Bleibt, wer mit Omikron-Varianten in Kontakt war, auch immun gegen zukünftige Erreger? Wir haben uns eine neue Studie aus Südkorea erklären lassen.
Kölner Infektiologe erklärt StudieBleiben Geimpfte und Genesene auch geschützt vor neuen Corona-Varianten?
Das Coronavirus begleitet uns nun schon seit vier Jahren. So gut wie jede und jeder ist in irgendeiner Form damit in Kontakt gekommen, sei es durch eine Infektion oder eine Impfung. Über die Jahre haben wir verschiedene Varianten des Erregers kennengelernt. So gab es am Anfang Alpha, dann kamen Delta und Omikron. Die Namen der aktuellen Varianten – meist Unterarten von Omikron – kennen nur noch Experten. Nach BA.2, 4 und 5 dominiert aktuell JN.1.
Alles in allem ist Covid-19 kaum noch ein Thema. Die pandemische Phase ist vorüber, wir fühlen uns zumindest vor schweren Verläufen der Krankheit geschützt. Zu Recht? Und was passiert eigentlich, wenn weitere, neue Varianten auftauchen? Bleiben wir dann dank Impfung oder Infektion ebenfalls von schweren Verläufen verschont? Eine neue Studie aus Südkorea macht Hoffnung, dass auch diese uns nicht mehr viel anhaben können. Die Ergebnisse wurden Mitte Januar in der Fachzeitschrift „Science Immunology“ veröffentlicht.
Die Forschenden untersuchten Immunzellen aus Blutproben von 28 Personen, die drei Dosen des mRNA-Impfstoffs von Pfizer/Biontech erhalten hatten; ebenso Proben von 22 Personen, die eine Infektion mit dem ursprünglichen Virusstamm Wuhan-Hu-1 erlitten und zwei Dosen des mRNA-Impfstoffs erhalten hatten sowie 68 Personen, die drei mRNA-Impfdosen bekamen und anschließend eine Durchbruchinfektion erlitten hatten. Der genaue Ablauf wird im Science Media Center (SMC) erklärt, einer Wissenschaftsplattform für Journalisten.
Geimpfte und Genesene sind auch vor neuen Varianten geschützt
Fazit der südkoreanischen Untersuchung: Durch Impfung oder Infektion verbessert sich auch der Schutz gegenüber zukünftigen Varianten. Demnach weisen Personen, die gegen SARS-CoV-2 geimpft wurden oder eine Infektion mit früheren Omikron-Subvarianten durchgemacht haben, ein verstärktes Immungedächtnis gegenüber neueren Omikron-Varianten auf. Sie können sich weiterhin anstecken, sind aber auch bei neuen Varianten vor einem schweren Verlauf geschützt. Die Antikörper verschwinden zwar mit der Zeit aus dem Blut, aber andere Teile des Immunsystems können den Erreger trotzdem weiterhin abwehren.
„Grundsätzlich haben wir zwei Schienen der erworbenen Immunität: Die Antikörper-Antwort über die B-Zellen und eine antigenspezifische Antwort über die T-Zellen. Beide sind wichtig. Die Studie befasst sich mit dem Erinnerungsvermögen der T-Zellen gegenüber verschiedenen Virusvarianten“, erklärt Prof. Jan Rybniker, Facharzt für Innere Medizin und Infektiologie an der Uniklinik Köln.
Verändertes Grippe-Virus wird nicht immer vom Immunsystem erkannt
Offenbar erkennen die T-Zellen, die schon einmal mit dem SARS-CoV-2-Virus Kontakt hatten, auch neue Varianten des Virus, auf die sie vorher noch nicht getroffen sind. „Da gab es bisher die Sorge, dass das nicht der Fall sein würde. So ähnlich ist es auch beim Grippevirus, das sich immer wieder verändert und dann von den T- und B-Zellen nicht mehr erkannt wird“, ordnet Rybniker das Ergebnis ein. Normalerweise unterliegt das Immunsystem der Tendenz, nach einem ersten Kontakt mit einem Virus bei einem weiteren Kontakt mit einer ähnlichen Virusvariante nur Abwehrstoffe gegen die erste Virusvariante zu bilden, nicht aber gegen die mutierten Versionen.
Rybiker wertet die Ergebnisse der Studie positiv: „Die Daten lassen vermuten, dass wir auch in Zukunft für neue Varianten – egal wie sie aussehen werden – mit der Immunantwort, die wir jetzt haben, gut geschützt sind. Infektion und Impfung gegen alte Varianten schützen offenbar auch vor neuen Varianten.“
Wie lange wird der Schutz halten?
Die Frage ist allerdings: wie lange? „Normalerweise besteht die Immunität der T-Zellen viele Jahre. Momentan können wir in Bezug auf Corona aber noch nicht beantworten, wie lange dieser Schutz anhalten wird. Wir sind erst im vierten Jahr der Pandemie und es gab jedes Jahr wieder eine neue Variante“, macht Rybniker deutlich. Mediziner gehen davon aus, dass die Menschen dem Virus entweder über Impfung oder Infektion in den nächsten Jahrzehnten immer wieder ausgesetzt sein werden. „Das Virus wird uns noch viele Jahre begleiten. Wir werden uns weiter infizieren und das Virus auch weiter verbreiten, so wie das auch mit vielen anderen saisonalen Virus-Erkrankungen ist“, so Rybniker.
Immungeschwächte sollten sich weiter impfen lassen
Ältere oder immungeschwächte Personen sollten deshalb weiter vorsichtig bleiben. „Für sie werden wahrscheinlich auch zukünftig weitere jährliche Booster-Impfungen mit angepassten Impfstoffen sinnvoll sein“, sagte Prof. Julian Schulze zur Wiesch, Leitender Oberarzt der Sektion Infektiologie vom Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, dem Science Media Center (SMC). Dem schließt sich auch der Kölner Oberarzt Rybniker an: „Für immungeschwächte Personen und Menschen über 60 Jahren kann es immer noch zu schweren Erkrankungen kommen. Deshalb sollten sie sich nach der aktuellen Empfehlung einmal pro Jahr weiter impfen lassen und sich zu Zeiten hoher Infektionszahlen lieber mit einer Maske schützen. Gleiches gilt für medizinisches Pflegepersonal.“