KinderpsychologinWie Eltern ihre Kinder im zweiten Lockdown trösten können
Köln – Fragt man die Kölner Kinderpsychologin Elisabeth Raffauf, dann ist die Corona-Krise vergleichbar mit einer Art Ohnmacht. Ein Zustand, der für niemanden steuerbar ist. Betroffen sind wir also alle gleichermaßen, keine Frage – und doch sind die Jüngsten der Gesellschaft vielleicht noch stärker damit konfrontiert. Weil sie öfter und länger die Maske in der Schule tragen mussten als manch ein Erwachsener im Homeoffice. Und weil sie weniger Chance haben, tägliche Neuigkeiten und Änderungen zu verfolgen und vor allem: nachzuvollziehen.Wie also stark bleiben für die fragenden Kinderaugen, in Zeiten, wo Eltern, Großeltern, allen Erwachsenen selbst manchmal die Puste auszugehen scheint?
Psychologin Raffauf rät: Es hilft, bei den Kindern vielleicht mal Fünfe gerade sein zu lassen. „Man darf nicht so hohe Ansprüche haben. Also nicht verlangen, dass es schulisch so laufen muss, wie bisher. Für die Kinder ist es schließlich auch schwierig, die Situation auszuhalten.“
Niemand trage die Schuld an den Umständen. Weder Kinder, noch Eltern. Einzig das Coronavirus. Das Problem liegt also außerhalb und sollte von Familienstreits ausgeschlossen werden.
Kleine Freuden im Alltag schaffen
Wie eskaliert es aber vielleicht gar nicht erst? Und wie hält man die Stimmung der Kinder im Homeschooling oben, wenn Treffen mit Freundinnen und Freunden oder ein Sonntagnachmittag bei Oma und Opa ausfallen?
Struktur ist dabei ein wichtiges Stichwort. Und damit meint Psychologin Raffauf nicht (nur), dass das Homeschooling jeden Morgen um 8 Uhr mit Mathe beginnt und um 13 Uhr mit Deutsch aufhört. „Es hilft, gemeinsam zu überlegen: Auf was kann sich das Kind als nächstes freuen? Das kann eine digitale Verabredung zum Spieleabend sein oder ein Telefonat mit Oma, für das jeder vorher einen Witz vorbereitet.“
Oft seien es die ganz kleinen Dinge, die einen Tag schön machen können. Hauptsache es gibt etwas im Alltag der Kinder, dass trotz der vielen ernsten Themen auch mal abseits von Schul- und Lerndruck stattfindet. Gemeinsam kann beispielsweise abends der Tag noch einmal der Reihe nach durchgegangen werden: Waren wir mal an der frischen Luft? Hat uns der Nachbar von nebenan zugelächelt? Haben wir einen Kuchen gebacken?
Professionelle Hilfe je nach Fall abwägen
Und ganz grundsätzlich: dem Kind gut zureden. Es ist okay, wenn es versucht, das Corona-Thema weitgehend auszublenden. Genauso aber auch, wenn es täglich darüber sprechen möchte. Sofern es ihm spürbar gut tut. „Kinder sollten sich auf den Teil konzentrieren, den sie selbst zur Corona-Krise beitragen können: Also Maske tragen und die Kontakte so gut es geht einschränken", sagt Elisabeth Raffauf.
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Macht es sich dennoch übermäßig Sorgen, ist oft traurig und kaum zu trösten, sollten Eltern womöglich über professionelle Hilfe nachdenken. Auch trägt nicht jedes Kind sein Herz auf der Zunge: Will es nicht über seine Ängste und Sorgen reden, könnte ihm beispielsweise angeboten werden, seine Gedanken aufzuschreiben oder ein Bild darüber zu malen.
Bewusste Corona-Auszeiten nehmen
Und wenn der Haussegen trotzdem schief hängt? Dann hilft vielleicht ein Plan: Jedes Familienmitglied darf an einem Tag der Woche seine Wut rauslassen. Laut schreien, auf ein Kissen schlagen, wild umhertanzen. „Auch Medienpausen können dem Familienleben guttun, um zwischendurch mal bewusst aus dem ganzen Corona-Thema auszubrechen", so Raffauf.
Doch: Auch Eltern sind nicht allmächtig. Gerade dann, wenn man selbst gereizt ist, ist Ehrlichkeit gegenüber dem Nachwuchs wohl das beste Mittel. Indem Sie den Kindern schlicht mitteilen, dass Verzweiflung und schlechte Stimmung nichts mit ihnen zu tun hat. „Gemeinsam mit Freunden, Verwandten und anderen Erwachsenen zu überlegen, was Entlastung geben kann, hilft in diesem Fall", sagt die Psychologin.
Und nicht zuletzt so auch den Kindern, die damit signalisiert bekommen: Mama und Papa kümmern sich. Und alles wird irgendwie gut werden.