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Und noch einmal auf „snooze“Ist die Schlummertaste wirklich so ungesund für unseren Schlaf?

Lesezeit 3 Minuten
Eine junge Frau greift während des Aufwachens nach ihrem Handy.

Die „snooze“-Taste lässt sich stundenlang drücken.

Sich noch ein paar Minuten Schlaf erkaufen: Möglich macht's die „snooze“-Taste. Dr. Magnus Heier erklärt, was das mit unserem Körper macht.

Es gibt wenig, was Partner mehr hassen als die Snooze- oder Schlummertaste auf dem Wecker. Andere lieben sie. Es ist ein großartiges Glücksgefühl, frühmorgens vom Wecker geweckt zu werden. Und dann mit der Schlummertaste ein paar weitere Minuten zu erkaufen. Und noch einmal. Und immer wieder. Es gibt Menschen, die spielen dieses Schlummerspiel mehrere Stunden lang – und nerven ihren Bettnachbarn. Aber abgesehen von der Partnerschaft: Ist das ungesund? Oder womöglich sogar gut für Hirn und Geist?

Magnus Heier

Magnus Heier

ist Autor und Neurologe und schreibt die wöchentliche Medizinkolumne „Aus der Praxis“. ...

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Die ewig wiederkehrenden Mahnungen sind ermüdend: Durch das wiederholte Aufwachen und Einschlafen würde der Schlaf-Wach-Rhythmus gestört. Oder auch der Hormonhaushalt. Die Warnungen sind alt, die Beweislage dünn. Jetzt haben sich Forscher aus Schweden und den USA der Frage angenommen. Mit 1700 Probanden. 71 Prozent von ihnen benutzen zumindest gelegentlich an Werktagen die Snooze-Taste. Einige tun es stundenlang, die meisten nur kurz.

Und genau dann scheint das Wiedereinschlafen keinerlei negative Wirkung zu haben. Im Gegenteil: Die Forscherinnen und Forscher haben mit den Probanden kognitive Tests gemacht, um die Denkfähigkeit zu prüfen. Die Probanden, die mehrmals wieder eingeschlafen waren, hatten die besseren Testergebnisse. Zumindest in den ersten 40 Minuten. Danach gab es keine messbaren Unterschiede mehr. Die Bluttests zeigten gar keine Unterschiede: Cortisol, das Hormon, das morgens ansteigt, war bei beiden Gruppen gleich.

Es ist überaus fahrlässig, die Schlafforschung komplett zu ignorieren und die Schulen so früh starten zu lassen!
Dr. Magnus Heier

Es gibt zwei Gruppen, die die Schlummertaste lieben: junge Menschen und Nachteulen. Bei jungen Menschen verändert sich der Schlaf-Wach-Rhythmus in der Pubertät entscheidend: Sie werden plötzlich eine bis drei Stunden später müde. Und morgens entsprechend später wach. Ein Schulbeginn um acht Uhr oder sogar noch früher ist für Kinder und Pubertierende völlig widernatürlich. Sie starten übermüdet in den Tag, sind in der Schule schläfrig – und lernen schlecht. Es ist überaus fahrlässig, die Schlafforschung komplett zu ignorieren und die Schulen so früh starten zu lassen!

Das erste Patent für die Schlummertaste wurde 1913 angemeldet

Die zweite Gruppe der Schlummertasten-Liebhaber sind die Nachteulen. Ob Lerche, also Frühaufsteher, oder Nachteule ist übrigens keine bewusste Entscheidung. Es liegt auf den Genen. Und es wächst sich im Alter auch nicht aus. Für Nachteulen ist ein Arbeitsbeginn um sieben oder acht Uhr genauso eine Zumutung wie für pubertierende Schüler: Es ist einfach zu früh. Für sie ist die Schlummertaste eine Chance für entspannteres Aufstehen. Eine andere Art, nicht plötzlich aus dem Schlaf gerissen zu werden, ist übrigens ein Lichtwecker, der das Schlafzimmer langsam erhellt.

Die Schlummertaste wurde übrigens schon vor über einem Jahrhundert erfunden: Im Jahr 1913 meldete Robert Türck die Erfindung beim Züricher Patentamt an: einen Mechanismus, welcher „nach einer erstmaligen Ausstellung des Läutwerks eine Wiederholungsauslösung mit dem Gehwerk in eine Verbindung bringt“. Die Idee hat sich von seinem mechanischen Wecker bis in die modernen Handys erhalten. Für den Autor ein Stück Lebensqualität – jeden Morgen neu.