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Maniküre, Make-upNeuer Trend – Brauchen Kinder Wellness und Kosmetik?

Lesezeit 4 Minuten

Die Dermatologin Uta Schlossberger kritisiert, dass Anwendungen bei Kindern schon sehr früh das Aussehen zum zentralen Anliegen machen.

Ein Beautysalon für Kinder, mit Wellnessbehandlungen schon für Babys? In Deutschland ist diese Idee noch relativ neu. In den USA nicht. „Hier gibt es Maniküre und Pediküre für Babys, Make-up für Kleinkinder und Rasuren für achtjährige Jungen“, erklärt die Dermatologin Uta Schlossberger. Sie kritisiert zum einen, dass solche Anwendungen schon sehr früh das Aussehen zum zentralen Anliegen machen. Und den Ernst, mit dem diese Beautysalons in den USA betrieben werden. Weniger kritisch sieht sie dagegen Angebote, die mit Spiel und Spaß verbunden sind.

Massagen und Packungen für Kinder

Petra Ganthaler, Beauty- und Spa-Manager vom Hotel „Cavallino Bianco“ in St. Ulrich versucht sich an einer Erklärung, warum heute auch Wellness für die Kleinen beliebt ist: „Auch Kinder sollten in die Welt der Wellness und der Entspannung eingeführt werden. Auch sie sollten sich im Urlaub zu hundert Prozent wohlfühlen, frei von Schulstress.“ Dementsprechend bietet das Hotel in Südtirol ein Programm für die Kleinen. Kinder von 5 bis 11 Jahren können sich dort mit Massagen oder pflegenden Packungen verwöhnen lassen.

„Vorteil einer Kinderbehandlung ist sicherlich an erster Stelle die Entspannung, die engere Beziehung zwischen Eltern und Kind durch den Austausch von Zärtlichkeiten oder die simple Tatsache, sich einfach für einen Tag als Prinzessin, also sich als etwas Besonderes zu fühlen oder eine gemeinsame Zeit mit seinen Lieben zu verbringen“, sagt Ganthaler. So gibt es ein Angebot, bei dem die ganze Familie eine kleine Massageschulung bekommt und das Gelernte später gegenseitig ausprobieren kann.

„Ein gesundes Maß macht Spaß“, beurteilt Schlossberger die Wellnessangebote. „Eine Massage wird dem Töchterchen sicher nicht schaden.“ Aber die Sache sollte nicht aufgebauscht werden. Gut kann für Kinder sein, dass sie in einem Beautycenter ihre Sinne bewusst wahrnehmen, etwa bei Bäderbehandlungen mit fein riechenden Duftölen. Dabei lernen sie etwas über natürliche Pflege und sich etwas Gutes zu tun.

„Allerdings sollte man eines wissen: Die klassischen Spa-Anwendungen für Erwachsene fördern bei Kindern weder Kreativität noch Intelligenz und helfen auch nicht gegen Lernprobleme“, stellt Schlossberger klar. Im Gegenteil langweiligen sich manche Kinder, wenn sie eine halbe Stunde lang stillliegen müssen.

„Wellness ist eine Lebenseinstellung“

Kritisch sieht auch Lutz Hertel vom Deutschen Wellnessverband den Trend zur Kinderwellness: „Dazu sollte man zunächst klarstellen, dass Wellness eine Lebenseinstellung ist und nicht nur, wie es allgemein heute verstanden wird, Pools, Massagebehandlungen, Saunen und kosmetische Behandlungen.“ Davon abgesehen findet er, dass Kinder für ihre Entwicklung andere Dinge brauchen, um etwa Beweglichkeit und Koordination zu schulen. „Dazu gehören unter anderem betreute Erfahrungen und Erlebnisse in der Natur.“

Das ist in einem Wellness-Treatment natürlich nicht vorgesehen – etwa bei Saunagängen, die mittlerweile sogar für Babys angeboten werden. Bis heute ist nicht klar, ob kleine Kinder von einem Saunagang profitieren, beispielsweise durch ein stabileres Immunsystem, oder ob es sogar schädlich ist, weil es laut Kritikern das Herz-Kreislauf-System belasten könnte. Wenn man es ausprobieren möchte, sollte man zumindest einige Dinge beachten: Zum einen sollten die Babys nicht zu jung sein. Der deutsche Sauna-Bund geht von mindestens vier Monaten aus, andere empfehlen ein höheres Alter.

Sauna schon für Babys

Zum anderen sollte die sogenannte U4 absolviert worden sein. Unter diesem Kürzel versteht man die vierte von insgesamt neun Kinderuntersuchungen. Bei ihr werden körperliche und geistige Entwicklung des Babys untersucht. Viele Betreiber von Saunalandschaften verlangen die Vorlage der ärztlichen Bescheinigung. Darüber hinaus muss auch der Besuch babygerecht gestaltet werden. Bei Erwachsenen dauert ein einzelner Saunagang um die zehn Minuten, bei Babys sollte er höchstens bei drei Minuten liegen.

„Allerdings muss man sich die Frage stellen, welchen Zweck ein Saunagang für ein Kind haben soll. Wenn es Freude daran hat, spricht im Prinzip nichts dagegen, weil schädliche Folgen nach aktuellem Stand nicht zu befürchten sind“, sagt Lutz Hertel. „Aber auch hier gilt: Kinder haben einen natürlichen Drang zur Bewegung und Kommunikation. Genau das muss aber gerade in der Saunakultur hierzulande unterdrückt werden.“

Für Massageangebote speziell für Kinder kann es durchaus Gründe geben, erklärt der Orthopäde Roman Zirwen. „Wie bei Erwachsenen kann man auch bei Kindern mit Hilfe von Massagen Verspannungen lösen. Und die treten durchaus auf. Zum Beispiel während einer Wachstumsphase oder durch Fehlhaltungen.“ Beauty-Behandlungen sieht Zirwen aber als wenig effektvoll an: Wichtiger erachtet er, verstärkt auf gesunde Ernährung zu achten. (dpa)