich meinen eigenen Eltern bin. Ich weiß das Leben und die Gesundheit nun viel mehr zu schätzen. Ich habe gelernt, die Zeit und kleine Momente zu genießen und bewusst zu erleben. Vier kleinen Menschen, die alle was zu erzählen haben, gleichzeitig zuzuhören, habe ich auch gelernt. Und wie man Erbrochenes aufwischt, während man ein Kind im Arm hält und gleichzeitig drei andere Kinder davon abhält, nicht hineinzutreten. Ich kenne jetzt etwa 50 verschiedene Dinosaurierarten und weiß wie es ist, wenn man beim Pinkeln immer Zuschauer dabei hat.
Das Interview erschien zuerst auf dem Blog Stadt Land Mama.
Mehr über die besondere Großfamilie gibt es auf Instagram.