Katrin BauerfeindVom täglichen Wahnsinn, eine Frau zu sein
Wer glaubt, der Feminismus und der Katholizismus hätten nichts gemeinsam, irrt – zumindest laut Katrin Bauerfeind. Beiden fehle nämlich der Humor, schreibt die Moderatorin in ihrem kürzlich erschienenen Buch „Hinten sind Rezepte drin – Geschichten, die Männern nie passieren würden“, mit dem sie zurzeit auf Lesereise ist. „Auf Partys ist das Wort ‚Emanzipation‘ ein ähnlicher Stimmungskiller wie ‚Islam‘ oder ‚Darmkrebsvorsorge‘“, findet die 33-Jährige.
Das will die Bestsellerautorin mit ihrem zweiten Werk ändern, indem sie die Männer- und Frauen-Klischees à la Mario Barth einfach mit einer Riesen-Ladung Humor und Selbstreflexion umhaut. Und auch wenn sie dafür keinen „Alice-Schwarzer-Ehrenpreis“ gewinnen will, lassen sich aus ihrer Bestandsaufnahme über „die komischen Seiten des Frau-Seins“ doch Appelle an ihre Geschlechtsgenossinnen herauslesen, die natürlich partout nichts mit Rezepten, Cellulite-Cremes oder Diät-Tipps zu tun haben:
Schluss mit der Vorsicht: Frauen sollten weniger Angst haben
Angst wird über Generationen von Frau zu Frau weiter gereicht, glaubt Bauerfeind. „Die meisten Frauen, die ich kenne, haben Angst, trauen sich zu wenig und sind in der Tiefe ihrer Seele unsicher.“ Der Grund: die ständigen Warnhinweise von besorgten Omas und Müttern, „der Soundtrack“, der auch während Bauerfeinds Kindheit in Dauerschleife lief: „Ohne Strümpfe zum Spielen war gleichbedeutend mit Blasenentzündung und baldigem Ableben, nachts noch vor die Tür gehen war eine Einladung an alle Hobbymörder im Umkreis. Das Leben an sich war in den Augen meiner weiblichen Erziehungsberechtigten mordsgefährlich“.
Und irgendwie werden Ermahnungen an Mädchen heute immer häufiger – und Ermunterungen immer seltener ausgesprochen, wie Bauerfeind beobachtet hat. Ihr Appell: „Liebe Spielplatz-Mütter, vielleicht lasst ihr Lea ruhig mal gefährlich mit der Schüppe spielen, Alina ungefedert vom Klettergerüst springen und Chiara schneller laufen, als sie kann.“ Denn: „Später, viel später, werden eure Töchter euch dankbar sein, dass sie so mutig geworden sind.“
Verdammt noch mal! Frauen sollten Tacheles reden
„Frauen haben diesen Hang, alles nett zu verpacken. Selbst um Drohungen machen sie noch ein Schleifchen.“ Zu lange haben sie gelernt, dass sie vor allem eins sein müssen: freundlich. Das muss sich ändern, findet Bauerfeind. Sie ist für klare Ansagen und dafür, dass Frauen Kritik nicht persönlich nehmen. Kürzlich habe sie zu einer Kollegin gesagt, deren Arbeit sie nicht gut fand: „Bärbel, ich finde, so kann man es nicht machen, das ist scheiße!“ Bärbel habe daraufhin angefangen zu weinen. „Wir sind jetzt angestrengt nett miteinander“, so Bauerfeind. „Manchmal tun mir davon die Mundwinkel weh.“
Schönheit ist noch keine Leistung: Frauen sollten sich weniger auf ihr Aussehen reduzieren lassen
In ihren Anfängen beim Fernsehen sei die erste Frage, die Journalisten ihr stellten, oft die nach dem Aussehen gewesen, schreibt die Moderatorin, deren Karriere nach einem Technikjournalismus-Studium und mehreren Grimme-Online-Awards früh startete.
Die 33-Jährige ärgert sich besonders über erfolgreiche Sängerinnen wie Lady Gaga, Rihanna oder Madonna, die ihren Namen für Parfums, Mode, „ausschließlich Tand und Firlefanz“ hergeben. „Es ist mir maximal rätselhaft, warum Frauen, die es geschafft haben und maximal selbstständig sind, Frauen wieder nur aufs Äußere reduzieren.“
Frauen sollten sich keinen Druck mit dem Kinderkriegen machen und netter zueinander sein
Faible für Finanzen: Frauen sollten sich mehr für Geld interessieren
Genauso wie es noch Mütter geben soll, die für ihre 29-jährigen Söhne die Wäsche machen, Knöpfe annähen oder die Fenster putzen („Der Junge hat halt so viel zu tun in seinem neuen Job"), gibt es Väter, die die Versicherungen und Finanzen ihrer Töchter bis mindestens zu deren 30. Lebensjahr verwalten („Mathe ist halt nicht ihre Stärke“). Katrin Bauerfeind nimmt sich da nicht aus. „Wenn jemand eine unangenehme Aufgabe regelmäßig abnimmt, dann gewöhnen wir uns daran.“ Es habe eine Weile gedauert, „bis ich nicht mehr der Versuchung nachgegeben habe, alles was mit Geld zu tun hat, an meinen Vater oder andere Männer auszulagern.“
Verbündet Euch! Frauen sollten netter zu anderen Frauen sein
„Für bitch, Schlampe und Zicke gibt es kein männliches Pendant“, sagt Bauerfeind. „Ich war die halbe Pubertät damit beschäftigt, nicht für eine Schlampe gehalten zu werden“, so die Autorin. „Eine Kopfnuss unter Jungs war meist schnell vergessen. Das Schlampenlabel hingegen wurde man oft sehr lange nicht mehr los.“ Dieser Umgang von Mädchen und Frauen untereinander habe erst den Weg für die „sogenannten Frauenzeitschriften“ geebnet, deren einziger Inhalt oft nur darin bestehe, „bitchy“ zu sein: „Wer hat auch Cellulite, wer betrügt seinen Mann, wer wird betrogen, wer hat sich für ein doofes Kleid entschieden, und wer sieht einfach super aus.“ Bauerfeind ist sich sicher: „Frauenmagazine sind die Weiterführung des Schulhofs mit anderen Mitteln.“
„Gebärdienst“ gibt es nicht: Frauen sollten sich keinen Druck mit dem Kinderkriegen machen
Bauerfeind inszeniert sich in ihrem Buch als „Gebärdienstverweigerin.“ Wer heute als Frau den „Gebärdienst“ verweigere, der müsse sich nicht nur einmal rechtfertigen, sondern ständig, suggeriert die Autorin. „Ich ging auf Mitte dreißig zu, hatte bislang keine einziges Kind und sogar mehrfach öffentlich gesagt, dass ich auch erst mal keins wolle.“ Alle machten Druck, „die Gesellschaft“, der Freundeskreis, die Familie: Wurde Bauerfeinds frühe Karriere, ihre erste Internet-Moderation mit Anfang 20 von ihrer Familie „andächtig bestaunt“, habe sich das mit Anfang 30 geändert, schreibt die Moderatorin. Nur Karriere reiche nun nicht mehr, ihre Verwandten würden ihr jetzt gerne Beispiele von ehemaligen Klassenkameradinnen vorhalten: „Die Anja hat ein Haus. Und eine eigene Kanzlei. Und Kinder.“ Irgendwie beruhigend, dass es selbst Katrin Bauerfeind nicht anders geht als den meisten Frauen...
Katrin Bauerfeind: Hinten sind Rezepte drin – Geschichten, die Männern nie passieren würden, Fischer, 222 Seiten, 14,99 Euro.