Legal HighsNeue Drogen sorgen für Rausch mit Todesgefahr
Auf dem Tütchen mit der Aufschrift „King Kong“ ist ein weit geöffneter Mund zu sehen. Reißt man es auf, kommt laut einem anonymen Konsumentenbericht in einem Blog stinkendes Blattwerk heraus. Kosten: 20 Euro. Der Rausch komme schnell und wirke angenehm.
Nicht so bei drei 17- bis 19-Jährigen im niedersächsischen Nienburg, die laut Polizei am Montag „King Kong“ geraucht haben sollen. Sie wurden hilflos an einem Supermarkt aufgelesen. Mit lebensgefährlichen Vergiftungen kamen sie ins Krankenhaus. Sogenannte Legal Highs sind in Deutschland zurzeit stark auf dem Vormarsch.
Regierung verbietet regelmäßig neue Substanzen
Die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Marlene Mortler (CSU), mahnt, viele junge Leute, die sich die neuen psychoaktiven Substanzen problemlos im Internet oder auf Partymeilen besorgten, seien viel zu leichtgläubig. Auf Hunderte Konsumenten mit Vergiftungserscheinungen stieß die Polizei im vergangenen Jahr, wie der Chef des Bundeskriminalamtes, Holger Münch, sagt. 25 der insgesamt 1032 Drogentoten gehen auf das Konto dieser Produkte, die oft auch zusammen mit anderen Rauschmitteln genommen werden.
Die Hersteller spielen mit dem Staat Hase und Igel - und sind immer ein Stück weiter. Regelmäßig verbietet die Regierung neue Substanzen. Die Drogenköche verändern aber immer wieder die Struktur der künstlich hergestellten Wirkstoffe, in der Regel Cannabinoide, so dass diese dann erstmal wieder legal sind.
Stoffgruppen sollen verboten werden
Die Regierung will jetzt wirksam dagegen vorgehen. Ein neues Gesetz soll es geben. Künftig sollen auch Stoffgruppen statt einzelner Substanzen verboten werden können. Bislang galt ein solches Vorhaben als juristisch heikel. Jetzt sagt Mortler, es komme noch dieses Jahr.
Kritiker wie der Drogenpolitiker Harald Terpe von den Grünen werfen der CSU-Politikerin Ideenlosigkeit vor: „Ihre Antwort auf das Scheitern der repressiven Drogenpolitik sind: neue Verbote“, meint er. Dabei habe dieser Weg in den vergangenen Jahren nachweislich nichts verbessert, nur der organisierten Kriminalität satte Gewinne beschert.
Crystal Meth auch jenseits von Tschechien fest etabliert
Im Kampf gegen das hochgefährliche Crystal Meth können Regierung und Bundeskriminalamt keine grundsätzlichen Fortschritte vermelden. Auch Schüler, Sportler, Alleinerziehende oder sogar werdende Mütter nehmen das zunächst leistungssteigernde Mittel. Es hat sich nun offenbar auch jenseits der Grenze zu Tschechien, wo es oft herkommt, fest etabliert, zum Beispiel in Berlin.
In mehr als 3900 Fällen stellte die Polizei die Substanz 2014 in Deutschland sicher. Von einem rückläufigen Trend könne nicht gesprochen werden, müssen die obersten offiziellen Stellen einräumen.
Aufklärung, Vorbeugung, Verbote
Aufklärung, Vorbeugung, Verbote - das sind die Therapien, die Mortler und Münch für die Gesellschaft parat halten, die offenbar in gar nicht so kleinen Teilen Drogen gegenüber aufgeschlossen ist. Einen neuen Ansatz lehnen sie ab - etwa Cannabis reguliert und offiziell zu verkaufen, wie das der Grüne Terpe fordert.
Bei Marihuana stellte die Polizei 2014 eine um 80 Prozent auf 8515 Kilogramm gestiegene Menge sicher, unter anderem weil den Beamten allein bei Siegen fast drei Tonnen auf einmal die Hände fielen. „Der Konsum solcher Dinge, den wollen wir nicht im öffentlichen Raum haben“, sagt BKA-Chef Münch. Es gebe keinen Grund für eine Freigabe-Debatte.
Der Blog, auf dem wohlmeinende Berichte über Legal Highs verbreitet werden, wird übrigens von einem kleinen Unternehmen im niederländischen Schinnen gesponsert, keine 30 Kilometer von Aachen entfernt. Etwa 40 Räuchermischungen sind dort im Angebot, die Packungen überbieten sich mit verheißungsvollen Motiven. (dpa)