Nach Kimmich-AussageWas Experten zu Langzeitfolgen der Corona-Impfung sagen
Köln – Fußball-Nationalspieler Joshua Kimmich hat mit seiner Aussage, nicht geimpft zu sein, die nächste Impfdebatte in Deutschland losgetreten. Die wichtigsten Fragen und Antworten.
Was sagen Experten zu den „Bedenken“, die Kimmich geäußert hat?
Wissenschaftlicher Konsens ist das, was Carsten Watzl, Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Immunologie, so formuliert: „Was offensichtlich viele Menschen unter Langzeitfolgen verstehen, nämlich dass ich heute geimpft werde und nächstes Jahr eine Nebenwirkung auftritt, das gibt es nicht, hat es noch nie gegeben und wird auch bei der Covid-19-Impfung nicht auftreten.“ Kardiologe Jonas Zacher von der Deutschen Sporthochschule Köln sagte dem TV-Sender Sky: „Das Risiko durch eine Impfung ist viel geringer als das Risiko durch eine Covid-19-Infektion. Von daher klare Impfempfehlung, auch für unsere Nationalspieler.“
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Oliver Cornely, Infektiologe und Internist an der Universitätsklinik Köln, nennt Kimmichs Äußerungen „ungünstig“, weil er als Prominenter viele Menschen verunsichern könne, zumal die Impfquote nur noch langsam steige. Man könne jedoch allen Impfbedenken begegnen. Die Zweifler müsste allerdings auch die richtigen Informationsquellen nutzen, etwa ihre Hausärzte. „Das Thema ist zu komplex, um es zu googeln“, weiß Cornely. Jeder könne selbst entscheiden, ob er sich impfen möchte. „Ich impfe mich aber am wenigsten für mich, sondern zum Schutz anderer“, die durch eine Ansteckung einen schweren Verlauf erleiden könnten, etwa Ältere oder Menschen mit geschwächtem Immunsystem.
Wie reagiert die Politik?
Alle Fragen seien natürlich berechtigt, sagte der Sprecher der Bundesregierung, Steffen Seibert, am Montag. Zu Aspekten wie Art und Wirkung der Impfstoffe oder möglichen Impffolgen gebe es aber „klare und überzeugende Antworten“ nationaler und internationaler Experten. Er hoffe daher, „dass Joshua Kimmich diese Informationen alle noch mal auf sich wirken lässt und sich dann auch vielleicht für die Impfung entscheiden kann“, sagte Seibert. Schon tags zuvor hatte der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach kritisch den Impfstatus von Kimmich bewertet. „Wenn er sagt, er wartet ab, dann ist das schwierig“, hatte er bei Sport1 gesagt. Es sei Kimmichs Entscheidung. „Wir dürfen keinen Druck aufbauen, aber es wäre sehr wertvoll – davon geht eine enorme Symbolwirkung aus.“
Wie sicher sind die Corona-Impfstoffe?
Kimmich hatte seine Entscheidung unter anderem mit „Bedenken, gerade, was fehlende Langzeitstudien angeht“, begründet. An den genbasierten mRNA-Impfstoffen, die auf einer neuartigen Technologie beruhen, arbeiten Forscher aber schon seit Jahrzehnten. Die Corona-Pandemie beschleunigte die Entwicklung enorm: Plötzlich gab es viel mehr Geld, Wissenschaftler stürzten sich weltweit auf das Thema. Auch andere Vektor-Impfstoffe kamen rasch auf den Markt. In Deutschland seien über 100 Millionen und weltweit über sechs Milliarden Dosen an Corona-Impfstoffen verabreicht worden, sagte Watzl dazu.
Was ist mit späten Nebenwirkungen, die erst nach einigen Jahren auftreten?
Bei der Debatte um Langzeit-Nebenwirkungen kommt es häufig zu einem Missverständnis. Mit Langzeit-Nebenwirkungen sind Nebenwirkungen gemeint, die kurz nach der Impfung auftreten, sich allerdings über Jahre auswirken. Nach Jahren auftretende Nebenwirkungen sind damit also nicht gemeint. Denn: „Langzeit-Nebenwirkungen, die erst nach Jahren auftreten, sind bei Impfstoffen generell nicht bekannt“, erklärte Susanne Stöcker, Pressesprecherin des Paul-Ehrlich-Instituts bei „ZDF heute“. „Die meisten Nebenwirkungen von Impfungen treten innerhalb weniger Stunden oder Tage auf. In seltenen Fällen auch mal nach Wochen.“
Garantien, dass dies bei Corona-Impfstoffen auch der Fall ist, kann aufgrund fehlender Daten natürlich niemand aussprechen. Aber: „Die Vektor-Impfstoffe sind schon länger erprobt“, sagte Michael Hallek vom Universitätsklinikum Köln dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Es gebe „hier schon Erfahrungen im Einsatz gegen andere Coronaviren. Für diese Art des Impfstoffes wissen wir, dass Langzeit-Nebenwirkungen eher selten vorkommen.“ „Wir hatten noch nie so viele Geimpfte in so kurzer Zeit“, ergänzt Cornely, „wir kennen deshalb alle Nebenwirkungen, die nach einem Jahr möglich sind.“ Da die mRNA-Vakzine auf nur einem Molekül aufbauten, ohne dass wie bei manchen anderen Impfstoffen weitere Bestandteile enthalten seien, sei die Gefahr von Nebenwirkungen wie Allergien sehr gering. Zudem werde der mRNA-Impfstoff mit der Zeit abgebaut. „Deshalb brauchen wir ja auch Auffrischungsimpfungen.“
Darf ein ungeimpfter Spieler in einem Stadion wie in Köln spielen, in dem Fans 2G-Bedingungen erfüllen müssen?
Nach aktuellem Stand: ja. Das Konzept der DFL für die Klubs und ihre Angestellten ist ein Arbeitsschutzkonzept und mit der Berufsgenossenschaft abgestimmt. Dieses Hygienekonzept ist unabhängig von dem für die Zuschauer. Dieses liegt in der Verantwortung der Klubs in Zusammenarbeit mit den Behörden, die auf die Vorgaben des Landes angewiesen sind. Daher hat die DFL auch keinen Einfluss auf die Vorgaben für die Zuschauer, bei denen es auch um Konzepte für Freizeitveranstaltungen wie Konzerte oder Ähnliches geht.
Als plakatives Beispiel wird gern die Gastronomie genannt: Da könne es für Gäste 2G geben, aber der Koch muss sich möglicherweise nur nach 3G (geimpft, genesen oder getestet) richten. Für Cornely ist es zwar medizinisch vertretbar, dass ein ungeimpfter Fußballer in einem 2G-Stadion aufläuft, weil die Profis extrem engmaschig betreut und getestet werden. Aber seitens der Vereine, die das ihren Lizenzspielern gestatteten, sei es „ein schlechtes Signal. Da fühlen sich die Fans, die unter 2G-Bedingungen im Stadion sind, auf den Arm genommen.“ (mit dpa, RND)