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Bahn, Büro, FitnessstudioWo die Gefahr einer Infektion mit Covid-19 am größten ist

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Auch Fitnessstudios könnten ein hohes Infektionsrisiko bergen.

Köln – Nach Wochen des Shutdowns im Zuge der Coronavirus-Pandemie sind sie nun da: Die vielfach herbeigesehnten Lockerungen. Doch wo bei den einen die Freude über die erleichterten Einschränkungen überwiegt, sorgen sich andere um die nun möglicherweise wieder erhöhte Infektionsgefahr. Denn das große Problem bleibt nach wie vor: Das neuartige Coronavirus ist noch kaum erforscht. Die Virologin Muge Cevik von der britischen University of St. Andrews hat auf Twitter Studien zusammengetragen, die die Verbreitungsmechanismen des Virus erforschen. Obwohl die Datenlage noch sehr dünn und daher unsicher sei, zeichneten sich einige Trends ab, zitiert Bloomberg.com die Wissenschaftlerin zu den Ergebnissen der Studien. Von Fachkollegen wurde Ceviks Aufarbeitung und Übersicht zur aktuellen Datenlage gelobt.

Das Corona-Infektionsrisiko variiert stark

Die Studien, auf die Cevik sich bezieht, wurden größtenteils in China, Singapur und Taiwan durchgeführt, einige wenige auch in den USA und Island. Dabei wandten die Forscher die sogenannte Kontakt-Verfolgung an. Diese beruht auf der Untersuchung der Anzahl an Personen, zu denen ein Infizierter Kontakt hatte, sowie der Anzahl derer, die sich angesteckt haben. Die Studien kamen zu dem Ergebnis, dass das Risiko, sich mit dem Coronavirus zu infizieren, in unterschiedlichen Situationen stark variiert. Vor allem länger andauernde Kontakte mit Infizierten und der Aufenthalt in geschlossenen Räumen scheinen ein besonders hohes Ansteckungsrisiko zu bergen. Demnach entscheidend ist die Menge an Viren, mit denen eine Person in Kontakt kommt.

Als länger andauernde Kontakte werden in den Studien Kontakte zwischen Personen, mit einem geringeren körperlichen Abstand als zwei Meter zueinander, über eine Zeitspanne von mindestens 15 Minuten hinweg definiert. Jedoch auch der Aufenthalt von Personen in demselben Raum für etwa zwei Stunden scheint ein besonders hohes Risiko für eine Ansteckung zu bergen. Laut Cevik seien besonders hohe Infektionsraten an belebten und geschlossenen Orten wie Büroräumen, anderen Arbeitseinrichtungen, vollen Restaurants oder Cafés, aber auch in beengten Wohnverhältnissen und in Pflegeeinrichtungen festgestellt worden.

Besonders hohes Risiko in öffentlichen Verkehrsmitteln

Der öffentliche Ort mit dem höchsten Infektionsrisiko scheint jedoch der Personennah- und Fernverkehr zu sein. In Bussen, Bahnen und vergleichbaren Verkehrsmitteln liegt die Infektionsrate in einer Studie aus China bei durchschnittlich 11 Prozent, in einer weiteren Studie, ebenfalls aus China, liegt die Rate hier sogar noch deutlich darüber. Gefolgt wird sie mit einer Rate von sieben Prozent von gemeinsamen Mahlzeiten, etwa in vollen Restaurants. Höher war das Risiko mit 13 Prozent nur, wenn die Personen mit einem Infizierten zusammenwohnten.

Häufungen von Covid-Fällen bei Gottesdiensten und Familienfeiern

Eine weitere Studie aus Singapur entdeckte eine Häufung an Covid-19-Fällen im Zusammenhang mit zwei Kirchen und einer Familienfeier. Eine der wenigen Kontakt-Verfolgungs-Studien aus den USA konnte eine Verbindung zwischen einer infizierten Person und 16 weiteren Fällen, darunter auch drei Todesfälle, in Chicago feststellen. Die Person hatte zunächst eine Beerdigungsfeier besucht, außerdem eine Geburtstagsparty und einen zweistündigen Gottesdienst.

Hohes Risiko vermutlich auch im Fitnessstudio

Auch Fitnessstudios stehen im Verdacht, eine Infektion mit dem Virus zu begünstigen. Hinweise dafür stammen aus gleich zwölf Fitnesseinrichtungen in Südkorea. Dort hatten mehrere infizierte Trainer für eine Verbreitung des Virus gesorgt. Von etwa 200 Kursteilnehmern steckten die Trainer rund 26 Prozent an. Auffällig dabei: Während in einem Zumba-ähnlichen Workshop die Ansteckungsrate mit 60 Prozent enorm hoch war, steckte sich bei den Yoga- und Pilateskursen niemand an. „Wir nehmen an, dass die geringere Intensität von Pilates und Yoga nicht die gleichen Übertragungseffekte auslöste wie die der intensiveren Fitness-Tanzkurse”, vermuten die Forscher.

Größtes Risiko unter Freunden und im eigenen Haushalt

Ein weiterer Trend, der aus den Studien hervorgeht, ist die insgesamt höhere Ansteckungsrate unter Freunden oder Angehörigen des selben Haushaltes. Wissenschaftler aus China haben 2147 enge Kontakte von 157 Corona-Infizierten nachverfolgt. Dabei kamen sie zu dem Ergebnis, dass sich durchschnittlich sechs Prozent der Kontaktpersonen infizierten. Demgegenüber liegt die Infektionsrate in derselben Studie unter Freunden bei etwa 22 Prozent, während sie innerhalb eines Haushaltes bei 18 Prozent liegt. Innerhalb von Familien scheinen sich Ehepartner besonders häufig gegenseitig anzustecken – im Schnitt etwa drei von zehn. Entscheidend ist demnach vermutlich auch die körperliche Nähe zueinander.

Höchstes Risiko am Tag des Symptomausbruchs

Noch weitestgehend unklar dagegen ist das Infektionsrisiko, das von solchen Infizierten ausgeht, deren Erkrankung asymptomatisch verläuft. Relativ eindeutig scheinen allerdings die Indikatoren dafür zu sein, dass das höchste Infektionsrisiko von einem symptomatisch verlaufenden Fall während der ersten fünf Tage, an denen Symptome auftauchen, ausgeht. Eine Studie aus Taiwan stellte fest, dass das Risiko andere zu infizieren wohl am ersten Tag am höchsten ist. Anschließend scheint es rapide zu sinken und nach dem fünften Tag gegen Null zu laufen. Basis dieser Untersuchung waren 100 Fälle. Unklar ist jedoch, welche Rolle eine Verhaltensänderung der Betroffenen aufgrund der zunehmenden Krankheitssymptome spielte.

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Studien bestätigen: Kinder scheinbar weniger empfänglich für Coronavirus

Auch lässt sich eine allgemeine Tendenz der Empfänglichkeit für das Virus unter den verschiedenen Altersstufen ableiten: Wie bereits vermutet, bestätigen die Studien, dass das Risiko an Covid-19 zu erkranken ab einem Alter von etwa 60 Jahren zunimmt. Die Vermutung, dass Kinder weniger empfänglich für das Virus zu sein scheinen, bestätigt sich auch in den Studien. Zudem liefern die neuen Ergebnisse Hinweise dafür, dass Kinder eher selten für eine Übertragung des Virus zu sorgen scheinen.

Körperliche Nähe, viel miteinander verbrachte Zeit, aber auch der gemeinsame Aufenthalt in geschlossenen Räumen scheinen dem Coronavirus offenbar die besten Bedingungen zu bieten, sich auszubreiten. Ein kurzer Besuch auf dem Markt oder einem Infizierten während dem Joggen oder auf dem Rad draußen kurz über den Weg zu laufen, dies seien laut Cevik wohl eher geringe Risiken für eine Infektion. Vielmehr werde die Intensität der Coronavirus-Pandemie durch Menschenansammlungen bestimmt, schreibt Cevik auf Twitter.

Die Gefahr der Superspreading-Ereignisse

Die Ergebnisse der verschiedenen Studien scheinen sich mit dem derzeitigen Infektionsgeschehen in Deutschland zu decken. Die meisten Infizierten stecken aufgrund der Reduzierung von Menschenansammlungen und sozialen Kontakten durchschnittlich nur noch weniger als eine Person mit dem Virus an. Besonders gehäufte Infektionscluster, also sogenannte Superspreading-Ereignisse, traten zuletzt dagegen in mehreren Schlachtbetrieben auf. Vermutlich weil die Beschäftigten zumeist in beengten Wohnungen untergebracht werden. Solche Superspreading-Ereignisse waren wohl auch Anfang März für die schnelle Verbreitung des Virus verantwortlich, wie sich im österreichischen Ischgl und im nordrhein-westfälischen Gangelt gezeigt hat.

Obwohl Cevik deutlich macht, dass noch nicht ausreichend Testergebnisse und Daten für wirklich sichere Aussagen über das Ausbreitungsverhalten des Virus vorhanden sind, macht sie einige Vorschläge, die basierend auf dem derzeitigen Kenntnisstand sinnvoll sein könnten. Dazu zählen angepasste Wohn- und Arbeitsräume und besser durchlüftete Unterbringungen und Arbeitsstätten in prekären Bereichen. Die Studien bestätigen außerdem die bisher getroffenen Maßnahmen, wie die Vermeidung von engen Kontakten, vor allem in geschlossenen Räumen und öffentlichen Verkehrsmitteln.