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In Sachen LiebeMein Partner erkennt meine Unterstützung kaum an – Ist das normal?

Lesezeit 4 Minuten
Mann sitzt auf dem Sofa und schaut auf einen Laptop. Daneben sitzt eine Frau, die enttäuscht ins Leere schaut.

Man unterstützt den Partner, wo es geht, aber der ist nur in seinem „Tunnel“.

Manchmal sind es kleine, stille Gesten, mit denen man den Partner entlasten will – umso frustrierender, wenn der dies nicht erkennt.

Mein Partner ist beruflich sehr beschäftigt und hat sehr wenig Zeit. Ich versuche immer wieder ihm Aufgaben abzunehmen und ihn zu unterstützen, aber er kriegt das oft gar nicht mit und erwähnt es noch nicht mal. Er ist so in seinem „Tunnel“. Das frustriert mich sehr.(Elena, 41 Jahre)

Was Sie beschreiben, ist auch frustrierend. Wenn man so viel für seinen Partner oder seine Partnerin mitdenkt und handelt und der es gar nicht bemerkt, dann fühlt man sich natürlich nicht gesehen und das eigene Bemühen nicht gewürdigt. Sie schreiben, dass Sie immer wieder versuchen, Ihrem Partner etwas abzunehmen. Das heißt auch, immer wieder von Neuem hoffen, er werde Ihr Engagement für ihn sehen und sich freuen. Aber das passiert immer wieder nicht.

Elisabeth Raffauf

Elisabeth Raffauf

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Schauen wir auf die Seite Ihres Partners. Sie schreiben, er sei in einem Tunnel. Offenbar ist er so mit seiner Arbeit beschäftigt, dass es ihm schwerfällt, zu sehen, was um ihn herum passiert. Das ist auf jeden Fall ein Gespräch wert. Nicht mit Vorwürfen, sondern in dem Sinne: Wie wirkt das auf Sie? Dann ist die Frage: Ist dieser Zustand vorübergehend oder von Dauer? Und womit hat es zu tun? Mit Arbeitsüberlastung, mit der Beziehung, mit unbewussten Ängsten? Und: Gibt es auch andere Zeiten?

Es klingt auf jeden Fall so, als würde zwischen Ihnen nicht ausreichend gesprochen. Sie tun etwas für Ihren Partner, von dem Sie sich überlegen, dass er es gut findet und es ihm helfen könnte. Das ist aber erstmal nur in Ihrem Kopf. Er weiß nichts davon. Sie tun es und hoffen, dass er es bemerkt und sich freut, ohne dass Sie es ihm sagen müssen. Einfach so als Überraschung. Aber dieser Effekt verpufft leider.Vielleicht hilft Ihnen die Frage: Warum sage ich es nicht? Warum kann ich nicht fragen: Möchtest du, dass ich dir helfe? Oder, wenn Sie es getan haben, dann zu sagen: Guck mal, was ich gemacht habe! Ist es nur, weil dann die Überraschung weg ist, oder ist es etwas anderes?

Eine Eigenschaft aus der Kindheit?

Es ist gut möglich, dass Ihnen da Erlebnisse aus der eigenen Kindheit „in die Quere“ kommen. Kinder hoffen und sind darauf angewiesen, dass die Eltern sie sehen und beachten. Vor allem, wenn sie noch klein sind, brauchen sie Eltern, die in einem großen Maße von sich aus wissen, was die Kinder brauchen.

Wenn die Eltern das nicht sehen, probieren die Kinder unterschiedliche Strategien aus, um den Blick der Eltern auf sich zu lenken. Manche werden laut und stören, andere probieren, besonders brav zu sein, den Eltern zu gefallen und sogar die Verhältnisse umzudrehen, indem sie versuchen, zu erraten, was die Eltern wohl gut finden. Dann verhalten sie sich entsprechend, um ihre Gunst zu erringen.

Auf sich aufmerksam machen

Wenn das so ist, muss man sich als Erwachsener möglicherweise schmerzhaft davon verabschieden, dass man als Kind diesen wichtigen Blick der Eltern nicht ausreichend bekommen hat. Danach ist es gut sich klarzumachen: Heute bin ich groß. Heute habe ich die Möglichkeit, mich selber zu sehen. Heute bin ich nicht so abhängig. Das heißt, bezogen auf Ihren Partner: Heute kann ich auf mich aufmerksam machen und ihm zeigen und sagen, was ich gemacht habe. Möglicherweise ist er Ihnen sehr dankbar dafür. Am besten ausprobieren.

Vielleicht ist es auch gut zu schauen: Wie viel Dank erwarte ich eigentlich? Und würde ich meinen Partner auch unterstützen, wenn er sich für mein Gefühl nicht ausreichend bedankt? Dann haben Sie die freie Wahl zu entscheiden.


Leserfragen

Unser Team von Expertinnen und Experten beantwortet Ihre Fragen in der Zeitung und online: die Psychotherapeuten Carolina Gerstenberg und Daniel Wagner, die Diplom-Psychologinnen Elisabeth Raffauf und Katharina Grünewald, Sexualberaterin Gitta Arntzen sowie der Urologe Volker Wittkamp. Ihre Zuschriften werden anonymisiert weitergegeben. Schicken Sie Ihre Frage an: in-sachen-liebe@dumont.de