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Schlau im SchlafDarum lernt das Hirn am besten nachts

Lesezeit 3 Minuten

Genügend Schlaf ist nicht nur für die Gesundheit, sondern auch für Lernprozesse immens wichtig.

Berlin – Vor einer schwierigen Klausur noch bis in die Puppen lernen? Das dürfte genau die falsche Strategie sein. Denn ausreichender und guter Schlaf ist wichtig, um Gelerntes zu festigen, soviel steht fest.

Wie das jedoch im Detail passiert, ob der Traum- oder Tiefschlaf dafür den Ausschlag gibt, ist auch für Experten noch ein Rätsel. Denn das Gehirn bei Nacht ist wesentlich weniger durchleuchtet als das bei Tag. „Aber es arbeitet nachts mindestens ebenso kompliziert, wahrscheinlich sogar noch komplizierter“, sagt Dieter Kunz, Chefarzt der Klinik für Schlafmedizin am St. Hedwig-Krankenhaus in Berlin.

Automatische Abläufe lernen wir im Traumschlaf

Etwa im 90-Minuten-Rhythmus wechseln beim Menschen Tief- und Traumschlaf ab - wobei zu Beginn der Nacht die Tiefschlafphasen und gen Morgen die Traumschlafphasen länger sind. Kunz und sein Team veröffentlichen in Kürze eine Studie im Fachjournal „Sleep“, die zumindest für das prozedurale Lernen, also das Erlernen automatisierter Vorgänge wie Radfahren oder Laufen, die Bedeutung des Traum- oder REM-Schlafes hervorhebt.

REM steht für Rapid-Eye-Movement und beschreibt die rasche Augenbewegung unter geschlossenem Lid im Traum. „Die Probanden erhielten ein Antidepressivum, das den REM-Schlaf unterdrückt“, erläutert Kunz. Nach dem Schlaf mussten sie in visuellen Tests bei bestimmten optischen Signalen blitzschnell einen Knopf drücken. Dabei schnitten die Probanden aus der Placebo-Gruppe, also mit REM-Schlaf, deutlich besser ab.

Für das explizite Lernen, also etwa fürs Vokabeln oder Geschichtsdaten Pauken, ist es vermutlich gerade die Kombination der verschiedenen Schlafkomponenten, die die Fakten dauerhaft abspeichert. Doch Lernen heißt noch viel mehr: „Das Gedächtnis, das im Schlaf gebildet wird, ist kein passiver Prozess, wo sozusagen einfach Klebstoff über die Inhalte kommt, um sie zu fixieren. Es ist ein aktiver Vorgang, ein Abstraktionsprozess weg von der einzelnen erlebten Episode hin zum semantischen Gedächtnis“, sagt der Leibniz-Preisträger und Schlafforscher Prof. Jan Born von der Universität Tübingen.

Für seine neuesten Studien nahmen er und sein Team speziell den Tiefschlaf ins Visier. Sie ließen ihre Probanden im Erwachsenen- und Kindesalter zunächst ebenfalls ein „Button-Down-Spiel“ machen, bei dem bei - scheinbar willkürlichen - Lichtsignalen schnell ein Knopf gedrückt werden musste. Tatsächlich waren die Lichtsignale in einem komplexen Muster geschaltet, was jedoch keinem Teilnehmer bewusst auffiel.

Nach dem Schlafen kam dann der zweite Testdurchlauf - und alle schnitten deutlich besser ab. Vor allem aber bei den Kindern, die von Natur aus mehr Tiefschlafphasen haben, fiel die Steigerung auf. „Wahrscheinlich findet im Schlaf eine Reprozessierung der Stimulation statt. Vor allem die Kinder hatten die verborgenen Muster extrahiert. 13 der 15 Kinder konnten die gesamte Sequenz auswendig“, berichtet Born. „Und es ist die Tiefschlafphase, in der das passiert.“

In einem weiteren Versuch machte sich Born deshalb daran, die Tiefschlafphasen zu verbessern. Mit leisen Tonimpulsen, die synchron zum langsamen Deltawellen-Rhythmus des Tiefschläfer-Gehirns geschaltet wurden, gelang es, die Frequenzen weiter zu verlangsamen, die Ausschläge zu erhöhen. „Der Tiefschlaf wird tiefer, die Gedächtnisleistung wird größer“, schließt Born.

Ältere Menschen schlafen weniger tief

Bei älteren Menschen nehmen die Tiefschlafphasen sukzessive ab. Könnte ihnen ein besserer Tiefschlaf auch wieder zu mehr Gedächtnisleistung verhelfen? „Man kann den Tiefschlaf bei Älteren verbessern, aber die Effekte sind nur moderat“, sagt Born. „Das alte Gehirn produziert einfach nicht mehr so viele langsame Wellen.“

Mindestens sieben Stunden Schlaf in dunkler Umgebung und ausgerichtet an der inneren Uhr bleibt deshalb der vorrangige Rat an alle, die über Nacht etwas lernen wollen. (dpa)

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