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Körper-EntspannungWenn der Kiefer klemmt

Lesezeit 4 Minuten

Mobilisation im Halsbereich entspannt die Kiefer.

Köln – Rosemarie Jänchen war eigentlich wegen des Tangos nach Köln gekommen. Der Intensiv-Workshop dauerte mehrere Tage. Zeit genug also, um noch eine anderer Sache in Angriff zu nehmen. „Ich wusste schon seit längerem, dass ich eine neue Krone brauche und auch meine Brücken waren nicht mehr die neusten. Ich wollte das endlich in Angriff nehmen“, erinnert sich die 57-jährige Sozialpädagogin aus Kassel.

Im Internet stieß sie auf die Zahnarztpraxis von Eric Liermann. Seine Kollegin Hülya Yildirim ist Expertin auf dem Gebiet der Kiefergelenksdiagnostik. Cranio-mandibuläre Dysfunktion (CMD) heißt das Krankheitsbild im Fachjargon und bedeutet, dass Fehlbelastungen des Kiefers und damit der Zähne zu verschiedensten Beschwerden führen können.

Experten: Zahnarzt Eric Liermann, Zahnärztin Hülya Yildirim und die Physiotherapeuten Ahmed Schmidt und Benjamin Bahr (im Uhrzeigersinn) erklären, wie sich Fehlstellungen der Kiefer oder Unebenheiten des Zahnapparats auswirken können und welche Möglichkeiten es bei Diagnose und Behandlung gibt. Versicherte der Pronova BKK erhalten 500 Bonuspunkte für den Besuch der Veranstaltung. Zeit: Montag, 15. September, 19 Uhr (Einlass 18 Uhr)Ort: studio dumont (im Dumont-Carré), Breite Straße 72, Köln Karten für 12,55 Euro (Abocard 10,50 Euro) gibt es im Servicecenter, Breite Straße 72, und bei Kölnticket unter 02 21/28 01www.koelnticket.dewww.abocard.de

Rosemarie Jänchen litt schon seit längerem unter Rückenschmerzen, die bis in die Beine ausstrahlten. Außerdem hatte sie über einen längeren Zeitraum massiv mit den Zähnen geknirscht. „Ich war zweieinhalb Jahre lang arbeitslos. In dieser Zeit habe ich wortwörtlich die Zähne zusammengebissen.“ Die Schultern wurden rund, sie hatte den Kopf eingezogen, ihr ganzer Körper signalisierte Anspannung und Stress.

Messung des Kieferdrucks

Als sie sich Ende 2013 in zahnärztliche Behandlung begab, waren die Folgen des Knirschens noch immer deutlich, obwohl die Phase der Arbeitslosigkeit da längst hinter ihr lag. „Die Seitenzähne waren komplett heruntergekaut, obere und untere Kauleiste hatten im hinteren Bereich kaum Kontakt“, erinnert sich Zahnärztin Hülya Yildirim. Mit einer speziellen Messung wurde Rosemarie Jänchens Kieferstellung und die Druckverteilung beim Zusammenbeißen der Zähne analysiert. „Während der Messung sollte ich die Kiefer seitwärts und vor und zurück bewegen“, erzählt Jänchen. Beides war kaum möglich, da die Kiefermuskeln total verkürzt waren. Schon zur Vorbereitung auf die Messung musste Rosemarie Jänchen zur Physiotherapie. Die Behandlung von Kieferfehlstellungen ist ein Gemeinschaftsprojekt von Zahnarzt und Physiotherapeut. Der Zahnarzt diagnostiziert die Fehlbelastung und erledigt etwaige Aufbau- und Reparaturen am Gebiss.

Ideale Therapien finden Sie auf der nächsten Seite.

Eine individuell angefertigte Schiene hilft dem Patienten, die Idealposition der Kiefer wiederzufinden, die ihm durch jahrelange Fehlhaltungen abhanden gekommen ist. Dieses Hilfsmittel, das nicht zu verwechseln ist mit der Schiene, die bei Knirschen verordnet wird, muss über einen Zeitraum von mindestens drei Monaten Tag und Nacht getragen werden. Danach wird mit den Korrekturen im Zahnbereich begonnen.

„Der Physiotherapeut ist für die Mechanik zuständig“, sagt Benjamin Bahr, der CMD-Weiterbildungen für Physiotherapeuten durchführt. Durch gezielten Druck und Mobilisation sollen die Kiefermuskeln wieder beweglich und vorhandene Verspannungen gelöst werden. „Kieferpatienten neigen dazu, einseitig mehr Druck auf die Zähne zu machen. Meist ist genau diese Körperseite bis zum Fuß hinunter verspannt“, sagt Ahmed Schmidt, der Rosemarie Jänchen behandelt. Seit dem Beginn der Therapie hat sich ihr Zustand deutlich gebessert. „Am Anfang tat die Mobilisation des Kiefers weh. Da habe ich richtig mit den Beinen gestrampelt. Jetzt ist es viel besser“, sagt Rosemarie Jänchen.

Heilungsprozess durch Rückenübung

Dank Kräftigungsübungen für den Rücken, die sie auch zu Hause regelmäßig macht, hat sich ihre ganze Haltung verbessert. „Die Rückenschmerzen sind weg und ich stelle mich auch ganz bewusst ins Gleichgewicht“.

Regelmäßig kontrolliert der Zahnarzt per Biss-Abdruck den Behandlungsfortschritt. Bei Rosemarie Jänchen steht die Behandlung nun kurz vor dem Abschluss. War ihr Körper aufgrund der Fehlbelastung des Kiefergelenks, jahrelang im Ungleichgewicht, kann sie jetzt ihren Alltag wieder schmerzfrei bewältigen. In der Verwaltung eines Kindergartens arbeitet sie inzwischen vier Tage die Woche. Nach Köln kommt sie jedoch weiterhin jeden Freitag. Diesen Tag hatte sie sich für die Kiefer-Therapie und den Tango reserviert. Bald wird sie nur noch zum Tanzen nach Köln kommen.