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In Sachen LiebeStreit über Erziehung – Mein Mann lässt unserem Sohn alles durchgehen

Lesezeit 4 Minuten
Eine wütende Mutter schreit, ein Mädchen weint und ein Vater versucht, die Tochter zu trösten.

Es ist normal, dass Eltern nicht immer einer Meinung sind bei der Erziehung. Doch wie damit umgehen?

Wenn Eltern unterschiedlicher Meinung über die Erziehung sind, sollten sie darüber reden. Die Auseinandersetzung sollte aber niemals vor den Kindern stattfinden.

Mein Mann und ich sind uns in der Erziehung oft nicht einig. Er sieht das meiste viel lockerer als ich. Er würde unseren 15 Jahre alten Sohn viel mehr machen lassen: mehr Computer, länger draußen bleiben. Das führt dann häufig zu großem Streit zwischen uns. Wie können wir das ändern? (Tina, 44)

Was Sie erleben, das erleben gefühlt alle Eltern in irgendeiner Weise. Und es ist ganz normal. Wie wäre es, wenn die Eltern immer einer Meinung wären? Das wäre erst einmal ziemlich unrealistisch, und es wäre wahrscheinlich auch langweilig. Für die ganze Familie. Besonders Ihr Sohn würde Sie als Eltern immer als Wand erleben, gegen die er nicht ankommt. So lernt er: Man kann verschiedene Meinungen zu ein- und derselben Sache haben. Man kann die Welt so sehen wie meine Mutter – oder sie so angehen wie mein Vater.

Es ist nicht eines besser oder schlechter, auch wenn Ihr Sohn vielleicht in dem Moment die Haltung seines Vaters vorzieht, weil sie ihm mehr Freiräume lässt. Wenn es möglich ist, würde ich Ihnen gerne sagen: Nutzen Sie Ihre Unterschiedlichkeit. So lernt Ihr Sohn die verschiedenen Facetten kennen. Aber natürlich ist es so einfach eben auch nicht. Sie erwähnen den großen Streit zwischen Ihnen. Worum streiten Sie? Geht es um die Frage: Wer hat Recht? Wer kennt sich besser aus in der Erziehung eines 15-Jährigen? Oder geht es um die Frage: Wie kann man am besten die Gunst des Sohnes für sich gewinnen?

Austausch über die eigene Erziehung ist hilfreich

Geht es um einen Konflikt, der eigentlich zwischen den Eltern besteht und sozusagen stellvertretend in der Frage der Erziehung ausgetragen wird? Oder geht es darum: Was ist das Beste für unser Kind und auch für uns als Familie? Es ist interessant, sich darüber als Paar auszutauschen: Was führt uns zu unserer Meinung über die Erziehung unseres Sohnes?

Dazu ist es hilfreich, auch auf die eigene Erziehung zu schauen. Vielleicht können Sie gemeinsam darüber sprechen, wie Sie selbst groß geworden sind. Was war gleich? Was war unterschiedlich? Was hat Sie geprägt? Ging es besonders streng zu, und wollen Sie das auf keinen Fall für Ihren Sohn wiederholen? Oder waren Ihre Eltern eher ängstlich, und Sie sind es auch? Und was ist heute: Fällt es Ihnen schwer, den Sohn gehen zu lassen?

Oder gibt es ernstzunehmende und berechtigte Sorgen, weil etwa das Computerverhalten Ihres Sohnes sehr extrem ist? Oft ist uns ein Teil unserer Motive gar nicht bewusst. Aber es ist interessant, sich das bewusst zu machen.

Geht es beim Streit wirklich um das Kind?

So können wir unterscheiden: Hat meine Sorge mit der Situation meines Kinds zu tun? Oder geht es auch darum, dass wir als Kind etwas gelernt haben, das wir noch nie in Frage gestellt haben? Etwas, das wir auf jeden Fall anders machen wollten? Vielleicht können Sie sich mit Ihrem Mann darüber austauschen und schauen, ob es Kompromisse gibt. Kann jeder gehört werden?

Noch eine weitere Möglichkeit können Sie in Betracht ziehen: Manchmal geht es bei dem Streit über das, was unsere Kinder tun, um einen Konflikt, der zwischen den Erwachsenen schwelt. Das wäre hilfreich herauszufinden.

Wichtig ist, dass Sie sich klar machen: Ihr Sohn spürt auch die ungesagten Dinge, und natürlich bekommt er den Streit mit, der ihn betrifft. Egal wie es ausgeht, Ihr Sohn wird sich dabei überhaupt nicht wohl fühlen. Kinder möchten nicht, dass die Eltern sich über sie streiten. Weil sie sich dann schuldig dafür fühlen. Wenn Kinder das spüren, ist das letztendlich schlimmer, als wenn sie zum Beispiel früh nach Hause kommen müssen.

Das bedeutet: Sie können sich vor ihrem Sohn auch mal streiten. Streit gehört schließlich zum Leben dazu. Aber: Wenn Sie sich über ihn streiten, machen Sie das, wenn er nicht dabei ist. Wenn er Streit mitbekommt, muss er später auch erfahren, dass Sie sich wieder vertragen haben.

Unser Team von Expertinnen und Experten beantwortet Ihre Fragen. Die Psychotherapeuten Désirée Beumers, Carolina Gerstenberg und Daniel Wagner sowie die Diplom-Psychologinnen Elisabeth Raffauf und Katharina Grünewald sind versiert in der Beratung rund um Liebe, Beziehung und Partnerschaft. Der Urologe Volker Wittkamp kennt sich mit allem aus, was Liebe mit unserem Körper macht – und umgekehrt. Schreiben Sie uns, was Sie in der Liebe bewegt! Ihre Zuschriften werden anonymisiert weitergegeben. Schicken Sie Ihre Frage an: in-sachen-liebe@dumont.de