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In Sachen LiebeWarum auch Männer ihren Beckenboden trainieren sollten

Lesezeit 4 Minuten
Ein Mann macht im Wohnzimmer auf einer Sportmatte eine Plank

Auch Männer sollten ihren Beckenboden trainieren.

Für Männer ist der Beckenboden oft erst ein Thema, wenn er nach einer Entfernung der Prostata wieder fit werden soll.

Neulich habe ich mit Überraschung gehört, dass Beckenbodentraining auch für Männer gut sein soll. Ist da was dran? Richard, 38

Der Beckenboden, eine Muskelplatte im unteren Bauchraum, ist beim Menschen unabhängig vom Geschlecht vorhanden. Im medizinischen Fokus stand er lange Zeit aber tatsächlich vor allem im Zusammenhang mit Rückbildungskursen nach der Schwangerschaft oder bei Inkontinenz-Problemen älterer Frauen.

Volker Wittkamp

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Für Männer wurde der Beckenboden in den meisten Fällen erst ein Thema, wenn er nach einer Entfernung der Prostata – etwa aufgrund eines Tumors – in der anschließenden Reha trainiert werden soll. Langsam, aber sicher drängt sich der Beckenboden jedoch auch ins Bewusstsein jüngerer, fitnessbewusster Penisträger. Grund dafür ist seine Beteiligung an Erektion und Ejakulation und ein damit verbundener Optimierungswunsch.

Beckenboden besteht aus vielen Muskelgruppen

Um den Beckenboden ordentlich trainieren zu können, muss man ihn zunächst richtig verstehen. Voilà: Der Beckenboden ist zusammengesetzt aus mehreren Muskelgruppen und spannt sich unter unseren Beckenorganen – beim Mann sind das Harnblase, Enddarm und Prostata – aus wie ein Sicherheitsnetz unter einem Hochtrapez. Zusätzlich weist der Beckenboden zwei Öffnungen auf: die eine für den Anus und die andere für die Harnröhre. Diese Öffnungen werden durch spezielle ringförmige Muskeln stabilisiert, die ominösen Schließmuskeln. Diese sind, wie ihr Name bereits sagt, die meiste Zeit fest verschlossen und öffnen sich beim Stuhlgang oder Wasserlassen.

Ein Teil der Beckenbodenmuskulatur umschließt den Penis und sorgt bei seiner Anspannung für ein vollständiges Entleeren der Harnröhre und mit seiner rhythmischen Bewegung für den Ausstoß des Ejakulats. Während der Erektion sichert die Beckenbodenmuskulatur, dass das Blut im Penis bleibt, und sorgt somit auch für eine längere und härtere Erektion. Ist man etwas geübt, lässt sich der Penis durch eine Anspannung der Beckenbodenmuskulatur fast tänzelnd auf und ab bewegen. Training und Spaß zugleich.

Ein Gefühl für den Beckenboden bekommen

Übungen für den Beckenboden gibt es so viele, dass ich sie hier nicht alle aufführen kann. Um zunächst ein Gefühl dafür zu bekommen, um welche Zone im Körper es sich überhaupt handelt, können Sie versuchen, einen imaginären Harnstrahl anzuhalten und den Penis – wie den Hals einer Schildkröte – etwas ins Körperinnere zu ziehen. Dann tun Sie so, als wollten Sie beim Stuhlgang den letzten Rest abknipsen. Alles zwischen diesen zwei Bereichen ist der Beckenboden.

Leider hat er es nicht immer leicht, sondern muss sich einer Menge Feinde erwehren, die damit indirekt auch deine Erektion gefährden. Steht man aufrecht, lastet auf dem Beckenboden das komplette Gewicht unseres Bauchraums. Hier ist jedes Kilo mehr nicht Training für den Beckenboden, sondern Belastung, gerade wenn das zusätzliche Gewicht mit Bewegungsmangel einhergeht oder auf ihn zurückzuführen ist.

Beim Husten nach oben schauen

Eine enorme Belastung stellt auch das Husten oder Niesen dar. Hierbei können sich erste Schwächen des Beckenbodens durch einen Urinverlust bemerkbar machen. Dauerhaftes Husten, wie es bei Asthma oder COPD vorkommt, schadet somit leider auch unserem Beckenboden.

Ein kleiner Tipp mit großer Wirkung: Drehen Sie doch einmal den Kopf zur Seite oder schauen Sie nach oben und husten erst dann. Sie werden sehen, wie viel weniger Druck sich in Ihrem Beckenbodenbereich aufbaut, was diesen nachhaltig schont.

Nicht jedes Training ist gut für den Beckenboden

Verstärkt werden all diese Faktoren häufig durch eine altersbedingte Schwäche des Bindegewebes. Und auch nicht jedes Training ist gut für den Beckenboden. Sportarten mit starken Stoßbelastungen wie zum Beispiel Trampolinspringen stärken den Beckenboden nicht, sondern bewirken das genaue Gegenteil.

Nützlicher sind Sportarten mit sanften Bewegungen, gerade zum Start des Trainings nach längerer Enthaltsamkeit. Das schont nicht nur die Gelenke, sondern ebenfalls den Beckenboden. Hier bieten sich beispielsweise Nordic Walking oder Yoga an. Beim Radfahren gilt es, auf einen bequemen Sattel und einen geraden Rücken zu achten. Also lieber das Hollandrad als direkt aufs Gravelbike. Am effektivsten ist ein gezieltes Training des Beckenbodens, professionell angeleitet in einer spezialisierten Praxis für Physiotherapie. Aber auch im Internet findet man gute Übungen.


Dieser Text verwendet Auszüge aus dem Buch unseres Autors: Volker Wittkamp/Oliver Stöwing: „Gut aufgestellt. Alles über den Penis“, Verlag Piper, 336 Seiten, 18 Euro.

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Unser Experten-Team beantwortet Ihre Fragen in der Zeitung: die Psychotherapeuten Carolina Gerstenberg und Daniel Wagner, die Diplom-Psychologinnen Elisabeth Raffauf und Katharina Grünewald, Sexualberaterin Gitta Arntzen sowie der Urologe Volker Wittkamp. Ihre Zuschriften werden anonymisiert weitergegeben. Schicken Sie Ihre Frage an: in-sachen-liebe@dumont.de