Speziell für MütterJobbörse „Superheldin“ vermittelt familienfreundliche Jobs
Köln – Bis zur Geburt ihrer Tochter lief es bei Sandra Westermann beruflich bestens. Als sie aber nach der Elternzeit wieder einsteigen wollte, fand sie keine Arbeit, die zu ihrem neuen Leben gepasst hätte. Alle Stellen waren in Vollzeit mit festen Anwesenheitszeiten ausgeschrieben. Weil das vielen Eltern so geht, hat sie „Superheldin“ gegründet, eine Börse für familienfreundliche Jobs. Im Interview spricht Sandra Westermann über die heutigen Anforderungen an den Arbeitsmarkt und die besonderen Fähigkeiten von Müttern.
Frau Westermann, warum war es notwendig, eine Jobbörse für familienfreundliche Jobs zu gründen? Gibt es nicht schon genügend Plattformen für die Stellensuche?Sandra Westermann: Meiner Erfahrung nach nicht. Ich habe früher beim Fernsehen als Produktionsleiterin gearbeitet, bin dann schwanger geworden und habe nach der Elternzeit keine Arbeit mehr gefunden. Zumindest keine mit flexiblen Arbeitszeiten. Durch einen großen Zufall habe ich doch noch einen Arbeitgeber für ein sechsmonatiges Projekt gefunden. Der hat mich komplett flexibel arbeiten lassen. Als das Projekt vorbei war, habe ich ganz klassisch angefangen, nach familienfreundlichen Jobs zu suchen und nichts gefunden. Anschließend habe ich mich in meiner Umgebung umgehört und mit Unternehmen und Personalabteilungen gesprochen, um zu erfahren, ob es wirklich ein Bedürfnis gibt, eine familienfreundliche Jobbörse zu gründen. Die Reaktionen waren durchweg so positiv, dass ich beschlossen habe, es zu machen.
Was die Eltern angeht, ist das nachvollziehbar. Wie war denn die Reaktion in den Unternehmen? Gibt es Bedarf nach Müttern und Vätern im Job?Westermann: Ja absolut. Es gibt einen Fachkräftemangel, Arbeitsplätze bleiben bis zu drei Monate unbesetzt. Unternehmen müssen mittlerweile umdenken, andere Lösungen und Kanäle finden, um ihr Personal zu recruiten. Da liegt es natürlich auf der Hand, auch mal die Zielgruppe Mütter und Väter anzugehen, weil die einfach eine qualifizierte und gut ausgebildete Berufsgruppe sind, aber durch die festgelegten Arbeitszeiten keine Jobs finden. Familienfreundlichkeit ist für Unternehmen auch eine Art Marketing. Viele Unternehmen sind schon familienfreundlich, wissen es aber selbst gar nicht.
Was außer flexiblen Arbeitszeiten macht ein Unternehmen familienfreundlich?
Westermann: Ein individuelles Arbeitszeitenmodell ist tatsächlich für alle am wichtigsten. Mit jedem Mitarbeiter muss individuell besprochen werden, was wann Sinn macht. Das bedeutet zum Beispiel, dass man für zuhause einen Laptop bekommt oder im besten Fall einen Kitaplatz im Betriebskindergarten.
Nach sieben Monaten Vorlauf ist „Superheldin“ am 1. Mai 2019 an den Start gegangen. Wie ist die Resonanz?Westermann: Die Resonanz ist fulminant. Wie haben innerhalb der drei Monate schon mehr als 3000 Fans auf Facebook gewonnen. Die Reichweitenzahlen sind enorm. Das Thema ist wirklich dankbar. Ich bekommen viele Mails von Unternehmen, die uns gut finden und sich zeigen wollen. Für Nutzer ist die Plattform kostenlos, Unternehmen zahlen für ihre Präsentation und die Inserate.
Welche Jobs bieten Sie auf Ihrer Plattform an? Westermann: Wir haben alles! Gesucht werden Juristinnen, Verkäuferinnen, Assistenten der Geschäftsführung, Verkäuferinnen, Erzieherinnen. Das Ziel ist auf jeden Fall, so viele Branchen und Berufe abzudecken wie möglich.
Sind die Jobs bundesweit ausgeschrieben? Westermann: Wir haben in Ballungszentren und großen Städten angefangen, sind aber mittlerweile in ganz Deutschland aufgestellt und gehen jetzt bald auch nach Österreich.
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Viele Unternehmen stellen Eltern nicht gerne ein, weil sie denken, dass die oft mit kranken Kindern zuhause bleiben müssen und nicht flexibel einsetzbar sind. Dabei sind gerade Eltern bei der Arbeit besonders produktiv. Gibt es Arbeitgeber, die das wissen?Westermann: Ein Geschäftsführer hat mir mal gesagt: In erster Linie ist mir die Qualifikation meines Arbeitnehmers wichtig, dann ist es auch egal, ob es eine Mutter oder ein kinderloser Mitarbeiter ist. An den Müttern schätze er aber besonders die Effizienz. Sie schafften mehr in kürzerer Zeit, weil sie irgendwann den Stift fallen lassen müssten, um ihr Kind abzuholen. Die Personalchefin aus diesem Unternehmen hat bestätigt, dass es bezogen auf Krankentage keine Unterschiede zwischen Eltern und kinderlosen Mitarbeitern gibt.
Wie ist ihre eigene Erfahrung als Mutter und Selbstständige: Sind Mütter besonders tough und schnell?Westermann: Ja, definitiv! Ich bin wirklich der Meinung, dass sich vor allem Effizienz, die ja auch eine wichtige Eigenschaft für Mitarbeiter ist, extrem ändert, wenn man Kinder hat, die man abholen muss. Man ist viel stressresistenter, von Organisation muss man gar nicht sprechen. Jede Mutter könnte locker ein Filmprojekt managen. Das sind alles Eigenschaften, die Mütter ausmachen.
Heißt Ihre Plattform deshalb „Superheldin“?Westermann: Ja genau! Sie richtet sich natürlich auch an Väter. Aber ich bin halt eine Frau und deswegen gehe besonders auf die Mamas ein. Ich bin nach wie vor der Meinung, dass Frauen und Mütter durch immer noch festgesetzte Rollenverteilungen nach wie vor benachteiligt sind. Darum möchte ich mit „Superheldin“ in erster Linie etwas für die Frauen und Mütter machen. Auf meiner Plattform soll man sich als Frau wohlfühlen und als Mutter willkommen fühlen und sich nicht verstecken, weil man ein Kind hat.