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Schweiß, Migräne, DepressionWogegen Botox noch helfen soll

Lesezeit 4 Minuten

Der Faltenkiller Botox wird heute vielfältig eingesetzt.

Eigentlich liegt das Einsatzgebiet von Botulinumtoxin Typ A, kurz genannt Botox, überwiegend in der Schönheitschirurgie. Das Nervengift wird insbesondere im Nahkampf gegen Gesichtsfalten verwendet. Die Injektion des Stoffs sorgt dafür, dass sich die Gesichtsmuskeln, die durch ständige Aktivität im Laufe des Lebens Falten in die darüber liegende Haut graben, entspannen.

Falten werden geglättet

So können durch die Behandlung mit Botox nach Angaben der Deutschen Gesellschaft für ästhetische Botulinumtoxin-Therapie (DGBT) Falten geglättet werden oder sogar vollständig verschwinden – allerdings hält die Wirkung nur vier bis sechs Monate an. Eine Behandlung kostet - je nach Einsatzort – zwischen etwa 100 und 600 Euro. In der Regel wird die Botoxspritze bei Falten im oberen Gesichtsdrittel injiziert, also um die Augen und auf der Stirn. Allerdings gibt es auch Risiken, wie test.de warnt: Bei einer fehlerhaften Injektion kann das Protein unerwünschte Muskelpartien lähmen. „Dann hängen beispielsweise die Brauen oder Augenlider herab“ - so sieht man unter Umständen erst nach der Behandlung alt aus.

Botox gegen schielende Augen

Doch der Faltenkiller kann auch anders: Denn zunächst wurde Botox 1980 nicht gegen Falten, sondern gegen schielende Augen eingesetzt – ein Ausgangspunkt für viele andere Anwendungsgebiete des Stoffes: zum Beispiel bei neurologischen Störungen, deren Ursache im Gehirn liegt, bei Spastiken oder auch nach einem Schlaganfall.

Das Einsatzspektrum des Stoffes hat sich stetig erweitert: Auch gegen extremes Schwitzen, Migräne und Depressionen soll Botox helfen. Ob das Mittel als Allzweckwaffe wirklich halten kann, was es verspricht, prüfen wir im Überblick.

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Schwache Wirkung: Botox gegen Migräne

Ja, Botox hilft gegen Migräne, aber nur gegen die chronische Form und auch nur schwach, wie das Ärzteblatt schreibt. Dass es überhaupt einen Effekt auf Kopfschmerzen hat, stellte sich durch Zufall heraus: Menschen, die sich Botox gegen Falten spritzen ließen und an chronischer Migräne litten, merkten eine Verbesserung. Allerdings scheint es bei gelegentlicher Migräne und bei chronischen Spannungskopfschmerzen nicht zu wirken.

Nur bei chronischer Migräne hilfreich

Bei chronischer Migräne soll es die durch Schmerz beeinträchtigten Tage im Monat um zwei bis drei verringern, heißt es auf test.de. In Deutschland ist Botulinumtoxin seit 2011 für Erwachsene mit chronischer Migräne zugelassen – aber nur wenn vorbeugende Medikamente nicht wirken. Hierfür wird das Präparat alle zwölf Wochen in das Muskelgewebe von mehr als 30 Stellen im Kopf- und Nackenbereich gespritzt.

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Wirksam in der Testphase: Botox bei Depressionen

Botox scheint Depressionen lindern zu können: Eine Gruppe von Forschern der Universität Basel, der Uniklinik Essen und der Medizinischen Hochschule Hannover konnte positive Effekte von Botox auf Depressive ausmachen. Hierfür injizierten die Wissenschaftler 15 Patienten Botolinumtoxin in die Stirn und 15 weiteren ein Placebo.

Positive Wirkung bei Depressionen

In den darauffolgenden 16 Wochen verbesserten sich die Symptome der Depression in der Gruppe der Botox-Patienten deutlich gegenüber denjenigen, die ein Placebo erhielten. Wie Botox die Depressionen lindert, ist noch unklar, wie die Forscher in ihrer Studie schreiben, die 2012 im Journal of Psychiatric Research erschienen ist.

Die Wissenschaftler vermuten unter anderem, dass sich der durch Botox entspannte Gesichtsausdruck positiv auf die Stimmung der Patienten auswirkt. Außerdem könnte der positive Gesichtsausdruck des eigenen Spiegelbilds und das positive Feedback von Gesprächspartnern diesen Effekt noch verstärken. Allerdings wird Botox noch nicht breit gegen Depressionen eingesetzt.

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Stopp den Schweiß: Botox effektiv im Kampf gegen das Schwitzen

Gegen eine krankhafte Schweißbildung - die primäre Hyperhidrose - wird das Nervengift auch in Deutschland bereits seit einigen Jahren erfolgreich eingesetzt. Sie ist nach Angaben des Ärzteblatts die häufigste Form abnormen Schwitzens: „Die Patienten klagen über anfallsartige Schweißausbrüche schon bei minimalen psychischen Belastungssituationen oder gar ‚aus heiterem Himmel‘.“

Nervengift unter die Achseln spritzen

Betroffene schämen sich häufig und scheuen die Reaktionen ihrer Mitmenschen. Botox soll hier Abhilfe schaffen: Es wird in die kritischen Stellen – beispielsweise unter die Achseln – gespritzt. Dadurch werden die Nervenfasern blockiert, die sonst die Schweißdrüsen anregen. Die Wirkung dauert etwa sechs bis neun Monate an, danach wird in der Regel eine Wiederholungsbehandlung erforderlich. Ein weiterer Nachteil ist, dass Patienten die Kosten für die Leistung in der Regel selbst tragen müssen.

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Abnehmen mit Botox: Eine Alternative?

Botox wird nachgesagt, auch beim Abnehmen helfen zu können. US-Forscher der Mayo Clinic in Rochester, Minnesota, wollten es genauer wissen: Eine Gruppe von 60 Probanden nahm an dem Versuch teil, der 2013 in der Fachzeitschrift „Clinical Gastroenterology and Hepatology“ erschien.

Entleerung des Magens verlangsamt

Per Endoskop und Spritze verabreichten die Wissenschaftler einigen Probanden Botox in die Magen-Muskulatur. Hierdurch sollte die Entleerung des Magens verlangsamt werden – und damit das Sättigungsgefühl gesteigert und das Gewicht reduziert werden. Andere Teilnehmer erhielten stattdessen ein Placebo.

Die Ergebnisse der Forscher: Zwar kann die Botox-Injektion zu einer verzögerten Magenleerung führen, jedoch nicht zu einem früheren Sättigungsgefühl - und damit auch nicht zu einem Gewichtsverlust. (rer)