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Für MännerHerzinfarkt-Risiko ist beim Fremdgehen höher

Lesezeit 4 Minuten

„Es ist wichtig, diesen Patienten zu versichern, dass sie sich keine Sorgen machen müssen und ihr gewohntes Sexualleben wieder aufnehmen können“, findet Prof. Dietrich Rothenbacher.

Keine Frage, Sex macht glücklich, mehr sogar: Spaß im Bett fördert die Gesundheit. Aber gilt das auch für Menschen mit einem schwachen Herzen? Oder sollte man körperliche Anstrengung in diesem Fall besser meiden? Eine Langzeitstudie zeigt jetzt, dass Patienten auch nach einem Herzinfarkt ihr Sexualleben problemlos und sorgenfrei wiederaufnehmen können.

Bislang gebe es nur wenige Daten zu den Risiken von sexuellen Aktivitäten bei Patienten mit Herzinfarkt, schreiben die Forscher um Prof. Dietrich Rothenbacher von der Universität Ulm im „Journal of the American College of Cardiology“.

Sex nach einem Infarkt ist noch immer ein Tabuthema

Nach einem Infarkt würden allerdings weniger als die Hälfte der Männer und weniger als ein Drittel der Frauen von ihrem Arzt diesbezüglich beraten. „Das ist ein Thema, über das viel zu wenig gesprochen wird“, weiß der Epidemiologe.

Ein Team untersuchte 536 Infarktpatienten im Alter von 30 bis 70 Jahren über einen Zeitraum von 10 Jahren. Zunächst sollten die Teilnehmer die Häufigkeit ihrer sexuellen Aktivitäten während der zwölf Monate vor ihrem Infarkt angeben. Mehr als die Hälfte von ihnen hatte in diesem Zeitraum mindestens einmal wöchentlich Geschlechtsverkehr, etwa 15 Prozent waren abstinent gewesen.

Zudem sollten sie berichten, wann sie vor ihrem Infarkt zuletzt Geschlechtsverkehr hatten. Nur drei Teilnehmer hatten in der Stunde davor Sex, bei fast 80 Prozent lag der Verkehr schon mehr als 24 Stunden zurück.

In den folgenden zehn Jahren erlitten in der Gruppe 100 Menschen erneut einen Herzinfarkt, Schlaganfall oder andere kardiovaskuläre Ereignisse. Die Häufigkeit ihrer sexuellen Aktivität beeinflusste das Risiko aber nicht negativ. Deshalb sei es sehr unwahrscheinlich, dass normaler Sex Auslöser von Infarkten sei, betont Rothenbacher.

Sorgen und Ängste sind oft unbegründet

„Es ist wichtig, diesen Patienten zu versichern, dass sie sich keine Sorgen machen müssen und ihr gewohntes Sexualleben wieder aufnehmen können“, findet der Experte. „Sexuelle Aktivität ist sicher und wichtig für die eigene Psyche und die Partnerschaft. Wer unsicher ist, sollte sich von seinem Arzt beraten lassen.“

Einzige Ausnahme: Patienten, die auf bestimmte Medikamente angewiesen sind. So beeinträchtigen die puls- und blutdrucksenkenden Beta-Blocker bei Männern die Erektionsfähigkeit. „Das sollte bei der Verordnung auch mitgeteilt werden“, so Rothenbacher.

Schlucken Männer dann Potenzmittel wie etwa Viagra und nehmen sie wegen ihrer Herzbeschwerden zusätzlich Nitrate ein, so drohe ein plötzlicher Blutdruckabfall – bis hin zur Bewusstlosigkeit.

Sex mit einer Geliebten kann gefährlich werden

Ältere Studien hatten zudem gezeigt, dass Seitensprünge weitaus gefährlicher sind als Sex mit dem eigenen Partner. So hatten Rechtsmediziner der Universität Frankfurt 60 Fälle analysiert, bei denen ein Partner beim Sex gestorben war.

56 Opfer waren Männer, die einem Herzinfarkt erlagen. Im Durchschnitt waren sie 59 Jahre alt. Pikant: Mehr als die Hälfte der Betroffenen starb bei Geliebten oder Prostituierten, nur jeder vierte dieser Männer bei der Ehefrau. Der Rest sei bei der Selbstbefriedigung gestorben. Woran das liegt? Darüber können die Wissenschaftler nur spekulieren. Eine ihrer Thesen: Ältere Männer strengen sich beim Seitensprung mehr an als im heimischen Ehebett.

Auffällig war in der Frankfurter Studie, dass die jeweilige Prostituierte oder Geliebte im Schnitt 20 Jahre jünger war als ihr Sexualpartner. Es blieb in der Studie jedoch offen, ob tödliche Herzinfarkte beim Seitensprung den Rechtsmedizinern eher bekannt werden als beim Sex im Ehebett.

Liebe machen ist nicht anstrengender als Treppensteigen

Laut der Amerikanischen Herzgesellschaft (AHA) ist Sex aus rein sportlicher Sicht übrigens gerade mal mit flinkem Gehen oder einigen Stockwerken Treppensteigen vergleichbar. Wer das ohne gesundheitliche Probleme schaffe, habe nichts zu befürchten.

Sex sei außerdem wichtig für die Lebensqualität von Mann und Frau. Er sei daher auch Menschen mit milder Angina pectoris (Brustenge) zu empfehlen oder ein bis mehrere Wochen nach einem unkomplizierten Herzinfarkt, wenn der Patient keine Herzbeschwerden durch moderatem Sport bekomme. Menschen mit schweren Herzleiden sollten dennoch vor dem Sex zum Arzt gehen und sich behandeln.

Die AHA zieht aus verschiedenen Studien den Schluss, dass direkt beim Sex das Herzinfarkt-Risiko von Menschen in den 50er- und 60er-Jahren um das 2,7-Fache erhöht ist.

Insbesondere unsportliche Männer seien gefährdet. Aufgrund der vergleichsweise kurzen Zeit sexueller Aktivität pro Jahr sei die absolute Gefahr für Infarkte beim Sex jedoch minimal. Er sei die Ursache von weniger als einem Prozent der akuten Herzinfarkte.

(dpa, jto)