Mythen um ErkältungenWas hilft wirklich gegen Schnupfen?
Nasehochziehen ist schädlich
Falsch. Hals-Nasen- und Ohrenarzt Joachim Wichmann erklärt: "Wenn man beim Naseputzen die Tröte à la Benjamin Blümchen macht, wird das Nasensekret in die Nebenhöhle gedrückt." Beim Hochziehen dagegen bildet sich ein Sog, der das Sekret den Hals hinunterzieht. "Das Naseputzen ist zwar eine Gepflogenheit bei uns, das Hochziehen ist aber effektiv besser", sagt Wichmann, der auch Vizepräsident und Landesvorsitzender des Deutschen Berufsverbands der HNO-Ärzte ist. Das gilt besonders für Kinder, deren Nebenhöhlensystem noch nicht ausgereift ist. Das Beste ist es, das hochgezogene Nasensekret einfach hinunterzuschlucken und ihn dem keimfeindlichen Milieu des Magens zu überlassen. "Immer wieder auszuspucken kann den Natriumspeicher leeren", warnt der Arzt.
Erkältungen kommen von Kälte
Falsch. "Das ist in der Tat ein Mythos", sagt Joachim Wichmann. Erkältungen kommen von Erkältungsviren, und die schwirren zu jeder Jahreszeit in der Luft herum. Allerdings räumt der Arzt ein, dass es eine "jahreszeitliche Auffälligkeit" beim Auftreten von grippalen Infekten gibt. Eine eindeutige Erklärung dafür hat die Wissenschaft noch nicht. Direkt mit der Temperatur in den Wintermonaten hat es jedenfalls nichts zu tun. Dass Erkältungen bei Temperaturwechseln im Herbst und Frühjahr vermehrt auftreten, hat Wichmann zufolge damit zu tun, dass man häufig schwitzt und dabei die Körperoberfläche auskühlt, worunter das Immunsystem leiden kann. Zusätzlich halten sich bei Kälte häufiger viele Menschen gemeinsam in geschlossenen Räumen auf, was den Austausch von Erkältungsviren erleichtert. Eine andere Theorie besagt, dass die Heizungsluft die Schleimhäute austrocknet.
Luftbefeuchter schützen vor Erkältungen
Falsch. "Es gibt trockene Schleimhäute und es gibt trockene Heizungsluft", sagt Wichmann. Wer aber im Winter eine Schüssel Wasser auf die Heizung stellt für ein feuchteres Klima, tue sich damit nicht unbedingt einen Gefallen: Darin können sich Keime hervorragend vermehren und als Aerosolgemisch in die Raumluft strömen.
Stress begünstigt Erkältungen
Richtig. "Wenn sie viel Stress haben, dann wird der Cortisolspiegel hochgefahren", erklärt Joachim Wichmann. Der Körper läuft auf Hochtouren. Das Stresshormon Cortisol ist sozusagen das körpereigene Cortison, ein Entzündungshemmer. Es sorgt dafür, dass der Körper in der vermeintlichen Gefahrensituation funktioniert und stärkt das Immunsystem sogar vorübergehend. Ist der Stress jedoch vorbei, wird der Cortisonspiegel heruntergefahren, der Körper läuft nun auf Sparflamme - auch das Immunsystem, welches nun umso empfänglicher ist für Krankheitskeime. Auch Dauerstress ist nicht gut: Irgendwann stärkt Cortisol das Immunsystem nämlich nicht mehr, sondern führt langfristig zur Unterdrückung der Immunabwehr. Die Nase beim Niesen
Zuhalten ist schlecht
Richtig. Aber: "Das kann es auch, wenn ich offen niese und zu großer Druck entsteht", sagt Wichmann. "Sich die Nase beim Niesen zuzuhalten sehe ich nicht besonders kritisch." Am besten hält man den Mund beim Niesen leicht geöffnet und niest in die Ellenbeuge hinein. Wer in die Hand niest und dann jemandem die Hand schüttelt, gibt seine Viren so weiter. Niesen kann man
Unterdrücken
Möglicherweise. Es gibt Leute, die schwören, dass es einen Trick gibt, um heranziehendes Niesen zu unterdrücken. Und zwar, indem man die Zunge im Bereich der Vorderzähne gegen den Gaumen drückt. "Wissenschaftlich ist mir dazu nichts bekannt", sagt HNO-Arzt Joachim Wichmann. "Reflektorisch kann das möglich sein."
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Ins Licht schauen hilft, schneller zu niesen
Möglicherweise. Wer niesen muss, aber nicht kann, schaut ins Licht, um den Niesreiz auszulösen. Häufig funktioniert das. Aber ob wirklich das Licht der Auslöser ist? Auch hier sagt Wichmann: "Möglich ist das, bewiesen aber nicht."
Gelbes Sekret ein Hinweis auf bakterielle Infektion
Falsch. "Das kann, muss aber kein Hinweis auf eine bakterielle Infektion sein", sagt der HNO-Arzt. Nur wenn Fieber dazukommt und auch anhält, spricht das dafür, dass sich Bakterien breitgemacht haben. Ist das Nasensekret gelb-grün, bedeutet das, dass besonders viele Immunzellen aktiv sind. Die müssen aber nicht unbedingt ein Hinweis auf eine bakterielle Infektion sein, sondern sie können auch auf Virenjagd sein, zum Beispiel einfach nach den Erkältungsviren. Und gegen die hilft bekanntlich auch kein Antibiotikum. Nur aufgrund der Farbe des Sekrets ein Antibiotikum zu verschreiben, wäre also falsch.Nasenduschen helfen
Gegen verstopfte Nasen
Richtig. Und falsch. "Ich bin persönlich kein Freund von Nasenspülungen", sagt Joachim Wichmann. "Im Einzelfall kann das sinnvoll sein, als Dauerlösung kann ich es nicht empfehlen." Richtig angewendet kann die Nasenspülung zähen Schleim lösen und Allergene oder Keime herauswaschen. Wer aber regelmäßig mit Salzlösungen die Nase spült, kann damit zum einen seine Schleimhäute austrocknen. Zum anderen können sich in der schwer zu reinigenden Nasendusche Keime bilden, die man damit erst in die Nasenhöhlen spült.
Viel heiße Zitrone schützt gegen Erkältungen
Falsch. Vitamin C ist zwar gut für die Immunabwehr. Der Körper kann es allerdings nicht speichern. Wird mehr Vitamin C aufgenommen, als der Körper verarbeiten kann, wird es einfach wieder ausgeschieden. Deshalb bringt es nichts, tassenweise heiße Zitrone zu trinken. Das kann sogar dazu führen, dass der Säureüberschuss im Magen die Magenschleimhaut angreift. "Ein Glas frisch gepressten Orangensaft pro Tag kann ich jedoch empfehlen", sagt Wichmann.
Nasenspray kann süchtig machen
Richtig. Das Phänomen nennt sich "Privinismus", benannt nach einem Nasenspray. Die Nasenschleimhaut kann sich an die Wirkung von Nasenspray gewöhnen. Bei Menschen, die regelmäßig Nasenspray benutzen, gibt es sozusagen Entzugserscheinungen: "Die Nasenschleimhaut schwillt an, man bekommt schlecht Luft", erklärt der Fachmann. "Ich empfehle meinen Patienten, bei Erkältungen nur abends vor dem Zubettgehen Nasenspray zu benutzen."Erkältet weiterhin
Sport treiben
Falsch. "Wenn man Sporterfahren ist und man das Gefühl hat, dass man eine körperliche Ertüchtigung braucht, kann man das machen", sagt Joachim Wichmann. "Man muss aber auf seinen Körper hören und wissen, was einem gut tut." Das bedeutet: Kein Extremsport. Wer erkältet ist, sollte sich außerdem nicht zum Sport zwingen, wenn er sich nicht danach fühlt. Der Körper ist schließlich gerade damit beschäftigt, sich gegen das Erkältungsvirus zur Wehr zu setzen und braucht dann keine zusätzliche Belastung. Mit Fieber sollte man ohnehin besser im Bett bleiben. Im schlimmsten Fall kann sonst sogar das Herz geschädigt werden.