Bei Gürtelrose denkt man an Bläschen auf der Haut, es handelt sich aber um eine Infektionskrankheit, bei der sich die Nerven entzünden. Es wird diskutiert, ob die Corona-Impfung oder Infektion die Krankheit auslösen kann.
Bläschen, NervenschmerzenBekommen seit Corona mehr und jüngere Menschen Gürtelrose?
Bisher waren meist ältere Menschen über 60 von Gürtelrose betroffen, für sie gibt es auch eine Impfempfehlung der Ständigen Impfkommission. Seit Corona scheinen aber immer mehr jüngere Patienten mit Schmerzen und dem typischen Ausschlag in die Arztpraxen zu kommen. Es wird daher vermutet, dass es einen Zusammenhang zwischen der Corona-Impfung und/oder -Infektion und Gürtelrose gibt. Eindeutige Belege gibt es aber nicht. Wir beantworten die wichtigsten Fragen dazu und erklären, was Gürtelrose ist.
Symptome einer Gürtelrose
Die Krankheit beginnt meist mit stechenden Schmerzen in den Rippen, die sich anfühlen, als würde man angeschossen oder mit einem Messer gestochen. Die Schmerzen kommen und gehen in unregelmäßigen Abständen und sind meistens so stark, dass man sich krümmt und zusammenzuckt. Startpunkt des brennenden und stechenden Gefühls ist oft der untere Rücken. Von dort aus geht es mehrheitlich nur auf einer Seite entlang der Rippen rund um den Oberkörper, so als seien die Nervenbahnen in Brand gesteckt.
Erst nach einigen Tagen bilden sich dann meistens im Rumpf-, Bauch- oder Brustbereich Bläschen auf der Haut, das typische Symptom dieser Krankheit. In seltenen Fällen können auch Kopf und Hände betroffen sein. Tauchen die Bläschen auf, wird die Entzündung sichtbar und ist vom Nerv auf die drumherum liegende Hautpartie nach außen gedrungen. Schon vorher ist die Haut extrem empfindlich, so dass sogar Duschen oder Kleidung unangenehm sind. Meist wird die Gürtelrose erst über die Bläschen eindeutig diagnostiziert, während die vorangehenden Nervenschmerzen oft nicht eindeutig zugeordnet werden können.
Ursache der Gürtelrose
Gürtelrose tarnt sich als Hautkrankheit, ist aber eine Infektionskrankheit, die durch die Reaktivierung des Windpocken-Erregers ausgelöst wird. Die Bläschen ähneln den Herpesbläschen an der Lippe und werden vom zur Familie der Herpesviren gehörenden Varizella-Zoster-Virus ausgelöst. Gürtelrose wird deshalb auch Herpes zoster genannt. Wer als Kind Windpocken hatte, kann auch Gürtelrose bekommen, denn es handelt sich um denselben Erreger. Wenn das Immunsystem intakt ist, schlummert er oft ein Leben lang im Körper weiter, ohne noch einmal auszubrechen. Ist das Immunsystem geschwächt, zum Beispiel durch großen Stress, eine Krankheit oder weil man älter wird, kann das Virus aufgeweckt werden und erneut in Form von Gürtelrose ausbrechen. Durch oberflächlichen Kontakt zu einem Erkrankten steckt man sich nicht an. Allerdings sind die Bläschen infektiös und sollten bis zum Verkrusten sorgfältig abgedeckt werden.
Behandlung von Gürtelrose
Betroffene sollten möglichst schnell einen Arzt aufsuchen, da die Bläschen und Nervenschmerzen umgehend behandelt werden müssen. Je eher mit einer Therapie begonnen wird, desto besser der Heilungserfolg. Die Bläschen benötigen eine spezielle Tinktur, zusätzlich werden Virostatika gegeben, um das Virus abzutöten. Damit sich der starke Schmerz nicht in den Nerven speichert und manifestiert, sind außerdem starke Schmerzmittel erforderlich. Betroffene sollten die Schmerzen auf keinen Fall einfach aushalten! Im schlimmsten Fall kann ohne Schmerzmittel noch monate- oder gar jahrelang ein sogenannter Post-Zoster-Schmerz anhalten. Das kommt etwa bei jedem zehnten Erkrankten vor. Wird die Gürtelrose frühzeitig behandelt, können die Beschwerden kürzer ausfallen.
Wie häufig kommt Gürtelrose vor?
Die Krankheit tritt in allen Altersgruppen auf, am häufigsten sind über 50-Jährige betroffen. Menschen mit einem geschwächten Immunsystem haben ein erhöhtes Risiko. In Deutschland erkranken nach Untersuchungen des Robert Koch Instituts (RKI) auf der Basis von Abrechnungsdaten der Kassenärztlichen Vereinigungen aus der ambulanten Versorgung jährlich deutlich mehr als 300.000 Personen an Herpes zoster. Die jährliche Erkrankungsrate liegt im Alter von 50 Jahren bei etwa sechs pro 1000 Personen und steigt bis zum Alter von 90 Jahren auf 13 Fälle pro 1000 Personen an. Ein Herpes zoster tritt in der Regel nur einmal auf, aber wiederkehrende Erkrankungen sind gelegentlich möglich.
Wer sollte sich impfen lassen?
Die Ständige Impfkommission empfiehlt allen Personen ab 60 Jahren die Gürtelrose-Schutzimpfung. Auf dem Markt sind zwei Impfstoffe: Ein Lebendimpfstoff und seit 2018 der Totimpfstoff Shingrix. Wegen der besseren Wirksamkeit und weniger Nebenwirkungen wird dieser explizit von der Ständigen Impfkommission empfohlen. Personen mit einer Grundkrankheit oder Immunschwäche empfiehlt die Kommission die Impfung bereits ab 50 Jahren (Indikationsimpfung). Die Impfung wird in zwei Dosen verabreicht und ist auch unmittelbar nach einer überstandenen Corona-Infektion möglich.
Gibt es einen Zusammenhang zwischen Corona-Impfungen und Fällen von Gürtelrose?
Das lässt sich nicht eindeutig beantworten. Es scheint aber so, dass seit Beginn der Corona-Impfkampagne deutlich mehr jüngere Menschen an Gürtelrose erkrankten. Dass ein Zusammenhang zwischen dem Ausbrechen der Gürtelrose und der Covid-Impfung bestehen könnte, ist nicht ausgeschlossen, weil auch andere Impfstoffe – etwa gegen Gelbfieber, Influenza und Hepatitis – die schlummernden Varizella-Zoster-Viren reaktivieren können. Es gibt auch die Beobachtung, dass nicht nur die Impfung, sondern auch eine Corona-Infektion die Entstehung einer Gürtelrose begünstigen und den Erreger wieder erwecken kann.
Die Dermatologin Esther Freeman von der Harvard Medical School berichtete in der Fachzeitung „Journal of the European Academy of Dermatology and Venereology“, dass das Durchschnittsalter der an Gürtelrose Erkrankten, die gegen Corona geimpft waren, mit 46 Jahren deutlich niedriger war als normal. Auch andere Wissenschaftler äußerten den Verdacht, dass die Corona-Impfung unter Umständen eine Gürtelrose auslösen kann. Bei der Analyse der Krankenakten von fast 900.000 Landsleuten hatten israelische Wissenschaftler folgendes errechnet: Unter 100.000 Geimpften müssen etwa 16 mit dem Auftreten von Herpes Zoster rechnen.
Auch deutsche Forscher haben sich mit dem Thema beschäftigt und eine globale Datenbank analysiert, die Angaben zu mehr als 250 Millionen Patienten aus 19 Ländern enthält. Die Wissenschaftler wählten die Daten von rund 1,1 Millionen Personen aus, die bis Ende November 2021 mindestens einmal mit einem Impfstoff gegen Corona immunisiert worden waren. Jedem Geimpften stellten sie einen Ungeimpften gegenüber, der zwischen 2019 und 2021 ärztliche Hilfe aufgesucht hatte und ähnliche demografische Angaben sowie vergleichbare Herpes-zoster-Risikofaktoren aufwies. Die Patienten waren im Schnitt 54 Jahre alt. Das Ergebnis: Von den Geimpften entwickelten innerhalb von zwei Monaten nach der Impfung 2204 Personen eine Gürtelrose, während von den Ungeimpften nur 1223 in den zwei Monaten nach dem Index-Arztbesuch daran erkrankten. Demnach hatte sich das Herpes-zoster-Risiko in den ersten zwei Monaten nach einer Corona-Impfung fast verdoppelt.
Zusammenhang nicht wirklich eindeutig
Ein wirklich eindeutiger Zusammenhang zwischen Corona und Gürtelrose lässt sich jedoch nicht herstellen, es lassen sich Studien und Argumente dafür und dagegen finden. So betont die Deutsche Gesellschaft für Neurologie, dass die Covid-19-Impfung nicht mit einer erhöhten Gürtelrose-Rate assoziiert werde, wie eine Auswertung von mehr als zwei Millionen Geimpften ergeben habe. Auch die Augenärztin Nisha Acharya und ihr Team von der University of California fanden keinen Zusammenhang. Sie werteten die Behandlungsdaten von rund zwei Millionen US-Bürgern aus und zählten, wie oft Menschen im ersten Monat nach einer Corona-Impfung mit Gürtelrose einen Arzt aufsuchten. Das Ergebnis: Nicht häufiger als der Durchschnittsamerikaner. Auch das deutsche Paul-Ehrlich-Institut hat bei einer eigenen Analyse keine Anzeichen für eine solche Nebenwirkung gefunden. Nach dieser Argumentation wird angenommen, dass die Covid-Impfung das Immunsystem im Normalfall nicht derart schwächen kann, dass es nicht mehr gegen das Herpes-zoster-Virus ankommt. Es könne aber möglich sein, dass die Impfung eine Art Weckruf für das schlummernde Virus sei.
Offenbar lassen sich mehr Menschen gegen Gürtelrose impfen
Auch wenn die wissenschaftliche Lage nicht ganz eindeutig ist, lassen sich offenbar immer mehr Menschen gegen Gürtelrose impfen. Nach einer aktuellen Analyse des Deutschen Arzneiprüfungsinstituts im Auftrag des Deutschen Apothekerverbandes hat sich die Anzahl der von Apotheken an Arztpraxen gelieferten Impfdosen im ersten Halbjahr 2022 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum mehr als verdreifacht – von 662.000 auf 2,0 Millionen, berichtet die Bundesvereinigung Deutscher Apothekervebände e.V..