In drei verschiedenen Ländern haben sich entlassene Corona-Patienten ein zweites Mal mit dem Virus infiziert.
Ist das ein Grund zur Sorge? Wird die Entwicklung eines Impfstoffes unwahrscheinlicher?
Prof. Clara Lehmann von der Kölner Uniklinik hält die Erkenntnisse für hochinteressant. Sorgen bereiten sie ihr nicht.
Köln – Ein Verdacht, den es unter Wissenschaftlern bereits seit Monaten gibt, hat sich in den vergangenen Wochen erhärtet: Wer einmal mit Corona infiziert war, ist nicht unbedingt immun. In Hongkong steckte sich ein junger Mann ein zweites Mal an, auch Belgien und die Niederlande melden vereinzelte Reinfektionen. Ein Grund zur Sorge?
„Es wäre falsch, zu folgern, jeder Corona-Patient könne sich erneut mit dem Virus anstecken“, sagt Clara Lehmann. Die Medizinerin leitet das Infektionsschutzzentrum an der Kölner Uniklinik und forscht seit Monaten an Covid-19. Es hätte sie „eher überrascht, wenn es überhaupt keine Reinfektionen gegeben hätte.“
„Wenig relevant“ für Verlauf der Corona-Pandemie
Beim Fall aus Hongkong sei „klar zu erkennen, dass sich der Patient wirklich zwei Mal infiziert hat. Das heißt: Wir sprechen von einer neuen Infektion, nicht etwa von einer latenten Infektion, die sich ein zweites Mal bemerkbar macht.“ Letzteres sei bei Coronaviren ohnehin eher unwahrscheinlich. Zudem verlief die zweite Infektion des 33-Jährigen ohne Symptome. Theoretisch könne eine solche Infektion den Patienten jedoch „auch so stark treffen wie die erste Infektion.“
Die Beobachtungen seien sehr interessant, um die Krankheit besser kennenzulernen. Für den Gesamtverlauf der Pandemie seien die Reinfektionen allerdings „wenig relevant“: Wenn wir die Reinfektionen in Relation setzen zu den vielen, vielen Menschen, die global infiziert wurden, sind es sehr wenige.“
Hoffnung auf Corona-Impfstoff bleibt
An der Kölner Uniklinik hat es bislang keine Fälle erneuter Infektionen gegeben. „Was wir durchaus hatten, sind Fälle längerer Infektiosität. Hier wurde das Virus auch nach über zwei Wochen noch nachgewiesen.“ Solche Verläufe seien bei Patienten mit Vorerkrankungen mit einer Immunschwäche aufgetreten. Bei ihnen wurden Patienten zwar nach mehr als 14 Tagen noch positiv getestet. Dies bedeutet allerdings nicht zwingend, dass sie noch ansteckend sind – denn die erkannten Viren können auch nicht-vermehrungsfähige sein, andere Menschen also nicht mehr infizieren.
Laut Clara Lehmann könne von den „Einzelfällen nicht abgeleitet werden, dass es Einschränkungen bei der Impfstoff-Entwicklung gibt.“ Die Immunität gegen das Coronavirus, das Ziel eines möglichen Impfstoffes, „fußt zum einen auf einer ausreichenden Anzahl an Antikörpern, zum anderen auf der zellulären Immunität“. Für letztere „müssen sich T-Zellen bilden. Diese schützen auch dann, wenn es mit der Zeit weniger Antikörper gibt.“
Lehmann denkt, dass es in der breiten Anwendung auf eine „Auffrisch-Impfung“ hinauslaufen könnte. Diese müsste – wie etwa im Fall der Influenza-Grippe – regelmäßig wiederholt werden. In einem solchen Szenario halten es Forscher wie die Virologin Isabella Eckerle für wahrscheinlich, dass der Schutz vor dem Virus mit jeder Impfung stärker wird. Doch auch mit einem wirksamen Impfstoff, so der wissenschaftliche Konsens, würde man Covid-19 nicht vollständig aus der Welt bekommen.