Karriere-Aus wegen AphasieDas steckt hinter der Krankheit von Bruce Willis
Köln – Eine Nachricht, die seine Familie via Instagram in die Welt sendete, erschütterte die Fangemeinde von Hollywood-Legende Bruce Willis: Der 67-jährige Schauspieler zieht sich ins Private zurück, da eine Krankheit ihn dazu zwingt: Aphasie. Ursache der erworbenen Sprachstörung ist in den allermeisten Fällen ein Schlagfanfall. Wodurch kann Aphasie noch entstehen? Wie viele Menschen sind betroffen und gibt es Risikofaktoren? Wir beantworten die wichtigsten Fragen zur Aphasie.
Wie entsteht die Sprachstörung Aphasie?
Aphasie ist eine erworbene Sprachstörung aufgrund einer Schädigung des Sprachzentrums im Gehirn, die meist, und zwar in 80 Prozent der Fälle, durch einen Schlaganfall verursacht wird oder aufgrund von Kopfverletzungen nach einem Unfall (10 Prozent), Tumor (7 Prozent) oder eines entzündlichen Gehirnprozesses (1 Prozent). Aphasie, darauf legen Betroffene und Aphasiker-Verbände großen Wert, bedeutet „Verlust der Sprache“ und nicht der kognitiven Fähigkeiten. Aphasiker sind also weder in ihrem Denken noch in ihren Intelligenzleistungen gestört, aber in allen sprachlichen Fähigkeiten: Sprechen und Verstehen, Lesen und Schreiben.
Wie äußert sich eine Aphasie genau?
Das Sprechen ist bei allen Patientinnen und Patienten gestört. Manche sprechen sehr mühevoll, suchen verzweifelt nach Wörtern oder bilden Sätze im Telegrammstil. Andere sprechen flüssig, verwechseln aber Laute oder vertauschen die Bedeutungen der Wörter. Den Betroffenen ist dies am Anfang nicht bewusst. Sie denken geordnet, aber sie sprechen „wirr“.
Auch das Verstehen kann unterschiedlich betroffen sein. Im Extremfall nehmen Betroffene Wörter nur dem Klang nach wahr, ohne deren Bedeutung zu erfassen. Andere verstehen zwar einzelne Wörter, aber nicht deren genaue Zusammenhänge in Satz und Text. Ähnliche Wörter werden oft verwechselt – in etwa so, wie sich ein Tourist oder eine Touristin in einem fremden Land vorkommt, dessen Sprache man nicht beherrscht.
Bei vielen Aphasikern sind Schreiben und Lesen ähnlich gestört wie Sprechen und Verstehen. Manche können Wörter nur mühsam Buchstabe für Buchstabe erfassen, andere verwechseln Wortbedeutungen und Wortformen.
Unter welchen Begleitsymptomen leiden Aphasiker?
Bei den meisten Aphasikern gelingt die Planung von Bewegungen und Handlungen nicht mehr automatisiert. Körperpflege, Essen oder Arbeiten im Haushalt geraten durcheinander. Hinzukommt, dass die Aufmerksamkeit eingeschränkt ist; Betroffene können sich meist nur auf eine Sache konzentrieren, Multitasking, also mehrere Dinge gleichzeitig zu tun, führt leicht zur Überforderung. Weil die Gehirnschädigung die Motorik beeinträchtigt, kommen Lähmungen und Störungen der vegetativen Funktionen häufig vor.
Viele Betroffene leiden seelisch sehr schwer unter dem Verlust oder der Störung der eigenen Muttersprache, werden in der Folge depressiv oder auch aggressiv. Das Gefühlsleben gerät durcheinander. Oft ist soziale Vereinsamung die Folge der Erkrankung. Und auch Angehörige und Freunde sind gefordert, da die Verständigung mit Aphasikerinnen und Aphasikern Geduld, Zeit und Einfühlungsvermögen verlangt.
Gibt es verschiedene Arten der Aphasie?
Expertinnen und Experten unterscheiden vier Formen oder auch Syndrome der Aphasie:
Globale Aphasie ist die schwerste Störung. Eine sprachliche Verständigung mit dem Betroffenen ist kaum oder gar nicht mehr möglich. Spontansprache und Sprachverständnis, Lesen und Schreiben sind schwer beeinträchtigt. Viele Betroffene benutzen oft sinnlose Silben, die sich in immer wiederkehrenden Äußerungen wie z.B. „Tatatata“ oder „Dududu“ äußern. Andere gebrauchen automatisierte Floskeln, wie „na ja“, „oh, Gott“ oder „ja, ja“, die oft ohne Bezug im Gespräch eingesetzt werden.
Tipps zum Umgang mit Aphasikerinnen und Aphasikern
Geduldig bleiben: Menschen mit einer Aphasie brauchen Zeit, um Gesprächsinhalte zu erfassen. Sprechen Sie langsam, benutzen Sie einfache Sätze und legen Sie Pausen ein.
Nicht das Wort aus dem Mund nehmen: Menschen mit einer Aphasie sprechen häufig stockend und suchen lange und verzweifelt nach Worten. Warten Sie ab, ob der- oder diejenige das Wort nicht doch noch findet, denn für ihn oder sie ist jedes sprachliche Erfolgserlebnis wichtig. Oft gelingt es den Betroffenen, sich auszudrücken, wenn man ihnen genügend Zeit lässt.
Nicht stellvertretend antworten, wenn eine betroffene Person von jemand Drittes angesprochen oder in ein Gespräch einbezogen wird.
Die Kommunikation erleichtern: Wer langsam und deutlich spricht und Mimik und Gesten einbezieht, erleichtert das Gespräch mit einer von Aphasie betroffenen Person
Korrigieren vermeiden: Menschen, die an einer Aphasie leiden, haben oft Angst vor sprachlichen Fehlern und trauen sich deshalb nicht, zu sprechen. Andauerndes Korrigieren verstärkt diese Angst. (Quelle: Bundesverband Aphasie)
Bei der Broca-Aphasie (motorische Aphasie) sprechen Betroffene meist mühsam und stockend, mit vielen Sprechpausen. Die Wörter haben viele Lautverwechslungen, die Sätze sind unvollständig. Die Sprache ist grammatikalisch entstellt, der Satzbau erinnert an den Stil von Telegrammen, Fachleute sagen Agrammatismus dazu. Lesen oder Schreiben sind den Betroffenen zwar möglich, zeigen aber häufig die gleichen Störungen wie die Sprache.
Bei der Wernicke-Aphasie steht die Störung des Sprachverständnisses im Fokus. Betroffene können Gesprochenes nur teilweise verstehen, beim Sprechen kommt es zu Wort- und Lautverwechslungen und falschen, verschachtelten Sätzen, die eigenen Gedanken sprachlich mitzuteilen fällt schwer.
Wer unter einer amnestischen Aphasie leidet, hat Wortfindungsstörungen, aber keine großen Probleme mit dem Sprachverständnis, mit Lesen und Schreiben.
Wie viele Menschen sind in Deutschland betroffen?
Mehr als 100.000 Menschen sind hierzulande zu jedem Zeitpunkt von Aphasie betroffen, 0,1 bis 0,2 Prozent der Bevölkerung, die Dunkelziffer schätzen Expertinnen und Experten jedoch wesentlich höher ein. 90.000 Patientinnen und Patienten erleiden eine Aphasie aufgrund eines Schlaganfalls, den 2 von 1000 Menschen jährlich überleben, 40 Prozent davon mit einer zumindest vorübergehenden Aphasie. Bei rund 44 Prozent verschwinden nach sechs Monaten alle Symptome und die Sprachfunktion normalisiert sich.
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Ist eine Aphasie heilbar?
Mit Hilfe intensiver Sprachtherapie bei einem Logopäden oder einer Logopädin können nicht betroffene Hirnbereiche die Funktionen der gestörten Areale übernehmen. Trotz der Fortschritte moderner Sprachtherapie sind Aphasien bislang nur bedingt behandel- und heilbar. Ärztinnen und Ärzte empfehlen eine möglichst zeitnahe Therapie doch auch Jahre nach Krankheitsbeginn lassen sich mit einer entsprechenden Therapie Erfolge erzielen. Eine Aphasie-Therapie umfasst meist Sprech-, Konzentrations- und Verständnisübungen, aber auch Rollenspiele, in denen Alltagssituationen trainiert werden.