3 SzenarienErstimpfung mit Astrazeneca – und was ist jetzt mit der zweiten Impfung?
Köln – Weil der Corona-Impfstoff von Astrazeneca in sehr seltenen Fällen Hirnvenenthrombosen auslöst, empfiehlt das Gesundheitsministerium ihn nur noch für Menschen über 60 Jahren. Das stellt Kölnerinnen und Kölner, die ihre Erstimpfung mit Astrazeneca bekommen haben, vor viele Fragen: Wie viel Schutz bietet nur eine Impfung? Und kann man Astrazeneca mit einer Zweitimpfung von Biontech oder Moderna kombinieren?
Die Ständige Impfkommission (STIKO) will eine Entscheidung über die Zweitimpfung Ende April fällen. Zwischen der Erstimpfung mit Astrazeneca und der Auffrischung sollen maximal zwölf Wochen liegen – demnach müssen die ersten Menschen Anfang Mai ihre zweite Dosis bekommen. Laut dem Paul-Ehrlich-Institut ist es jedoch nicht dramatisch, die Auffrischung etwas weiter nach hinten zu verschieben: Ein Überschreiten des Impfabstandes führe nicht dazu, dass die Impfung nicht mehr wirkt.
Auch nur eine Impfung bietet einen hohen Schutz
Für bereits Geimpfte gibt es laut Jürgen Zastrow, leitender Impfarzt in Köln, drei Szenarien. Das Erste: Sie verzichten auf eine zweite Impfung. Auch bei nur einer Spritze, sagt Zastrow, habe Astrazeneca eine hohe Wirksamkeit. „Nach acht Wochen liegt sie bei weit über 50 Prozent. Die zweite Impfung peppt das nur noch ein bisschen auf.“
Die zweite Möglichkeit ist laut Zastrow eine Auffrischung mit Astrazeneca. Derzeit sind in Köln alle Impfungen mit dem britisch-schwedischen Vakzin für unter-60-Jährige gestoppt. Die Bundesregierung beschloss jedoch gestern folgendes: Wer möchte kann sich bei seinem Hausarzt weiterhin mit Astrazeneca impfen lassen, allerdings auf eigenes Risiko und nur nach einem aufklärenden Gespräch. Das gilt vor allem für Personen, die ein hohes Risiko dafür haben, im Falle einer Corona-Infektion schwer zu erkranken. Es ist also denkbar, dass auch die zweite Impfung auf Wunsch mit Astrazeneca beim Hausarzt möglich sein wird.
Nachimpfung mit Astrazeneca?
Eine dritte Möglichkeit ist eine Zweitimpfung mit einem anderen Vakzin, beispielsweise Biontech oder Moderna. Dass zwei Impfstoffe kombiniert werden ist nicht unüblich: Impft man bei einer Hepatitis-B-Impfung mit einem anderen Vakzin nach, verbessert sich der Schutz sogar. Erst 2020 ließ die Europäische Arzneimittelbehörde (EMA) ein neues Impfschema gegen Ebola zu: Eine Zweitimpfung mit einem anderen Vakzin sorgte in Studien für eine längere Immunität.
Allerdings liegt genau hier der der Knackpunkt: Zu den Impfkombinationen bei Hepatitis B und Ebola gibt es Studien. Impfkombinationen müssen geprüft werden, bevor man sie bei der Bevölkerung anwendet. Seit Februar diesen Jahres testet die Oxford-Universität in England, wie Probanden nach einer Erstimpfung mit Biontech eine Auffrischung mit Astrazeneca vertragen. Ergebnisse der Studie werden im Juni erwartet. „Wir sind in Deutschland sehr regelverliebt“, sagt Zastrow. „Deshalb wollen wir immer erst eine Studie haben.“ Seiner Meinung nach könnte man die Studien zu Impfkombinationen abwarten und die Zweitimpfung etwas weiter nach hinten verschieben.
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Großbritannien schränkt Astrazeneca-Impfungen nicht ein
Wie genau es für alle Kölnerinnen und Kölner weitergeht, die auf ihre Zweitimpfung warten, ist also noch nicht klar. „Wir müssen abwarten“, sagt Zastrow. „Wenn wir eine Studienlage haben, dann können wir darauf reagieren.“
Die erneute Aussetzung von Astrazeneca-Impfungen rief in Großbritannien, wo der Impfstoff entwickelt wurde, viel Kopfschütteln hervor. Ein großer Teil der Erwachsenen wurde dort bereits mit dem Vakzin geimpft. Trotz der Vorfälle im restlichen Europa stand eine Einschränkung des Astrazeneca-Impfstoffes im Königreich nie zur Debatte. Das liegt vermutlich nicht an einem Grundvertrauen gegenüber eines Impfstoffes aus dem eigenen Land. „Die Briten haben ein anderes Wertesystem“, sagt Zastrow. „Die sagen: 31 schwere Nebenwirkungen auf 2,7 Millionen Impfungen ist akzeptabel.“ In Deutschland sei das nicht der Fall.