Quality TimeExpertin zeigt, worauf es bei der Zeit mit den Liebsten wirklich ankommt
- Im Alltag fehlt immer die Zeit, besonders für die Partnerschaft. Dabei würden wenige Minuten am Tag genügen, um sich dem anderen näher zu fühlen.
- Es kommt dabei gar nicht darauf an, etwas Tolles gemeinsam zu unternehmen, sondern bewusst mit dem anderen umzugehen. Das nennt sich Quality Time.
- Die Psychologin Prof. Dr. Anne Milek von der Universität Münster gibt Tipps, wie Paare sich auch im Alltag verbunden fühlen können.
Köln – Man hat ja schon fast ein schlechtes Gewissen, wenn man für die anstehenden Feiertage keine spektakuläre Reise gebucht oder nicht wenigstens jeden Tag einen tollen Ausflug geplant hat. Hat man schon mal freie Zeit mit dem Partner, will man doch nicht nur zuhause rumhängen und womöglich noch liegen gebliebene Dinge erledigen. Das wäre doch total unromantisch, oder?
Quality Time statt Quantity Time – auf die Art des Zusammenseins kommt es an
Nicht unbedingt. Es braucht nämlich gar keine außergewöhnlichen Erlebnisse, um sich mit seinem Partner verbunden zu fühlen. Um Verbundenheit und Nähe herzustellen, müssen Sie auch nicht tagelang ununterbrochen mit Ihrem Partner zusammen hocken. Viel wichtiger als die Stundenzahl, die Sie mit Ihrem Partner verbringen, ist die Art und Weise, wie sie die gemeinsame Zeit verbringen. Es kommt darauf an, wirklich für den anderen da zu sein und im Moment zu sein, wenigstens für ein paar Minuten am Tag. Das nennt sich dann Quality Time, Qualitätszeit.
„Es kommt darauf an, Nähe und Austausch miteinander zu schaffen, sich einander zu öffnen, tiefgehende Gespräche zu führen und gemeinsam eine entspannte Zeit miteinander zu verbringen“, sagt die Psychologin und Paartherapeutin Prof. Dr. Anne Milek von der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster. Sie leitet hier die Forschungsgruppe Paar- und Familienpsychologie und forscht unter anderem zum Thema Familieninteraktionen und gemeinsame Zeit.
Wer mehr Zeit mit dem Partner verbringt, ist nicht automatisch glücklicher
„Nur weil jemand mehr Zeit mit dem Partner verbringt, ist er nicht automatisch zufriedener. Wie viel Zeit ein Paar füreinander braucht, ist ganz individuell und ändert sich auch über die verschiedenen Lebensphasen hinweg“, sagt Milek. Sie empfiehlt daher: „Verabreden Sie sich unbedingt bewusst mit Ihrem Partner und schaffen Sie Momente, an denen Sie nur zu zweit sind.“ Für dieses bewusste Verbinden mit dem anderen reichten schon wenige Minuten am Tag aus. „Sehen Sie die gemeinsame Zeit als Tagesritual, bei dem sie sich gegenseitig auf den neuesten Stand bringen, zum Beispiel bei einem schönen Getränk am Abend auf dem Sofa, wenn die Kinder im Bett sind. Geben Sie sich Raum, einander zu begegnen, so dass Sie Themen ansprechen können, die Sie beschäftigen und die über Fragen wie 'Wer holt morgen die Kinder ab' hinausgehen“, empfiehlt Milek. Und weiter: „Machen Sie den Fernseher aus, legen Sie Ihr Handy weg und seien Sie ganz im Moment und für Ihren Partner da. Fragen Sie doch einfach mal wieder, wie es dem anderen geht.“
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„Auch zum Sex kann man sich verabreden“
Damit dieses Ritual nicht zum weiteren Punkt auf der Tages-To-do-Liste wird, sei es wichtig, dass beider Partner Zeit und Lust haben, sich zu begegnen. Milek: „Wenn einer mal keine Lust hat oder einfach schlafen möchte, ist das auch kein Problem. Wenn es nicht passt, signalisieren Sie das. Sehen Sie das Treffen wie eine Einladung aneinander.“ Übrigens könne man sich nicht nur zum Reden, sondern auch zum Sex verabreden: „Die Lust aufeinander lässt im stressigen Alltag meist nach und kommt nicht von selbst. Es fehlt meist auch die Ruhe und Muße, deshalb kann es hilfreich sein, sich bewusst zum körperlichen Zusammensein zu treffen.“
Sogar beim Bügeln und Einkaufen kann man sich verbunden fühlen
Eine richtige Auszeit zu zweit hat man in einer Familie mit Kindern vermutlich am ehesten außerhalb des Hauses, zum Beispiel im Café, Kino oder Restaurant. Da man dafür aber meist gute Planung und einen Babysitter braucht, ist ein solches Date mit dem Partner aufwendiger und lässt sich nicht jede Woche umsetzen. „Besondere Momente abseits des Alltags sind belebend für die Partnerschaft. Schön, wenn es Ihnen gelingt, mit Ihrem Partner etwas Außergewöhnliches zu unternehmen, aber idealerweise sollte kein zusätzlicher Stress oder Erwartungsdruck dadurch entstehen", rät Milek. „Wichtiger als die Highlights sind die Momente der Begegnung im Alltag.“ Qualitätszeit könne man sogar bei den täglichen Pflichtaufgaben miteinander verbringen. Beim Bügeln oder Abspülen ein entspanntes Gespräch zu führen oder beim Wocheneinkauf gemeinsam zu lachen, kann schon dabei helfen, sich dem Partner näher zu fühlen. „Paare, die auch im Alltag Dinge bewusst zusammen machen, sind zufriedener. Versuchen Sie, im Hier und Jetzt zu sein“, sagt Milek.