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GesundheitErste Anzeichen für Gelenkverschleiß: Schongang

Lesezeit 4 Minuten

Foto: Dorling Kindersley RF/Tinkstock

Gelenkverschleiß an Knie und Hüfte steht mittlerweile im Rang einer Volkskrankheit. „Die Patienten mit Hüftproblemen haben und heftigen Schmerzen im Knie werden immer jünger“, sagt Stefan Höllriegl, spezialisiert auf eben diese Bereiche und Chefarzt am Dreifaltigkeits-Krankenhaus in Köln, Fachklinik für Orthopädie und Sporttraumatologie.

Mittlerweile hat sich Deutschland mit mehr als 200 000 implantierten Hüftgelenken europaweit in der Statistik weit nach oben gearbeitet. Höllriegl: „Zu den statistischen Angaben bei Hüftimplantaten gehören in Deutschland auch Brüche und Verletzungen der Hüfte durch Stürze und Unfälle. Das wird in anderen Ländern nicht mitgerechnet.“ Laut der Endoprothesen-Karte Deutschland ist die Zahl der Hüft- und Knieoperationen in Bayern am höchsten, Nordrhein-Westfalen liegt unter dem Bundesdurchschnitt.

Im Dreifaltigkeits-Krankenhaus werden pro Jahr 500 Hüftoperationen durchgeführt, wovon Höllriegl gut 250 macht sowie die gleiche Anzahl an Knieoperationen und, falls nötig, damit einhergehend die Korrektur von X- oder O-Beinen, oftmals Ursache für nachhaltige Knieprobleme.

Abgerieben wie ein Reifenprofil

Bei Hüftproblemen sind Frauen häufiger betroffen als Männer. Ursache bei beiden ist allerdings meist Arthrose. Höllriegl: „Wenn der Knorpel aufgerissen ist, wird er abgerieben wie ein Reifenprofil.“ Der Orthopäde und Chirurg erklärt das so: „Wir sind ein aktives Volk, machen viel Sport und bewegen uns bis ins hohe Alter. Fußball, Tennis, Golf und andere Ballsportarten belasten Hüfte und Knie durch intensives Drehen, Wenden und Stoppen. Kommen Übergewicht und zu viel Sitzen hinzu, sind meist auch die Knie in Mitleidenschaft gezogen.“ Dass der eine mehr unter Knorpelverschleiß leidet als der andere, kann genetisch bedingtes Schicksal sein. Höllriegl: „Es gibt gute und schlechte Knorpel. Man kann auch Knorpelverschleiß haben, ohne dass Übergewicht, Sport oder Unfälle die Ursache sind.“

Anzeichen für Hüftbeschwerden sind: Schonhaltung beim Gehen, indem man einen Fuß nach außen dreht, Schon-Hinken mit nach vorn gebeugtem Oberkörper, Schwierigkeiten beim Schuhe anziehen. Oftmals sind trotz dieser spürbaren Behinderungen die Schmerzen noch einigermaßen erträglich, was zur Folge hat, dass die Menschen oftmals zu spät den Arzt aufsuchen. Dabei sind sowohl die Operationen an der Hüfte als auch am Knie für Spezialisten nicht sonderlich schwer. „Es ist mittlerweile extrem selten, dass nach einer Operation Infektionen auftreten“, sagt Höllriegl.

Großer Prothesen-Markt

Die Dauer des Eingriffs mit rund 45 Minuten vom ersten Schnitt bis zur letzten Naht hat sich deutlich reduziert, was natürlich dem Patienten auf dem Operationstisch zugute kommt. Aus der satten Auswahl von 305 unterschiedlichen Hüftprothesen, die auf dem deutschen Markt gehandelt werden, – der Prothesen-Markt wird vom Staat weder geregelt noch kontrolliert – bevorzugt Höllriegel die Prothesen deutscher Hersteller. Bezahlt wird von den Kassen in der Regel jede Prothesenvariante, allerdings gibt es von Bundesland zu Bundesland unterschiedliche Verrechnungsmodelle. Veranschlagt werden Hüftprothesen mit Kosten von rund 500 bis 2000 Euro. Für die Knie kann man unter bis zu 200 Prothesenmodellen wählen, sprich der Arzt wählt zusammen mit dem Patienten den optimalen Ersatz. Oder aber man lässt sich eine Prothese individuell anfertigen. Selbst diese Kosten werden noch von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen. Die Betonung liegt allerdings auf „noch“. Extrem haltbar sind sowohl die Modelle von der Stange als auch die Einzelanfertigungen. „Bei Stürzen geht eher der Knochen kaputt als beispielsweise die Hüftprothese, die je nach Modell ein Druckgewicht von fünf Tonnen aushält“, sagt Höllriegl.

Donnerstag, 16. April, 19 Uhr,

studio dumont, Breite Straße 72, Köln-Innenstadt

Experte: Dr. Stefan Höllriegl,

Chefarzt am Dreifaltigkeits-

Krankenhaus, Fachklinik für

Orthopädie, Köln

Moderation: Marie-A. Schlolaut,

Karten 12,55 Euro (Abocard 10,50 Euro) gibt es ab sofort im Servicecenter Breite Straße 72,

bei Kölnticket unter 0221/ 28 01

www.koelnticket.de

www.abocard.de

Beweglichkeits-Test der Hüfte: Für die Gäste der

Veranstaltung bieten drei Oberärzte des Dreifaltigkeits-Krankenhauses im studio dumont vor der Veranstaltung einen Beweglichkeits-Test für die Hüfte an. Die Ärzte

Dr. Rüdiger Schiffmann, Dr. Lars Göbel und Dr. Sascha

Samogyi führen diesen Test durch. Einlass und Beginn

des Tests ist um 17.30 Uhr.

Er arbeitet vorzugsweise mit Hüftprothesen, die Pfannen aus Titan und große Hüftköpfe haben, weil das stabil sei. „Wir operieren ohne die Muskeln abzutrennen. Noch vor Jahren mussten bei den Eingriffen Sehnen und Muskeln durchtrennt und dann wieder zusammengenäht werden.“ Höllriegl bevorzugt weniger die oft gelobte „Rapid Recovery“, also die möglichst schnelle Mobilmachung des Patienten nach einer Hüft- oder Knieoperation: „Die Patienten muten sich oft zu schnell zu viel zu, weil sie keine Schmerzen mehr haben. Sie sollen sich aber erst mal schonen.Nach einer Woche kann man wieder Treppen steigen. Und in der Reha lernt man dann, wie man den bisherigen Schongang wieder aus dem Kopf kriegt.“

Das gilt auch für die Patienten, die am Knie operiert werden. Auch bei Knieoperationen werden Bänder und Sehnen möglichst nicht durchtrennt. Obwohl genau die durch eine meist jahrzehntelange Fehlstellung der Beine extrem stark in Mitleidenschaft gezogen oder gar zerstört sind. Im Gegensatz zu Hüftprothesen, bei denen man auf Zement verzichtet, wird bei Ersatzgelenken im Knie noch in den meisten Fällen zementiert. Das Einsetzen einer Knieprothese ist deutlich zeitaufwendiger als eine Hüftprothese.