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„Brauche nicht alles zu wissen“Dieser Chef hat Work-Life-Balance wirklich verstanden

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Besonders arbeitende Mütter stehen bei der Arbeit oft unter Zeitdruck. Nach Feierabend warten noch viele Termine mit den Kindern.

Chicago – Als arbeitende Eltern ist man immer hin- und hergerissen zwischen all den unterschiedlichen Pflichten, die jeden Tag an einem zerren. Das Kind muss im Kindergarten eingewöhnt werden, aber das Meeting ist für 8.30 Uhr angesetzt? Der letzte freie Zahnarzttermin fällt mit ihrem Arbeitsbeginn zusammen? Sie müssen eine Stunde vor Ihrem eigentlichen Feierabend zum Elternsprechtag, trauen sich aber nicht, zu gehen? Machen Sie's einfach! Sie müssen sich nicht dafür entschuldigen, dass Sie noch ein Leben außerhalb des Büros haben. Das sagt zumindest Ian Sohn, alleinerziehender Vater und Chef der Digitalagentur „Wunderman“ in Chicago.

In einem LinkedIn-Post wendet er sich an seine Mitarbeiter und beginnt mit dem Satz: „Ich muss nicht wissen, dass Ihr nach dem Essen wieder online sein werdet.“ Die ständige Erreichbarkeit habe dazu geführt, dass Manager über die Arbeitszeiten ihrer Angestellten wachten wie Babysitter. Anstatt jede Stunde des Tages nachzuvollziehen, sollten Chefs ihren Angestellten lieber vertrauen. Auch ohne Überwachung würden sie ihre Arbeit erledigen und die richtigen Entscheidungen treffen.

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In seinem Beitrag bringt Sohn es auf den Punkt: „Ich will nicht wissen, wann Ihr Pause macht, warum Ihr während eines geschäftlichen Flugs lieber einen Film angesehen als Mails beantwortet habt, warum Geschäftsreisen am Sonntag nicht möglich sind, warum Ihr wegen eines Zahnarzttermins später kommt oder dass Ihr lieber zuhause arbeiten möchtet, weil es dort ruhiger ist.“ Seine Mitarbeiter sollen sich niemals dafür entschuldigen müssen, dass sie auch ein Leben außerhalb des Büros haben und eine Work-Life-Balance möchten. „Ich möchte nicht, dass Ihr Euch schlecht fühlt, weil Ihr ein Mensch seid.“

Ein solches Statement hat offenbar in der Arbeitswelt bisher gefehlt. Unter dem Post sammeln sich mehr als 54.000 Reaktionen und 2000 Kommentare. Viele Einträge stammen von anderen Managern, die Sohns Sichtweise teilen. „Nur, weil jemand für uns arbeitet, können wir nicht über dessen Leben bestimmen. Wenn Sie den Leuten vertrauen, dass sie das Richtige tun, werden Sie Ihr Ziel viel schneller erreichen“, heißt es zum Beispiel. Oder: „Mir ist es egal, ob jemand um 10 Uhr statt um 9 Uhr kommt, so lange ich weiß, dass er seine Arbeit erledigt.“

Viele Eltern stehen schon vor der Arbeit unter Stress

Besonders freuen sich aber die arbeitenden Eltern. Zu wissen, dass sie nicht an die Stechuhr gebunden sind, nimmt jeden Tag viel Stress von den Schultern. Denn bei den meisten ist bereits der Morgen komplett durchgetaktet. Fällt da der Kakao auf dem Frühstückstisch um, bringt das den ganzen Tagesablauf aus dem Lot. Kommen dann noch Anziehdramen und Stau dazu, ist der Herzinfarkt nicht mehr weit. Wer seine Mitarbeiter freier lässt, hält sie nicht nur gesund, sondern erhält auch bessere Ergebnisse. Denn wer einmal einen Vertrauensvorschuss erhalten hat, wird ihn sicher nicht verspielen. (twe)