Mit 77 Jahren fit wie mit 50Es ist nie zu spät, seinen Lebensstil zu ändern
- Buchautor Heinz Benölken ist 77 Jahre alt, fühlt sich aber fit wie mit 50.
- Benölken liegt es am Herzen, dass Menschen sich gut ernähren und gesund leben.
- Im Gespräch verrät er, wie er gelernt hat, mit Stress umzugehen, warum er (fast) kein Fleisch isst und wie man Wartezeit am Bahnsteig sinnvoll nutzen kann.
Mit 77 Jahren fühlt sich Buchautor Heinz Benölken so fit wie mit 50. Was für ihn Bausteine eines guten und langen Lebens sind und warum die gesundheitliche Aufklärung der Bevölkerung besser werden muss, erklärt er im Gespräch.
Herr Dr. Benölken, Sie sind 77 Jahre alt, topfit, und wollen, dass auch die anderen Menschen sehr alt werden und dabei gesund und aktiv bleiben. Woher rührt dieser Wunsch?
Heinz Benölken: Ich finde es absolut erstrebenswert, gesund und aktiv zu bleiben, um ohne Apparate-Medizin alt werden zu dürfen. Mir geht es gut, ich war bisher keinen Tag krank, ich bewege mich viel, ernähre mich gut und möchte, dass auch andere Menschen die Chancen nutzen, ihren Lebensstil zu optimieren. Das Buch habe ich geschrieben, weil ich einen leicht missionarischen Drang verspüre – ich wollte mal katholischer Theologe werden und in Brasilien missionieren, vielleicht rührt das daher.
Zur Person
Dr. Heinz Benölken ist 77 Jahre alt. Er widmete sich seit dem Rückzug aus dem Wirtschaftsleben der Gesundheitsvorsorge.
Er ist Vorstandsvorsitzender des Unternehmens „Fit 120A eG – Akademie für Gesundheit und Lebensfreude“ und Autor zahlreicher Sachbücher.
Sie sagen, dass Sie heute mit 77 Jahren genauso fit sind wie mit 40 und 50. Wie schafft man sowas?
An meinem Fitnessprogramm habe ich mein Leben lang nichts geändert. Ich mache fünf Mal die Woche Sport, fahre Mountainbike, gehe ins Fitness-Studio und schwimme. Nur das Joggen habe ich nach meiner Knie-Operation aufgegeben.
Waren Stress und Belastung für Sie in Ihrer Zeit als selbstständiger Unternehmensberater nie ein Thema?
Vor meiner Selbstständigkeit habe ich als Angestellter alle Stressfaktoren erlebt und durchlebt. Den meisten Stress hatte ich mit meinem Doktorvater. Aber ich habe damals auch gelernt, mit Stress umzugehen und mir beizeiten gesagt: Ihr könnt mich mal, ich gehe jetzt eine Runde laufen. Das hat mir immer geholfen.
Mitte der 1980er Jahre haben Sie Ihren Fleischkonsum reduziert, seit 2000 essen Sie gar kein Fleisch mehr. Warum tun Sie das?
Fleisch schmeckt mir immer noch, so ist das ja nicht. Aber ich habe mit der Zeit so tolle Fischsorten entdeckt und ziehe diese Variante vor. Mir war ziemlich schnell klar, dass man durch hohen Fleischkonsum tendenziell stärker übersäuert, und in einem übersäuerten Organismus fühlen sich Krebszellen pudelwohl. Aber jedes Vierteljahr gönne ich mir einen Wiener Tafelspitz – köstlich.
Sie sind 15 Marathons gelaufen und rund hundert Halbmarathons. Das ist ja nicht jedermanns Sache. Wer das hört, winkt meistens dankend ab.
Ich habe mittlerweile andere Akzente im Sport gesetzt, denn Joggen und Laufen belastet die Gelenke enorm. Zwischendurch habe ich einige 4000er bestiegen und ich liebe es, Rock’n’Roll zu tanzen. Ich empfehle jeden, sich möglichst so zu bewegen, dass die Gelenke wenig belastet werden.
Das, was Sie raten und empfehlen, wird Menschen ständig ans Herz gelegt. Sie tun es trotzdem nicht.
Der Mensch lernt leider nur durch eigene, meist negative Erfahrungen. Mich ärgert vor allem die gesundheitsvernichtende Indoktrination von jungen Menschen. Dagegen müssen wir angehen, und zwar schon in der Kita. Ein gesunder Lebensstil geht an rund 70 Prozent der Bevölkerung vorbei, sie nutzen die vielen Informationsquellen nicht und setzen sie folglich auch nicht um. Wir können die Menschen nur Schritt für Schritt überzeugen und müssen ganz früh anfangen, in der Schule, Volkshochschule und im Beruf weitermachen. Das ist ein zäher Prozess.
Hätten Sie als Unternehmensberater den Krankenkassen und -versicherungen sowie den Politikern nicht klar machen können, dass Investitionen in die Gesundheitsvorsorge sich besser rechnen als die Kosten für Krankheiten zu tragen?
Die gängige Philosophie der Politik, speziell der SPD ist es, den Sozialstaat zu stärken und somit lieber zu reparieren als Vorsorge zu treffen. CDU und FDP sind davon auch nicht weit entfernt. Hinzu kommt die Lobby-Macht der Pharma- und der Ernährungsindustrie. Es sind also ökonomische Gründe, die der Vorsorge im Weg stehen.
Viele Unternehmen bieten bereits Kurse für gesunden Lebensstil an. Es kommen aber meist nur die, die eh schon aktiv und dafür sensibilisiert sind.
Na ja, man kann keinen in solche Kurse zwingen. Das wäre mit einem Betriebsrat schwer durchzusetzen. Und wer zwingt, der weckt meist nur Trotz. Auch hier gilt: informieren, vermitteln, überzeugen.
Plädieren Sie dafür, dass die, die nicht gesund leben, mehr in die Krankenversicherung einzahlen sollten?
Vom Gefühl her ja, aber das sind dicke politische Bretter, die gebohrt werden müssten. Daher ist dieses Ansinnen schwer durchsetzbar.
Viele sind so in ihrem Berufsalltag eingebunden, dass ihnen für Bewegung, gute Ernährung und soziale Kontakte zu wenig Zeit bleibt.
Dieses Problem, zu wenig Zeit zu haben, gibt es vor allem in Deutschland, in anderen Ländern ist es nicht so ausgeprägt. In puncto Stress sind wir fast Weltmeister. Meine Devise ist: Wo ein Wille ist, da ist auch Bewegung. Bewegen kann ich mich täglich auf dem Bahnsteig anstatt einfach nur rumzustehen und auf den Zug zu warten, ich kann auf Rolltreppen und Aufzüge verzichten und vieles mehr. Das alles kostet keine zusätzliche Zeit.
Sie halten eine frühe Verrentung für kontraproduktiv, denn umso früher kommen gesundheitliche Krisen. Arbeitgeber sehen das aber anders, die bauen ihre älteren Mitarbeiter gerne ab.
In den Unternehmen muss sich dringend was ändern. Wenn ich keine Auszubildenden mehr bekomme, was derzeit schon schwer ist, sollte ich tunlichst die älteren Beschäftigten halten und sie gesund erhalten. Und: Wer über das Renteneintrittsalter hinaus arbeitet, der stockt seinen Rentenanspruch deutlich auf.
Um den Lebensstil zu ändern, ist es dafür irgendwann zu spät, weil es nichts mehr bringt?
Absolut nicht, für gesunde Ernährung ist es nie zu spät, auch wenn der Erfolg, den man damit in späten Jahren erzielt, nicht mehr ganz so groß ist. Das gilt auch für Bewegung. Am besten mit einem Spaziergang anfangen und langsam das Schritt-Tempo steigern. Aktiv zu bleiben im Alter bringt mehr als primär Rätsel zu lösen.
Warum soll es mir Spaß machen, jeden zweiten Tag zu joggen und auf Torte und Schoko zu verzichten?
Wenn ich jeden zweiten Tag Sport mache, kann ich ein Stück Torte besser „vertragen“. Und irgendwann kommt dann auch die Einsicht, dass ich nicht ständig Torte essen muss. Ein Stück Käsekuchen schmeckt genauso köstlich.
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Sie beobachten, dass jüngere Menschen mehr Bewusstsein für die Einheit von Körper und Geist entwickeln. Es gab aber noch nie so viele übergewichte junge Menschen wie heute. Zudem scheint gesunder Lebensstil ein Privileg der Gebildeten zu sein.
Das kann man nicht leugnen. Dass die Gebildeten sich leichter tun, gesund zu leben, hat sich leider so entwickelt. Anderen Bevölkerungsschichten fehlen oft Informationen und damit die Einsicht und sie nehmen sich keine Zeit, um positiv auf ihre Kinder und deren Lebensstil einzuwirken.
Einer Ihrer Leitsätze ist: Mit 17 Fastfood, mit 70 dement. Was sagen die Jugendlichen dazu?
Beide Reaktionen habe ich erfahren: Bei den einen bin ich auf offene Ohren und Einsicht gestoßen, und andere sagten mir eher zweifelnd, dass sie das zum ersten Mal hören. Generell reagieren Jugendliche darauf aber neugieriger als Erwachsene.
Buchtipp
Heinz Benölken: „Fit für gute 120 Jahre“ – 10 Bausteine für ein langes, gesundes und aktives Leben,
Springer-Verlag,
380 S., 24,99 Euro