1 Glauben Sie bitte nicht, dass die Frage „Zu Dir oder zu mir“ so unschuldig ist wie ein weißes Blatt Papier im Frühlingswind. Wer diese Formel anwendet, hat keinesfalls eine gepflegte Partie Mau-Mau oder ein Fachgespräch über die Gestaltung urbaner Vorgärten im Sinn. Nein, er oder sie will nur das Eine. Der Erfolg des Unterfangens hängt bekanntlich von allerlei Faktoren ab. Sollten Sie keinen Erfolg haben: An „Zu Dir oder zu mir“ lag’s nicht.
2 Die Formulierung „mit jemandem schlafen“ ist – bei Licht betrachtet – eher seltsam. Leidenschaft! Hingabe! Unersättlichkeit! Und das alles im Schlaf? Gegen die simple Feststellung „Ich möchte mir Dir schlafen“ ist dennoch nichts einzuwenden, sie hat sich etabliert. Bedenken Sie, dass es sich auch bei dieser eher soften Art des Verbalbalzens keineswegs anbietet, mit der Tür ins Haus zu fallen. Es ist ein Satz für romantische Augenblicke. Im Regelfall nicht für die erste Kontaktaufnahme.
Es steigert die Erfolgsaussichten Ihres Unterfangens ungemein, wenn Sie mit der vollkommenen Gewissheit operieren können, alles sorgfältig vorbereitet zu haben.
Wie schnell ist etwa das amouröse Ambiente ruiniert, wenn der Nachwuchs mit wachem Forschergeist erkunden will, was für Geräusche aus dem Schlafzimmer kommen. Ebenfalls kontraproduktiv: Hunde, die Gassi gehen müssen, Katzen, die Futter haben wollen, Kinder, die lautstark CDs von Detlef Jöcker hören.
3 Sie sind ein rhetorisches Wunderwerk auf zwei Beinen? Verbalisieren, was das Zeug hält? Jonglieren mit Wörtern, dass es eine Freude ist? Super. Manches ergibt sich von allein. Sie wollen den Anderen verführen, nicht totquatschen. Und ist es nicht demütigend, wenn Sie nur geküsst werden, weil Sie dann nicht mehr reden können?
4 Dr. Eckart von Hirschhausen hat auf die Frage, ob man beim Sex lachen dürfe, geantwortet: Ja, solange man dabei nicht auf bestimmte Körperteile zeigt. Lässt das Objekt Ihrer Begierde eine gewisse Humorbereitschaft erkennen, spricht auch absolut nichts gegen Lachen vor dem Sex. Da auswendig gelernte und lustig gemeinte Sprüche allerdings in etwa so anturnend sind wie Farbaufnahmen Ihrer letzten Darmspiegelung, verzichten wir an dieser Stelle auf konkrete Tipps. Seien Sie selbst komisch! Sie können das!
5 Verlassen Sie sich auf Ihre Intuition. Hinter Ihnen liegt eine irrsinnig lange Evolution, die nur deshalb nicht irgendwann abrupt endete, weil Lebewesen andauernd Sex gehabt haben. Sogar solche, die überhaupt nicht denken konnten! Sie sind das stolze Ergebnis dieser Evolution. Glauben Sie an Ihr atavistisches Erbe. Aber verzichten Sie darauf, sich wie ein Neandertaler zu benehmen.
6 Lesen Sie bitte niemals die vermeintlich 32 besten Flirtsprüche des nachdenklichen Philosophie-Magazins „Men’s Health“. Gut, lesen ist in Ordnung. Aber wenden Sie diese Sprüche bitte niemals an, es sei denn, Sie wollen sich zum zölibatär lebenden Vollhonk machen. Hier ein paar Beispiele: „Haben wir schon wieder Frühling oder bist Du das, die hier so duftet?“ „Gefällt Dir dieses Lied? Das habe ich für dich geschrieben.“ „Mein Name ist Bond. James Bond.“
7 Vergessen Sie bitte umgehend, was Sie gerade gelesen haben.
8 Sex in bereits länger bestehenden Beziehungen? Ja, kommt auch vor. Der Sensationsfaktor ist geringer, die imaginären Feuerwerke fallen kleiner aus. Doch wie peppt man eine Beziehung wieder auf, die sich nach und nach das Prädikat „geschwisterlich“ verdient hat? Die oft empfohlene regelmäßige Verabredung zum Sex scheint nur bedingt die beste aller möglichen Lösungen. „Oh, schon wieder Donnerstag?“ „Ja.“ „15 Uhr?“ „Ja.“ „Na gut.“ 9 Okay, bringen wir es hinter uns: Kerzenschein, prickelnde Getränke, romantische Musik – die Dinge geschehen leichter in einer ansprechenden Atmosphäre. Je nach persönlicher Vorliebe ersetzen Sie bitte „romantische Musik“ durch Techno, Industrial oder was auch immer; sogar deutscher Betroffenheitsrock ist erlaubt, solange der Andere nichts gegen sadomasochistische Praktiken einzuwenden hat. 10 Pornografie zur Einstimmung? Kann man machen, solange die Handlung nicht so strunzdoof ist, dass man seine Einstellung zum Sex grundsätzlich hinterfragt, oder so langweilig, dass man irgendwann gemeinsam „Anne Will“ guckt, oder so ambitioniert, dass man sich plötzlich in einer – nun ja – anregenden Diskussion über Neostrukturalismus und Filmkunst im 21. Jahrhundert wiederfindet.