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Zu viel des GutenWann Vitamine nicht mehr gut für den Körper sind

Lesezeit 3 Minuten
Eine Person schüttet Tabletten aus einer Dose in ihre Hand.

Viel hilft viel? Geht es um Vitamin-Präparate, ist das ein Irrglaube.

Vitamine sind nicht immer unbedenklich. Unser Gesundheitsexperte Dr. Magnus Heier erklärt, ab wann die Dosis das Gift macht.

Vitamine sind gut für uns! Sind sie? Und ungefährlich sind sie auch! Wirklich? Wer sich umhört, bekommt fast immer diese zwei Aussagen bestätigt. Und es liegt ja schon vom Begriff „Vitamin“ her nahe: Der Name wurde vor über 100 Jahren von einem Biochemiker erfunden. Eine gute Idee: „Vita“ ist das Leben. Und Vitamine können Leben retten. Vor allem dann, wenn ein deutlicher Mangel besteht.

Manche Vitamine werden im Körper gespeichert

So hat die britische Royal Navy im Jahr 1795 Zitronensaft der täglichen Ration ihrer Seeleute beigefügt – und damit die lebensbedrohliche Mangelkrankheit Skorbut erfolgreich bekämpft. Seeleute hatten vorher bei langen Fahrten unter Vitamin-C-Mangel gelitten. Seither hat Vitamin C seinen guten Ruf (auch wenn es erst viel später chemisch identifiziert wurde). Vitamin C hat außerdem eine Eigenschaft, die es unproblematischer macht: Es ist wasserlöslich. Das heißt: Zu viel Vitamin C wird einfach über den Urin ausgeschieden.

Magnus Heier

Magnus Heier

ist Autor und Neurologe und schreibt die wöchentliche Medizinkolumne „Aus der Praxis“. ...

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Das ist bei anderen Vitaminen anders. Der Merkspruch in der Medizin lautet Edeka (die Medizin ist voller solcher Eselsbrücken): Die Vitamine E, D, K und A sind nicht wasser-, sondern fettlöslich. Sie werden, wenn zu viel davon aufgenommen wird, in der Leber und im Fettgewebe gespeichert. Das ist grundsätzlich gut als Depot für „schlechte Zeiten“ einer möglichen Mangelversorgung.

Aber die gibt es hierzulande nicht. Zumindest nicht bei einer normalen, vielfältigen Ernährung. Und bei gesunden Menschen. Ausnahmen sind etwa Patienten mit Krebs: Bei ihnen können Störungen im Verdauungstrakt oder Appetitlosigkeit die Aufnahme reduzieren, der erhöhte Stoffwechsel kann den Bedarf erhöhen. Ergänzungen können sinnvoll sein. In dem Fall informieren aber die behandelnden Ärzte.

Wer sich normal ernährt, sollte aus Ergänzungsmittel verzichten können

Gesunde Patienten haben zumeist genug Vitamine. Trotzdem „optimieren“ viele Menschen ihre Ernährung durch „Ergänzungsmittel“. Und genau dadurch kann es gefährlich werden: für die Leber, für die Augen, für Gelenke und Muskeln. Denn die Mengen zugesetzter Vitamine sind in den Nahrungsergänzungsmitteln sehr unterschiedlich. Und manchmal einfach zu hoch.

Während es sehr schwer ist, Vitamine mit normalen Lebensmitteln zu überdosieren, ist es mit Tabletten ganz einfach. Nach dem Prinzip „viel hilft viel“ und „Vitamine sind gesund“ ist die Versuchung sehr groß, einfach ein bisschen mehr zu nehmen. Dabei gibt es nicht nur Empfehlungen für Mindestmengen von Vitaminen, sondern eben auch von Höchstmengen. Weil Vitamine eben nicht unbedenklich sind, schon gar nicht in jeder Dosierung.

Außerdem ist Vitamin nicht gleich Vitamin. Die synthetische Form scheint nicht immer die gleiche Wirkung wie die „echte“ zu haben. Und letztlich fehlt bei diesen Produkten ausreichende Forschung, abhängig von der Dosierung. Unterm Strich ist vitaminreiche Ernährung sicherlich gut und gesund. Überdosierungen sind nicht zu erwarten. Wer sich aber normal ernährt, sollte auf Ergänzungsmittel verzichten können.