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Apple wird Zulassung erhaltenKönnen Kopfhörer bald Hörgeräte ersetzen?

Lesezeit 3 Minuten
Eine Person trägt einen Bluetooth-Kopfhörer von Apple.

Kopfhörer als Hörgerät? Die US-amerikanische Food and Drug Administration hat angekündigt, dass Hersteller Apple eine Zulassung dafür erhalten wird.

Kopfhörer als Hörgerät? Experte Magnus Heier erklärt, warum sie kein vollständiger Ersatz sind – aber durchaus eine sinnvolle Ergänzung.

Sie sehen irritierend aus, die Kopfhörer von Apple: ein bisschen wie der Aufsatz einer elektrischen Zahnbürste, die man sich eigentlich ja auch nicht ins Ohr steckt. Aber zumindest junge Menschen finden das hipp. Und nun ist etwas sehr Erstaunliches passiert: Apple wird eine Zulassung bekommen, diese Kopfhörer als Hörhilfen anzubieten.

Magnus Heier

Magnus Heier

ist Autor und Neurologe und schreibt die wöchentliche Medizinkolumne „Aus der Praxis“. ...

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Die US-amerikanische Food and Drug Administration (FDA), die mächtige Behörde für Lebens- und Arzneimittel, hat dies angekündigt. Das bedeutet, dass die Kopfhörer – vor allem aber die dahinterstehende App auf dem Handy – bald als Hörhilfe nutzbar sein wird. Und das gilt nicht nur für die Kopfhörer von Apple, sondern auch für andere Hersteller.

App testet das Gehör des Trägers

Das ist nicht ganz so absurd, wie es zunächst klingt. Denn moderne Kopfhörer aller möglichen Fabrikate sind längst weit mehr als Minilautsprecher im Ohr, die nur Musik wiedergeben. Moderne Kopfhörer (sei es die, die man ins Ohr steckt oder die, die man aufsetzt und die das ganze Ohr abdecken) können etwa Umgebungsgeräusche unterdrücken: Man hört Musik oder ein Hörspiel und das Fahrgeräusch des Zuges verschwindet auf Knopfdruck fast vollständig.

Auf Wunsch lassen „intelligente“ Kopfhörer wichtige Informationen trotzdem durch: das Hupen eines Autos oder die Ansage des Zugschaffners. Einige Geräte sollen sich auch an den Nutzer anpassen lassen. So auch jetzt, wenn sie als Hörhilfe genutzt werden: Die App testet, so heißt es, das Gehör des Trägers und stellt das Programm entsprechend ein. Vor allem auch: Bei schwerer Schwerhörigkeit fordert die App auf, einen Arzt aufzusuchen.

Hippe Kopfhörer als Übergang zum Hörgerät?

Natürlich sind diese Hörhilfen einem richtigen Hörgerät vermutlich weit unterlegen – schon die Akkuleistung dürfte sich bei Dauergebrauch deutlich unterscheiden. Aber sie haben einen Vorteil: Sie sind hipp. Oder modisch. Oder was auch immer. Während Hörgeräte leider immer noch einen Makel haben, Hörgeräteträger oft als alt gelten. Dagegen könnte ein modernes Design eine Chance sein.

Denn noch immer tragen die meisten Menschen mit beginnenden Hörstörungen keine Hörgeräte. Sie schieben es oft jahrelang auf. Auch weil der Hörverlust meist schleichend, langsam, unauffällig verläuft. Das ist bedenklich, weil Schwerhörigkeit die Menschen nicht nur isoliert. Weil man Unterhaltungen nur schwer folgen kann, zumal in größeren Gruppen. Die Betroffenen werden nicht selten auch einfach für dumm gehalten – was nicht stimmt. Außerdem ist Schwerhörigkeit im Alter ein entscheidender Risikofaktor für Demenz! Und eben ein vermeidbarer Risikofaktor.

Vielleicht können Hörhilfen aus Kopfhörern verbunden mit einer smarten App auf dem Handy diese Lücke schließen: die Zeit zwischen dem Beginn der Schwerhörigkeit und dem Zeitpunkt, an dem die Betroffenen sich endlich entschließen, zum Ohrenarzt zu gehen. In dieser Phase werden viele Chancen verspielt. Besser wäre es natürlich, sofort konsequent zu handeln. Aber vielleicht sind hippe Kopfhörer trotzdem hilfreich.