Red Bull und Co.Deshalb sind Energydrinks so profitabel – und gefährlich
Berlin – Mit dem Mountainbike halsbrecherisch einen Hang runterheizen. Mit dem Skateboard spektakuläre Sprünge vollführen. Für viele Jugendliche ist es Größte. Gefährlich und abenteuerlich soll es sein. Zu diesem Lebensgefühl gibt es passende Energydrinks, die immer größere Marktanteile erobern. Nach Ansicht von Wissenschaftlern können die süßen Zaubertränke für die jungen Leute aber ziemlich gefährlich werden. Der Ruf nach Verkaufsbeschränkungen wird immer lauter.
In jedem gut sortierten Getränkemarkt kann der Kunde zwischen gut einem Dutzend Produkten wählen, die vor allem eins auszeichnet: einen hohen Koffeingehalt. Sowohl die Marktanteile als auch die verkauften Mengen der Energydrinks steigen stetig– 2014 waren es 290 Millionen Liter. Nach den Zahlen der Gesellschaft für Konsumforschung sind die Umsätze im vorigen Jahr weiter geklettert, und zwar um 4,3 Prozent. Energydrinks zählen damit zu der Gruppe der Getränke mit den höchsten Steigerungsraten – und dieser Trend hält schon einige Jahre an.
Der österreichische Red-Bull-Konzern hatte den Markt einst erschlossen und dominiert ihn noch immer. Große Getränkekonzerns wie Coca-Cola und Pepsico haben nachgezogen, produzieren selbst oder vertreiben Produkte namens Relentless, Monster oder Rockstar. Die wachsende Popularität der Energydrinks habe aber auch dazu geführt, dass „eine Reihe kleiner, neuer Hersteller in den Markt eingetreten sind“, teilt die Wirtschaftsvereinigung Alkoholfreie Getränke (WAFG) mit.
Der Grund für das Wachstum: Die Wachmacher in Dosen sind für die Hersteller höchst interessant, da sie den Gewinnen Flügel verleihen. Die Renditen (Gewinn im Verhältnis zum Umsatz) liegen nach Schätzungen von Experten im Vergleich zu anderen Getränkekategorien extrem hoch: bei 15 bis 20 Prozent. Möglich ist das, weil die Zutaten – Wasser, Zucker, Aromastoffe, Koffein – billig sind und die Dosen teuer verkauft werden. Der Preis für 250 Milliliter Red Bull ist mehr als doppelt so hoch wie für genauso viel Cola.
Wie das am Markt durchsetzbar ist? Mit einer riesigen Werbe- und Vermarktungsmaschinerie. Red Bull gibt ein Drittel ihres Umsatzes für Marketing aus. Das Unternehmen wirbt mit Mountainbikern und Snowboardern, Rennfahrern und Skateboardern – alles, was schnell, dynamisch und gefährlich ist. Das gilt in Varianten auch für die Wettbewerber.
Nobles Image lenkt von Gesundheitsrisiken ab
Die Hersteller haben damit die süßen Koffeinmischungen als Zaubertrank positioniert, der vor allem männliche Jugendliche anspricht, die offenbar glauben, durch Energydrinks männlicher zu werden – dies legt zumindest eine kürzlich veröffentlichte Studie der University of Akron und der Texas Tech University nahe.
Verwerflich oder gar verboten ist all dies nicht. Die WAFG macht denn auch darauf aufmerksam, dass es sich um „sichere Lebensmittel“ handele, die allen rechtlichen Vorgaben der EU entsprechen, und dass der Koffeingehalt von 250 Milliliter etwa einer Tasse Filterkaffee entspreche. Gleichwohl ist auf jeder Red-Bull-Dose zu lesen: „Für Kinder und schwangere oder stillende Frauen nicht empfohlen.“
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Mehrere Studien haben die gesundheitsschädlichen Wirkungen nachgewiesen, wie kürzlich erst die renommierte Mayo-Klinik in den USA: Eine große Dose (480 Milliliter) schnell getrunken steigert den Blutfluss erheblich und lässt den Adrenalinspiegel kurzfristig kräftig steigen. Das erhöhe das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Die Verbraucherorganisation Foodwatch spricht davon, dass Energydrinks mit Herzrhythmusstörungen, Krampfanfällen und Nierenversagen in Verbindung gebracht werden – insbesondere wenn sie von jungen Menschen in großen Mengen konsumiert werden, wobei just bei körperlicher Anstrengung, sprich Sport, die Risiken noch einmal deutlich steigen sollen.
Die Gesellschaft der Europäischen Kinderkardiologen berichtete schon im vorigen Jahr von einer steigenden Zahl von Patienten, die nach dem übermäßigen Konsum von Energydrinks ins Krankenhaus eingeliefert werden. Einer Studie der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) zufolge gehören zwei Drittel aller Jugendlichen zwischen elf und 17 Jahren zu den gewohnheitsmäßigen Energydrink-Trinkern. Ein Viertel davon leert in der Regel in einer Session den Inhalt von drei oder mehr Dosen.
Bundesregierung mit Werbekampagne
Damit wird die von der EFSA empfohlene maximale Einzeldosis von 200 Milligramm Koffein überschritten. Auch die Weltgesundheitsorganisation (WHO) warnt vor Gesundheitsgefahren und dem „aggressiven Marketing“, das sich insbesondere an männliche Jugendliche richte. Behörden müssten mit Beschränkungen eine verantwortungsvolle Vermarktung der Energydrinks durchsetzen und dafür sorgen, dass über die Risiken aufgeklärt werde.
Lettland hat nach Litauen als zweites EU-Land nun Konsequenzen gezogen und den Verkauf von Energydrinks an Minderjährige untersagt. Doch die Bundesregierung will davon nichts wissen. Stattdessen soll im Herbst eine mit rund 100.000 Euro Steuergeld finanzierte Aufklärungskampagne starten.
Dem Verbraucherzentrale Bundesverband, den Kinderkardiologen und unter anderem Foodwatch ist das nicht genug. „Bundesernährungsminister Christian Schmidt ist auf dem Holzweg, wenn er allein auf Aufklärung setzt“, sagt etwa Oliver Huizinga von Foodwatch. An einer verbindlichen Altersgrenze komme er nicht vorbei, wenn er Kinder und Jugendliche vor den Risiken der Energydrinks schützen wolle.