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Vergleichbar mit Rauchen und TrinkenSo gefährlich ist Einsamkeit für die Gesundheit

Lesezeit 3 Minuten
Eine Frau steht in ihrer Wohnung an einem Fenster

Die Weltgesundheitsorganisation sieht Einsamkeit als eines der größten Gesundheitsrisiken.

Gemeinsam statt einsam: Auf einem Vortrag bemerkt Dr. Magnus Heier mal wieder, wie wichtig es ist, nicht einsam zu sein.

Es macht Spaß, Vorträge zu halten. Das Publikum des letzten, in einer ungenannten Großstadt im Ruhrgebiet, bestand ausschließlich aus Frauen. Ihr Verein, dessen Namen wir hier nicht nennen werden (der aber den Begriff „Frau“ schon im Vereinsnamen trägt), muss nun aber auch Männer aufnehmen. Es hat in anderen Städten entsprechende Gerichtsurteile gegeben. Nur Frauen zuzulassen, ist eindeutig diskriminierend. Aber es wird natürlich die Stimmung in den Sitzungen verändern. Und bis auf weiteres traut sich eh kein Mann in die Versammlungen. Die Stimmung ist gut! Es wird viel geredet.

Magnus Heier

Magnus Heier

ist Autor und Neurologe und schreibt die wöchentliche Medizinkolumne „Aus der Praxis“. ...

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Man lädt hier regelmäßig zu Vorträgen. Über alle möglichen Themen. In meinem Fall über das menschliche Gehirn und wie sein Gedächtnis funktioniert. Es fällt auf, wie engagiert die Zuhörerinnen sind. Trotz teilweise sehr fortgeschrittenen Alters. Es beeindruckt. Sie melden sich. Fragen kritisch nach. Tragen eigene Erlebnisse bei. Und interessieren sich sehr für ein soziales Projekt, für das schließlich auch gespendet wird. Es drängt sich der Eindruck auf, dass soziales Zusammensein jung hält. Und das tut es tatsächlich. Durch Studien belegt. Der Mensch ist als kommunikatives Wesen geschaffen. Reden und Zuhören sind seine natürlichen Zustände - auch bei Männern! Dauerhaftes Schweigen ist unnatürlich. Einsamkeit ist nicht gut für den Geist. Und erstaunlicherweise auch nicht für den Körper.

Chöre, Sportvereine oder Reiseveranstalter für Alleinreisende

Das ist ein Problem, weil sich die klassische Großfamilie in Deutschland größtenteils aufgelöst hat. Großeltern wohnen selten bei Kindern und Enkeln. Das kann man bedauern, rückgängig machen kann man es nicht. Aber es gibt Alternativen: So wie den genannten Frauenverein. Sie treffen sich regelmäßig zu Vorträgen. Sie fahren zusammen in Theater oder Oper. Es entstehen Freundschaften. Der Verein sucht weitere Mitglieder. Die Angebote für gemeinsam zu verbringende Freizeit sind überaus zahlreich.

Es gibt in Deutschland schätzungsweise 60.000 Chöre mit mehr als drei Millionen aktiven Mitgliedern, heißt es. Sie singen Klassik oder Gospel, Schlager oder Shanty. Vor allem aber trifft man sich und redet. Es gibt geschätzt fast 90.000 Sportvereine. Für Leistungssportler und für Untrainierte, für Junge und für Alte, vom Tennis- bis zum Kegelverein. Das Sportabzeichen etwa ist eine geniale Möglichkeit, wieder in den Sport einzusteigen: Die sportlichen Ziele sind erstaunlich gut an die einzelnen Altersgruppen angepasst – nicht zu leicht und nicht zu schwer. Und selbst in den Ferien: Es gibt Reiseveranstalter, die sich auf Alleinreisende spezialisiert haben. Es gibt eigentlich alles.

Und es gibt keinen Grund, allein zu sein. Vor allem auch, weil längst bekannt ist, wie riskant Alleinsein ist. Die Weltgesundheitsorganisation hat Einsamkeit als eines der großen gesundheitlichen Risiken erkannt. Sie scheint vergleichbar mit dem Rauchen oder Trinken – aus rein gesundheitlicher Sicht. Und wer soziale Kontakte im Sport sucht, schlägt gleich zwei Fliegen mit einer Klappe