Bei einem Herzstillstand kann jede Sekunde entscheidend sein. Die Reanimation muss schon vor Eintreffen des Notarztes beginnen.
HerzstillstandWenn jede Sekunde zählt – Wiederbelebung vom Telefon aus
Es gibt Situationen, die wünscht man niemandem – trotzdem passieren sie. So etwa bei einem Bekannten, der seine Mutter auf dem Boden liegend fand. Sie schien nicht mehr zu atmen. Und er konnte bei ihr keinen Puls fühlen. Herzstillstand? Er rief telefonisch den Notarzt – 112.
Aber es war klar: Wenn seine Mutter wirklich keinen Puls mehr hatte, dann würde auch der schnellste Notarzt zu spät kommen. Auf dem Land, wo sie wohnen, sowieso. Aber auch in der Stadt. Fünf Minuten ohne Puls sind fast immer tödlich.
Aber die Mitarbeiterin der Leitstelle erklärte ihm, was er jetzt tun solle: seine eigene Mutter reanimieren. Die Situation war drastisch, aber eindeutig: Wollte er ihr Leben retten, musste er handeln. Die Frau am Telefon erklärte ihm, wie. Dabei kann man die Situation, egal wie falsch man handelt, nicht verschlimmern. Regelmäßiger, fester Druck mit beiden Händen auf das Brustbein drückt das Herz so weit zusammen, dass es Blut durch den Körper pumpt.
Die Frequenz entspricht ungefähr eineinhalb bis zwei Drücken pro Sekunde – so wie der Rhythmus in dem uralten Lied „Stayin´ alive“ von Bee Gees. Oder auch wie in „Atemlos durch die Nacht“ von Helene Fischer. Wie wir an dieser Stelle vor knapp einem Jahr schon geschrieben haben, kann man auch ohne Mund-zu-Mund- oder Mund-zu-Nase-Beatmung wiederbeleben: Der Druck auf das Herz drückt auch die Lunge zusammen. Sie dehnt sich von alleine wieder aus.
Deutschland hinkt bei der Wiederbelebung hinterher
Die schlechte Nachricht ist aber: Deutschland hinkt bei der Wiederbelebung durch Ersthelfer in internationalen Vergleich hinterher. Im Jahr 2023, so schreibt das aktuelle Reanimationsregister, wurden hochgerechnet rund 55.000 Menschen vom Rettungsdienst reanimiert. In der Hälfte der Fälle (51 Prozent) hatten Ersthelfer schon mit einer Wiederbelebung begonnen. Nur in der Hälfte der Fälle! In anderen europäischen Ländern, schreibt die Ärztezeitung, würden teils weit höhere Zahlen erreicht.
Die Deutsche Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin hofft auf eine Verbesserung durch die telefonischen Anleitungen der Rettungsstelle. Immerhin sitzen dort Profis. Der Ablauf ist immer der gleiche: Zufällige Beobachter, Freunde oder Arbeitskollegen finden eine bewusstlose Person und wählen den Notruf. Die Leitstelle schickt einen Notarzt. Aber jetzt tickt die Uhr. Jede Minute, ja jede Sekunde zählt.
Telefonische Anleitung zur Reanimation nur in jedem dritten Fall
Wenn ein erfahrener Mitarbeiter die Anrufer beruhigt, ihnen erklärt, was sie jetzt tun sollten – dann dürften sich sehr viel mehr Menschen trauen, auch wirklich zu handeln. Im Augenblick findet solch eine telefonische Reanimationsberatung nur in jedem dritten Fall statt, rechnet das Reanimationsregister seine Zahlen hoch. Aber es könnten mehr sein, viel mehr.
Die Überlebensraten bei Herzstillstand außerhalb einer Klinik sind nicht hoch. Vor allem, weil die Zeit zwischen Stillstand und Wiederbelebung zu lang ist. Wäre die Zeit kürzer, würden sehr viel mehr Menschen überleben. Fragen Sie die Rettungsstelle, was sie tun sollen!