Peinliches LeidenWarum man Hämorrhoiden nicht aussitzen soll
Am Po juckt es schon längere Zeit, und jetzt auch das noch: Der Stuhlgang ist hart, und auf dem Toilettenpapier zeigen sich hellrote Blutspuren. „Ist zwar unangenehm, aber bloß niemandem davon erzählen!“, denken sich viele. Schließlich sind Hämorrhoiden für viele ein peinliches Tabuthema. Dabei ist laut Schätzungen fast jeder Dritte über 30 Jahren und sogar jeder Zweite über 50 Jahren von der Erkrankung betroffen.
Das Problem: Bei Hämorrhoiden sind ringförmige Blutgefäßpolster krankhaft vergrößert, die sich hinter dem Schließmuskel im Analkanal befinden. „Jeder Mensch hat diese Polster. Sie dichten den Enddarm nach außen ab und verhindern, dass Stuhlreste austreten und die empfindliche Haut im Analbereich reizen“, erklärt Prof. Alexander Herold vom End- und Dickdarm-Zentrum in Mannheim. „Wenn auf die Blutadern längere Zeit Druck ausgeübt wird, kann das Blut nicht mehr abfließen, die Adern erweitern sich, und ihr zartes Bindegewebe leiert aus.“ In der Folge dringt Flüssigkeit aus dem unteren Mastdarm nach außen, so dass die Haut am After juckt, brennt und blutet.
Die Ursachen: Druck auf die Blutgefäßpolster entsteht vor allem durch zu starkes Pressen beim Stuhlgang. „Man sollte nur dann auf Toilette gehen, wenn man auch wirklich muss“, rät Herold. Auch ein langes Verweilen auf dem Klo belastet den Beckenboden. „Ausgiebiges Zeitunglesen auf der Toilette sollte man deshalb vermeiden.“ Außerdem sind auch Verstopfungen infolge einer ballaststoffarmen Ernährung sowie eine genetisch bedingte Bindegewebsschwäche mögliche Ursachen für Hämorrhoiden.
Die Folgen: Bleiben Hämorrhoiden unbehandelt, werden sie im Laufe der Zeit größer. Mediziner unterscheiden vier Krankheitsstadien. Zu Beginn sind die vergrößerten Gefäßpolster von außen nicht sichtbar und zeigen nur wenige Symptome, etwa Blutungen oder Hautreizungen. „Im zweiten Stadium treten sie beim Stuhlgang aus dem After heraus, ziehen sich danach aber wieder von selbst zurück“, sagt Bernhard Lenhard von der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft (DDG).
Im dritten Stadium können die Hämorrhoiden auch bei schwerer körperlicher Arbeit und längerem Laufen aus dem After herausrutschen. „Sie ziehen sich dann nicht mehr von alleine zurück, so dass Betroffene sie mit der Hand zurückschieben müssen.“ Im vierten Stadium ist selbst das nicht mehr möglich.
Bei Blut im Stuhl sollte man einen Proktologen aufsuchen
Soweit muss es aber nicht kommen. Spätestens bei Blut im Stuhl sollte man einen Proktologen aufsuchen, einen Facharzt für Enddarmerkrankungen. „Allein schon deshalb, um rechtzeitig andere ernsthafte Erkrankungen auszuschließen“, sagt Lenhard. „Darmkrebs zum Beispiel verursacht ganz ähnliche Beschwerden.“
Die Untersuchung: Viele Betroffene haben Angst vor der Untersuchung. „Dabei ist sie in aller Regel schmerzfrei, weil Hämorrhoiden von Darmschleimhaut überzogen sind, die keine Schmerznerven hat“, erklärt Lenhard. Zunächst tastet der Arzt den Enddarm vorsichtig mit einem Finger aus. „So kann man knotige Veränderungen oder Einengungen fühlen sowie Druck und Spannung des Schließmuskels überprüfen“, sagt Bernhard Strittmatter, Vorsitzender des Berufsverbandes der Coloproktologen Deutschlands (BCD). „Das weiche Gewebe der Hämorrhoiden kann man meist aber nicht tasten.“
Deshalb wird im Anschluss ein Proktoskop in den Analkanal eingeführt. Das ist ein dünnes Metallrohr mit einer Beleuchtung an der Spitze, mit dem der Arzt das Innere des Enddarms genau betrachten kann. „Bei Blutungen, die sich nicht durch den Befund im Enddarm erklären lassen, sollte vorsichtshalber auch der dahinterliegende Mastdarm und gegebenenfalls der gesamte Dickdarm untersucht werden.“
Lesen Sie auf der nächsten Seite, welche Behandlungsmöglichkeiten es bei Hämorrhoiden gibt.
Die Behandlung: Bei Hämorrhoiden im ersten Stadium kommt die sogenannte Verödung zum Einsatz. „Dabei werden in die leicht vergrößerten Gefäßpolster geringe Mengen einer alkoholischen Lösung eingespritzt“, sagt Strittmatter. „In der Folge schrumpfen die Hämorrhoiden und der Enddarm erlangt wieder den Feinverschluss.“ Oft sind drei bis vier Sitzungen im Abstand von mehreren Wochen nötig. Begleitend kann eine Behandlung mit Cremes und Analtampons hilfreich sein. „Diese lindern aber nur die Symptome. An der Größe der Hämorrhoiden ändern sie nichts.“
Hämorrhoiden können wiederkommen
Haben die Hämorrhoiden bereits das zweite Stadium erreicht, wird die sogenannte Gummibandligatur angewendet. „Der Arzt stülpt einen winzigen Gummiring über die Hämorrhoiden. Das überschüssige Gewebe bekommt dann kein Blut mehr und fällt innerhalb der nächsten zwei Wochen mit dem Stuhl ab“, erklärt Strittmatter. Dabei kann es aber zu einer Blutung kommen. „Deshalb sollte das Verfahren nicht bei Patienten eingesetzt werden, die gerinnungshemmende Medikamente wie Aspirin einnehmen.“ Auch längere Reisen, bei denen eine ärztliche Blutstillung nicht möglich ist, sollten in den ersten Wochen nach dem Eingriff unterbleiben.
Bei Hämorrhoiden dritten und vierten Grades ist die Wiederherstellung des ursprünglichen Gefäßpolsters oft nur noch mit einer Operation möglich. „Wenn man danach aber immer noch lange auf der Toilette verweilt und nachpresst, können die Hämorrhoiden wiederkommen“, warnt Strittmatter. (dpa/tmn)